Auf jedem Schiff,
das dampft und segelt,
gibst Einen der
die Trauung regelt!


- Satire -


Irgendein frustrierter Heiratsmuffel hat mal gesagt:

"Der zweifelhafte Vorteil einer Ehe ist,
dass man dort gemeinsam über die Lösung
von Problemen diskutieren kann,
welche man alleine nicht hat
."


....Ich bin mir aus geistlicher Position heraus nicht sicher, dass sich diese These halten lässt.

Ich erinnere mich noch gut an zwei Schiffstrauungen, an welchen ich vor langer Zeit einmal, mehr als reiner Beobachter, in meiner damaligen Eigenschaft als Vikar teilnahm.

Da war einmal eine Karibik-Kreuzfahrt-Hochzeit, bei der der standesamtliche Teil zunächst von einem waschechten Kapitän durchgeführt wurde, welcher sein Schiff unter maltesischer Flagge führte. Der zusätzlich auch anwesende Schiffpastor nahm hier damals nur eine mehr obligatorische Nebenrolle ein.

Das andere Mal handelte es sich um eine Binnen-Kanal-Hochzeit in etwas bodenständigerem Ambiente, wo ich den damals zuständigen Pfarrer bei der Durchführung der kirchlichen Rituale an Bord unterstützen sollte.

Bei der Karibik-Kreuzfahrt-Hochzeit ergab sich für mich damals die philosophische Frage, warum manche Heiratswillige ihre Trauungszeremonie Tausende Seemeilen vom Heimatort entfernt, auf einer entlegenen Karibik Insel durchführen lassen und nicht zu Hause im Kreis der Lieben.

Vor irgendetwas wollten die doch dadurch weglaufen. Oder nicht?

Natürlich gehen solche Brautpaare nicht einfach auf eine solche Reise, ohne vorher pro forma noch alle möglichen Verwandten und Bekannten zum Mitreisen, natürlich auf deren eigene Kosten, eingeladen zu haben. Dies vielleicht in der gleichzeitig hinterlistigen Gewissheit, ein Großteil der nervig lästigen Bagage damit gleich vom Hals zu haben. Den die wenigsten Angehörigen, oder die, die man meint, aus Gründen der Etikette unbedingt einladen zu müssen, können oder wollen sich diese enormen Anfahrt- und Unterbringungskosten leisten. Vielleicht kalkuliert man auch geschickt die Angst der Bekannten, Freunde und Verwandten vor der Seekrankheit ein, die dazu führt, dass ein Teil der Pseudoeinladung dadurch garantiert ins frühzeitige Planungsstorno geht.

Das Angst vor Seekrankheiten, hohem Wellengang und einem TITANIC-Schicksal nicht ganz ungerechtfertigt ist, wusste schon Jona 1,4 als er schrieb:

Da ließ der Herr einen großen Wind aufs Meer kommen und es erhob sich ein großes Ungewitter auf dem Meer, dass man meinte, das Schiff würde zerbrechen.

Spätestens seit der Glanzparade von Kapitän Schettino sollte jedem klar sein, dass so eine Kreuzfahrt mit Gefahren behaftet ist und das, wenn es mal hart auf hart kommt, nicht immer Verlass auf die Schiffsführung ist, was in der Apostelgeschichte 27,30 wie folgt dokumentiert wurde:

Da die Schiffsleute die Flucht suchten aus dem Schiffe und den Kahn niederließen in das Meer und vorgaben, sie wollten nur die Anker vorn aus dem Schiffe lassen.

Auch das spätere gesellige Beisammensein nach der Seehochzeit, im separierten, wunderbar festlich geschmückten Bereich eines der Bordrestaurants, ist damit geschickt so geregelt, dass unangemessen gekleidete Leichtlohngruppen, potenzielle Beer Pong Spieler und Brautentführer erst gar nicht dort auftauchen bzw. dort ihr Unwesen treiben können.

Ganz unverständlich sind solche Scheineinladungen bzw. Vorsichtsmaßnahmen nicht, wenn ich da an Polterabende auf dem Vorhof unserer Gemeindekirche zurückblicke, bei denen irgendwelche betrunkenen Vollpfosten zwei Pappeln mit Klopapierrollen eingewickelt hatten. Ein anderes Mal hatten urwitzige Zeitgenossen drei Monate lang den Abfall Ihrer Biotonne gesammelt und alles dann am Polterabend vor den Eingang des Kolpinghauses gekippt.

Ich weiß wirklich nicht, was daran witzig sein sollte!

In diesem Falle waren damals die Täter nicht mehr zu ermitteln, sodass ich mich gezwungen sah, drei gerade zur rechten Zeit vorbeikommende Pfadfinder, unter Androhung der Exkommunikation bei Weigerung, zu entsprechenden Säuberungsarbeiten zu verpflichten.

Der heidnischen Tradition nach werden damit vielleicht böse Geister vertrieben, hungrige Ratten, Waschbären, Mäuse, Insekten, Pfandflaschensucher und allerlei Gewürm aber angelockt.

Ganz raffinierte Kreuzfahrt-Brautpaare organisieren die Trauungszeremonie heute so, dass diese per WEBCAM an die Verwandtschaft und Freunde zu Hause per Internet Live übertragen wird, was aufgrund der Zeitverschiebung ein gewisses Maß an Logistik bzw., je nach bösartiger Gesinnung, auch an Abgezucktheit erfordert.

Warum möchte man als Braut und Bräutigam in Einzelfällen sogar nicht einmal Mutter und Vater bei einer solchen Hochzeit dabei haben? Lässt man sich hier u. a. von 2. Korinther 12,14 beeinflussen, wo steht?:

Es sollen nicht die Kinder den Eltern Schätze sammeln, sondern die Eltern den Kindern.

Vielleicht gab es ja Zwist in der Familie, da die Braut oder der Bräutigam den Eltern nicht gefiel? In solch einer Situation seien die Eltern auf Sprüche 19,14 hingewiesen, welche klar regeln:

Haus und Güter vererben die Eltern, aber ein vernünftiges Weib kommt von unserem Herrn.

Hatte man sich total mit denen verkracht, oder war es reine Sparsamkeit um die Kosten so gering wie möglich zu halten, egal wen man mit solchen Aktionen brüskiert?

Okay, ich gebe zu, dass ich Angehörige kennengelernt habe, bei denen die o. g. Entscheidung nachvollziehbar ist. Einige von denen habe ich später auch beerdigt. In der Regel stand ich als Pastor bei denen dann allein am Grab, was ja wohl schon genug aussagt bzw. nicht weiter kommentiert werden muss. Hingewiesen sei hier aber auf die wahren Worte unter Hiob 27,15, wo in etwa geschrieben steht:

Die ihm übrig blieben, wird die Seuche ins Grab bringen und seine Witwe wird nicht weinen.

Aber, es gibt keine perfekte Familie, auch keine perfekte Ehefrau bzw. Ehemann. Eine perfekte Schwiegermutter bzw. einen perfekten Schwiegervater schon mal gar nicht.
So etwas gibt es nur im TV auf den TRAUMSCHIFF-Reisen.

Ganz anders als diese filmreife und exorbitant teure Karibik-Hochzeit verlief eine Hochzeit ein Jahr später, welche nicht von einem schmucken Kreuzfahrtkapitän in vollem Wichs vorgenommen wurde, sondern von einem bodenständigen Schipper auf einem Binnenkanal, nahe einer NO-GO-City, an Bord eines Kanalschiffs, mit einem Pastor, Vikar und Standesbeamten im Schlepptau.

Mir gefiel diese damals irgendwie mehr, da diese heimatnah und bodenständig war.

Bevor ich jedoch zur Hochzeit auf dem Binnenkanal komme, möchte ich hier einmal zunächst Zeugnis darüber abgeben, dass auch solche Traumhochzeiten in der Karibik nicht immer die Richtschnur allgemeiner zukünftiger Handlungsweisen sein sollten. Auch dort läuft nicht immer alles rund.

Die karibische Zeremonie lief damals wie folgt ab:

Als erstes hatten schon früh morgens zahlreiche bienenfleißige philippinische Matrosen (wer sonst?) Stehtische am Strand einer bezaubernden Karibikinsel aufgebaut, welche mit weißen Tüchern bespannt waren, vor der, dass Kreuzfahrtschiff in Sichtweite ankerte. Auf den Tischen hatte man ein paar Champagnerflaschen in goldfarbenen Eiskühlgefäßen zum späteren Anstoßen aufgestellt.

Der irgendwie lustlos wirkende Kapitän und der etwas stutzerhafte Kreuzfahrtdirektor hatten damals im vollen festlichen Ornat am Ufer des Meeres pünktlich Position eingenommen.

Ich hielt mich etwas im Hintergrund auf, da ich gemäß dem Zeremonien Ablaufplan erst zum Schluss dem diensthabenden Bordpfarrer zur Hand gehen sollte.

Vor dem Kapitän, welcher ständig auf seine Uhr blickte, einen leicht frustrierten Eindruck auf mich machte und dem Kreuzfahrtdirektor, stand brav das Brautpaar.

SIE, erfolgreiche Vermögensberaterin bei Galgenbaum und Partner und ER, leitender Chefingenieur im Luft- und Raumfahrtbereich.

Beide lauschten erwartungsvoll den Worten des irdischen Schiffsführers.

Der Kapitän ließ sich nicht zweimal bitten und legte mit einer überraschend elegienhaften Rede los:

"Liebes Brautpaar,

zunächst möchte ich mich, auch im Namen der Crew, dafür bedanken, dass Sie beide heute hier so zahlreich erschienen sind.

Ja, Sie wundern sich jetzt wahrscheinlich über meine Wortwahl, aber sie glauben ja gar nicht, was wir hier schon alles erlebt haben.

Einmal ist in der Vergangenheit zur Trauung nur die Braut erschienen, ein anderes Mal war nur der Bräutigam da und ließ uns von der Braut ausrichten: Wir sollen schon einmal ohne Sie anfangen, Sie käme später hinzu.

Vor einem halben Jahr, auf einer karibischen Vogelinsel, ist bei einer Zeremonie keiner von beiden erschienen und ich hatte soooo eine Krawatte!!

Zum Glück watschelten an diesem Tag gerade zwei Flamingos von Steuerbord nach Backbord an mir vorbei und ich sage Ihnen, die waren noch nichts ganz auf der linken Seite angekommen, da hatte ich diese ersatzweise schon zu Mann und Frau erklärt.

Gut, ich gebe zu, dass der Flamingo Bräutigam noch heftig flatternd seinem Schicksal zu entkommen versuchte. Zum Glück war aber wenigstens unser Chefkoch anwesend, der den Vogel mit fester Hand fixierte und diesen vor die Alternative stellte, ......kraft meines Segens entweder in den Hafen der Ehe einzugehen oder in den Speiseplan des Bordrestaurants.
Ja, liebe Brautleute, da fiel dem Flamingomann die Entscheidung leicht!

Liebe Braut, lieber Bräutigam,

ich kann Euch versichern, als ich den widerspenstigen Vogel später fragte, ob er die neben ihm stehende Flamingodame nun zur Ehefrau nähme, habe ich von ihm ein geradezu flehendes JA ICH WILL! vernommen. Dabei schaute er sich immer wieder ängstlich zu unserem Koch um, der ihn immer noch mit einem Arm am Hals festhielt und aufmunternd dabei zuzwinkerte.

Aber ich will hier nicht weiter über die Tierwelt reden, sondern über den Bund der Ehe.

Was ist die Ehe? .....Lebensgemeinschaft? .......Zweckgemeinschaft? .....Gefahrengemeinschaft, oder vielleicht haben die Finanzbeamten ja recht, wenn diese von Zugewinngemeinschaft reden?
Der Eine sagt dies, der Andere sagt Jenes!

Fragt man aber einen Seemann, dann wird dieser mit fester Stimme sagen:

"DIE EHE IST WIE EIN SEGELBOOT! ......SOLANGE MAN IM HAFENBEREICH HERUMFÄHRT, IST DIE SEE RUHIG. ....MAN MACHT GUTE FAHRT. ...FÄHRT MAN DANN AUS DEM GESCHÜTZTEN HAFENBEREICH HERAUS, DANN KOMMEN DIE ERSTEN HÖHEREN WELLEN. DAS BOOT BEGINNT ZU WACKELN. ...UND WENN MAN NOCH WEITER AUFS MEER HINAUS FÄHRT, DANN KOMMT AUCH MAL EIN STURM AUF. ........DER WIND BLÄST MIT KRAFT IN DIE SEGEL, DIE VIELLEICHT SOGAR ZU ZERREISSEN DROHEN. ..... DAS BOOT BEGINNT ZU ROLLEN. .......ES WIRD UNGEMÜTLICH UND DEN EHELEUTEN DREHT SICH VIELLEICHT SOGAR DER MAGEN UM. ....UND NUR WENN MANN UND FRAU SICH DANN DAZU AUFRAFFEN, .......GEMEINSAM....... IN DIE TAKELAGE DES MASTES ZU STEIGEN UND DAS SEGEL HERUNTERZUHOLEN, DANN STABILISIERT SICH DIE LAGE DES SCHIFFES WIEDER .........UND IRGENDWANN IST DANN DER STURM VORBEI UND BEIDE KÖNNEN WIEDER VOLLER HARMONIE IN RICHTUNG ROMANTISCHER SONNENUNTERGANG AM HORIZONT WEITERSCHIPPERN".

Nach diesen Worten bemerkte ich damals, dass der Kapitän irgendwie entrückt, wie hypnotisiert, in die Ferne starrte, da diesen wohl seine eigenen Worte berauscht in eine Art Traumzustand versetzt hatten.
Der neben diesem stehende Kreuzfahrtdirektor merkte dieses, verdrehte kurz die Augen, als wäre dies schon öfter geschehen und gab dem Kapitän einen leichten Stoß, auf dass dieser wieder erwache.

Unsanft so aufgeweckt fuhr der Kapitän damals fort:
"Ach so, fast hätte ich es vergessen. Ich erkläre Euch hiermit natürlich zu Mann und Frau. Deswegen sind wir ja hier. Natürlich dürfen Sie die Braut jetzt küssen. ......Von mir aus solange Sie wollen".

Tja, damit war die karibische Traumtrauung damals bereits gelaufen.
Der Kapitän stieß mit den Vermählten noch kurz auf ein Glas Champagner an, blickte auf seine Uhr und machte dann beiden freundlich klar, dass er zurück aufs Schiff musste.

An dieser Stelle komme ich auf die bodenständige Schiffstrauung auf dem Binnenschiffkanal zurück. Dort, so werde ich nachfolgend berichten, lief die Trauung etwas anders ab.

Der Kapitän des leicht angerosteten multifunktionalen Touristenschiffs KANALSCHWALBE, ein geschätzt Mittfünfziger, hatte dort, in heimischen Binnengewässern, keine Galauniform an, sondern nur eine weiße Mütze mit blauem mittigen Ankeremblem. Dazu trug er ein weißes Oberhemd mit pechschwarzer Krawatte, mit ein paar kleinen Blutspritzern am Kragen, da er sich früh morgens beim hektischen Rasieren, wohl leicht verletzt hatte. Sein exorbitanter Bierbauch wurde durch einen lederartigen überbreiten Schnallengürtel eingequetscht, welcher sich in Teilbereichen schon im Zustand der Materialauflösung befand. Seine ebenfalls rabenschwarze Hose, mit zwei kleinen Luftlöchern im Kniebereich (vermutlich das Produkt einer Mottenaggression in seinem Kleiderschrank), mündete unten in zwei Lackschühchen links und rechts, welche er wohl noch aus der Zeit seiner Kommunion herübergerettet hatte, um diese langfristig bei Festlichkeiten immer wieder für den Rest seines Lebens verwenden zu können.

Alles in allem ein Outfit, was dieser sicherlich auch bei einer Beerdigung gut hätte tragen können.

Wenn der Kapitän seinen Mund öffnete, konnte man seine nikotingelben Zähne bewundern, welche so verschoben nebeneinander platziert waren, dass auch ein Laie erkennen konnte, dass diese noch nie eine Zahnspange, geschweige eine Zahnreinigung, gesehen hatten.

Mir persönlich machte das damals nicht viel aus, da ein solches Outfit in dieser Gegend damals schon durchaus als festlich bezeichnet werden konnte. So ganz ideal war es meiner Meinung nach bei einer Hochzeit nicht, aber es kommt doch im Endeffekt nur auf die inneren Werte an! Oder nicht? Worauf ich zugeben muss, dass vor jedem "aber" und manchmal auch danach, meistens eine Lüge oder Fehleinschätzung steht.

Ich glaube, es wird niemanden verwundern, dass dessen Rede etwas anders ausfiel. Wobei ich vor wegschicken muss, dass diese mich in Teilbereichen mehr ansprach, als die Rede des Kreuzfahrtkapitäns, da diese nicht ins Philosophische entglitt, sondern dem realen Leben entsprungen war.

Im Trauungsraum des Binnenkutters, .........nebenbei angemerkt, es gab insgesamt nur 2 Räume und 2 Toiletten im bedenklichen Zustand, .......hatte man diverse Schalen mit bunt belegten halben Brötchen aufgestellt. Auch an ein paar Blumenvasen und Kerzen hatte man gedacht. Dies alles war einigermaßen hübsch auf die tischdeckenlosen Kunststofftische aufgestellt worden, wobei mir auffiel, dass der angebotene Käseaufschnitt sich an den Ecken schon leicht nach oben kräuselte. Dazu gab es Knackwurst mit Senf, Frikadellen vom Bäcker und als Dessert grünen Wackelpudding mit Büchsenmilch, für den man schon, aufgrund zäher Konsistenz, sehr spitze Löffel benötigte.

Vor dem Kapitän, welcher einen sehr engagierten lebensfrohen Eindruck auf mich machte und dem zuständigen Pfarrer stand das augenscheinlich ungeduldige Brautpaar.

SIE, hochschwanger, arbeitslos und in Markenturnschuhen. ER, Türsteher und Motorradkuttenträger.

Kurzum, diese beiden gehörten eher zu den wohlhabenden Vertretern des nahe gelegenen Stadtteils.

Flankiert wurden beide durch ein Spalier von weiteren großflächig tätowierten Freunden des Zweirades, welche sich ordentlich im Raum aufgestellt hatten. Nur nebenbei fiel mir damals auf, dass einer dieser Biker ein Lederholster an seinem Gürtel befestigt hatte, in dem eine Kleinaxt fixiert war. Ich vermutete damals, dass es sich vielleicht um einen Mann handelte, der zu Hause einen offenen Kamin hatte und nach der Hochzeit vielleicht noch in den Stadtwald wollte, um dort Holz zu hacken.

Die zukünftigen Eheleute lauschten irgendwie ungeduldig den Worten des Binnenschiffsführers.
Hier sei angemerkt, dass ich die Ungeduld und Nervosität der Braut angesichts ihres Zustandes damals gut verstehen konnte. Diese hatte wohl Angst, bei weiteren zeitlichen Verzögerungen, noch an Bord entbinden zu müssen.

Dann legte der Kapitän im bedächtigen stakkatohaften Tonfall mit einer Rede los, die auf mich den Eindruck erweckte, als wüsste der Kapitän am Anfang der Rede selbst noch nicht, wie diese enden würde:

"Liebe Braut, lieber Bräutigam,
was ist wichtig in der Ehe, in einer Partnerschaft und in der gesamten Gesellschaft schlechthin?

Es ist die HARMONIE!

So wie das
HEISS das KALT
das OBEN das UNTEN
als natürlichen sprachlichen Gegenspieler hat,

hat die HARMONIE leider die DISHARMONIE als Gegenspieler.
Dieser Gegenspieler sollte in der Partnerschaft bekämpft werden.

Wo kommt Disharmonie her?
Disharmonische Attacken werden häufig von außen der Ehe aufgezwungen.

Nehmen wir ein Beispiel:

Mann und Frau sind vor Kurzem in ein Mehrfamilienhaus gezogen und sitzen eines Samstags gemütlich bei strahlendem Sonnenschein beim Frühstück auf Ihrem Balkon. Die Stimmung ist gut und die Vögel zwitschern im Garten, als es plötzlich an der Wohnungstür schellt.

Nichts ahnend macht der Ehemann die Türe auf und blickt zum ersten Mal in das mürrische Gesicht des Nachbarn, von der gleichen Etage, der dem Ehemann gleich eine Kopie der Hausordnung unter die Nase hält mit den Worten:
"Können Sie sich ja mal durchlesen. Die wichtigsten Stellen habe ich Ihnen mit gelben Markerstift bereits kenntlich gemacht. Steht auch was über Verhaltensweisen auf dem Balkon drin. Vielleicht klappt's ja dann für die Zukunft mit uns. Schönen Tag noch!"
Der Nachbar dreht sich um und knallt seine Wohnungstür zu.

Also, mit der HARMONIE ist es vermutlich an diesem Tag dadurch vorbei.
Können die Eheleute was dafür?
Wahrscheinlich nein!

Die verärgerten Eheleute sind nun sensibilisiert, lernen die Hausordnung auswendig und sitzen eine Woche später abends im Wohnzimmer. Die Frau liest ein Comicheft. Der Ehemann setzt sich die Kopfhörer auf, um beim Musik hören und Bier trinken möglichst niemanden zu belästigen.

Nach 10 Minuten klingelt es an der Tür.

Der Ehemann macht auf und blickt in das krebsrote zornige Gesicht des Nachbarn von einer Etage tiefer, welcher gleich lospoltert: "Können Sie mal die Bässe raus nehmen? Mein Wohnzimmerlicht flackert im Rhythmus Ihrer Heavy-Metal-Musik und beim letzten Gitarrenriff ist mein Hansi vor Schreck von der Stange gefallen und bewegt sich nicht mehr. Wen der das nicht überlebt, dann gibt's richtig Ärger. Das sag ich Ihnen. Schönen Tag noch."

Der Nachbar dreht sich um und verschwindet nach unten im Treppenhaus.

Auch hier wird die eheliche Harmonie für diesen Tag erledigt sein.

Aber es gibt auch disharmonische Situationen in der Ehe, welche man selbst erzeugt.

Hier mal ein Beispiel:
Der handwerklich nur mäßig begabte Ehemann hat aus Versehen ein Loch ins Leitungswasserrohr gebohrt. Das Wasser spritzt mit 5 Bar aus der Wand und überflutet das Badezimmer. Die Ehefrau rastet aus, weil diese nun den Säugling nicht mehr baden kann.

Von Harmonie wird auch heute keine Rede mehr dort sein.

Der Gatte begibt sich zum Beichten gleich rauf zur Hauseigentümerin, welche eine Etage höher wohnt und betätigt die Türklingel.

Die Vermieterin macht die Tür nicht auf.
Nach mehreren zähen Klingelaktionen hört der Gatte eine Stimme direkt auf der anderen Seite der geschlossenen Tür kreischen: "Ich kann jetzt nicht aufmachen, ich stehe unter der Dusche, wie Gott mich schuf!"

Hier, liebe Brautleute ergibt sich für mich die Frage, was das für eine komische Wohnung ist, wo sich die Dusche direkt hinter der Eingangstür befindet?
Das erinnert mich an meine eigene Schulzeit, wobei wir beim Thema "Harmonie unter Schülern" angekommen wären.

Wir hatten am Ein- und Ausgang des Chemiesaals so eine Notdusche. Immer wenn ich gerade darunter herlief, drehte irgendein Schwachkopf das Wasser an.
Folgen?
Kopf nass, Tornister nass, Heydahefte nass und unbrauchbar.

Zu Hause wurde dadurch die Harmonie zwischen Mutter und Sohn gestört, da ich wegen drohender Klassenarbeiten nun neue trockene Heydahefte brauchte.

"Wie viele Heydahefte brauchst Du eigentlich im Jahr und wer soll das alles zahlen?", schrie mich meine Mutter damals, wie üblich, erbost an?

Ich fand damals, dass dies eine doofe Frage war.
Wenn meine Mutter nur einmal vorher auf meinen Stundenplan gesehen hätte, dann hätte sie es sich selbst mit folgender Formel ausrechnen können:
Zweimal in der Woche Chemieunterricht, mal Anzahl der Schulwochen im Jahr, gleich Anzahl der benötigten Heydahefte.
Und?

Wer, liebes Brautpaar, war nun schuld an dieser innerfamiliären Disharmonie?
Ich nicht!
Meine Mutter nicht!
Der Vollpfosten von Mitschüler, .....der war schuld!
Also, wie gesagt, die Disharmonie kommt oft von außen.

Doch wir sind ja nicht hier, um über Disharmonie zu reden!
Wir sind hier zusammengekommen, um Harmonie zu schaffen!

Herr Pastor, schreiten Sie zur Tat!

Der Pastor trat hervor, blickte damals peinlich lange auf den Bauchumfang der Braut und sprach:

"So traue ich Euch zu Mann und Frau, auch wenn es schon ein wenig spät ist."

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