ERBRECHT
- Satire -

Einführung ins Erbrecht


- Die nachstehenden Ausführungen verstehen sich "völlig ohne Gewähr für Richtigkeit." Jeder Erbe entscheide selbst über sein Unglück! -


Mitten im November,
draußen nass und kalt,

machte einst das Schicksal,
vor Paulis Türe halt.



Als ich früh morgens an jenem Novembertag das Klappern des Briefkastendeckels hörte, schwang ich mich sogleich aus den Federn und eilte voller Erwartung und Neugier zu meiner Postbox.


Okay, mir ist schon klar, dass viele Leser dieses Gefühl der neugierigen Vorfreude gar nicht mehr kennen, da diese ihren gesamten Schriftwechsel unpersönlich, sachlich modern und nüchtern über E-Mail und PC-Fax abwickeln und das freudige Erwartungsgefühl gar nicht mehr nachvollziehen können, dass man hat, wenn man einen Briefumschlag aufreißt.


Ich war ganz aufgeregt, als ich sah, dass ich einen grauen Briefumschlag in den Händen hielt, welcher offenbar vom Amtsgericht an mich adressiert war. Der Brief hatte folgenden Wortlaut:


Sehr geehrter Herr Pauli,

in der Nachlasssache des am xx.xx.xxxx verstorbenen Herrn Felix K.Onkurs geborener K.Onkurs, geboren am xx.xx.xxxx in Berlin Marzahn mit letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Berlin Neukölln (Sterbe-Standesamt, Sterberegister Nummer: Standesamt Berlin Marzahn) haben die Erben der vorhergehenden Erbordnung die Erbschaft ausgeschlagen (§ 1946 BGB).


Infolge der Ausschlagung kommen, nach den uns vorliegenden Informationen, somit auch Sie als Erbe in Betracht.


Auch Ihnen ist es möglich die Erbschaft auszuschlagen.


Fristen für Erbausschlagungen:


Eine Ausschlagung (§ 1942 ff BGB) kann nur innerhalb von 6 Wochen (§ 1944 BGB) nach Kenntnis von dem Tod des Erblassers und von der eigenen Erbberechtigung durch eine Erklärung gegenüber dem hiesigen Nachlassgericht geschehen. Sollte der Erblasser die Erbfolge durch ein Testament (§ 2064 BGB) oder einen Erbvertrag (§ 1941 BGB) geregelt haben, beginnt die Ausschlagungsfrist frühestens mit der Bekanntgabe der letztwilligen Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht. Sofern der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatte oder Sie sich bei Beginn der Frist im Ausland aufgehalten haben, beträgt die Frist 6 Monate (§ 1944 BGB).


...........(es folgten noch weitere seitenlange Erklärungen von Rechtsfolgen, die ich mir an dieser Stelle einmal erspare wiederzugeben).....


Mit freundlichen Grüßen


Kornelia Gundula Aktenfeger
- Rechtspflegerin -



Will Dir das Gericht,
nachrangig Erbschaft geben

Schlag sie aus!
Renn um Dein Leben!



Zunächst wusste ich damals nicht, ob ich mich über diese Erbschaft freuen oder eher fürchten sollte, da mir die Person Felix K.Onkurs nur schemenhaft bekannt war. Ich war wohl über mehrere Ecken mit dieser Person verwandt und konnte mich nur noch schwach erinnern, diesen einmal auf einer Hochzeit persönlich kennengelernt zu haben. Damals, der Festtag war schon zur Neige gegangen, hatte ich ein paar Worte mit diesem gewechselt und festgestellt, dass uns nicht viel religions-philosophisch verband. Dementsprechend hatte ich den Kontakt auch nicht weiter vertieft und jeder von uns ist nach dieser Begegnung seines Weges gegangen.


Erinnern konnte ich mich noch schwach, dass dieser damals zumindest vier Geschwister und noch zwei lebende Elternteile hatte. Auch erb-nachrangig musste es da noch einige Verwandtschaft zusätzlich geben, welche eigentlich als Erben der vorhergehenden Ordnung eher als ich in Betracht kamen.


Warum hatten diese die Erbschaft alle ausgeschlagen?


Liebe Brüder und Schwestern,

wenn man so ein Erbe in der vorgenannten Konstellation überraschender Weise plötzlich angeboten bekommt, sollte man im hohen Maße sofort misstrauisch werden. In unserem Land gibt es nichts zu verschenken und überall da, wo Menschen sich von der Annahme einer Erbschaft einen Vermögensvorteil versprechen, wird diese auch von diesen angetreten. Wenn schon die nächsten Angehörigen die Möglichkeit einer Erbausschlagung wählen, deutet das darauf hin, dass der Erblasser überschuldet war und seine direkten Angehörigen dieses wussten.
Hierzu sei auf den Wortlaut des § 1967 BGB verwiesen:


"Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlich-keiten. Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören außer den vom Erblasser herrührenden Schulden....usw.....").

Hallo, Brüder und Schwestern!


Schulden!!


Hier ist von Schulden die Rede!


Der Erbe muss die Schulden des Erblassers zahlen!


Tja, jetzt geht der Erbspaß erst richtig los.
Solche Überschuldungen sind nicht ungewöhnlich, da täglich Sozialbestattungen in unserem Land vorgenommen werden, bei denen fraglich ist, ob selbst das Totenhemd, was der Verstorbene hoffentlich "Six Feet Under" trägt, noch als sein Eigen bezeichnet werden kann. Oft kann man selbst daran zweifeln, wenn am Grab bei der Beerdigung der frustrierte Wirt der Lieblingskneipe des Verblichenen persönlich steht und statt ein Schüppchen Erde hundert uneingelöste Bierdeckel wütend mit ins kühle Loch wirft. Dann und wann, ich berichte hier aus langer Erfahrung als Grabgänger, steht auch die junge Witwe eines alten Toten vor dem Grabloch und ruft flehend mit verweintem Gesicht:


 "Herbert! .....Verdammt Herbert!! .....Wo hast Du die Sparbücher versteckt?!"

Es ist unglaublich, was sich an der Bestattungs-grube so alles an Schicksalen abspielt. Hier sind schon fragile Rest-Ehen und felsenfeste Freundschaften zerbrochen. Ganze Familien-clans haben sich nach der Beerdigung den Krieg erklärt. .....Da geht´s manchmal ordentlich ab! .......Das kann ich Euch flüstern. ......Oft brauchte man zum Streuselkuchen essen nach der Beerdigung gar nicht mehr einladen, da ohnehin niemand gekommen wäre. ....Spätestens, wenn dann noch die Polizei mit einer Einsatzhundert-schaft vor dem Friedhof Stellung bezieht und interessierte Hinterbliebenen-Kreise einen Pendelbusverkehr vom Hauptbahnhof zur Grabstelle eingerichtet haben, weiß der betreuende Pastor, was die Stunde geschlagen hat.


(Anmerkung: An dieser Stelle sei auch noch einmal auf die seltsamen Geschehnisse bei der damaligen Beerdigung von Herrn Kevin Rotten hingewiesen (siehe hierzu:"DER FALL KEVIN ROTTEN").


Aber ich will nicht abschweifen.


Kommen wir zurück zur erbarmungslosen Grabrealität.


Also, alles in allem hat man mit diesen sechs Wochen (s.o.) nur wenig Zeit Erkundigungen über die wahren Vermögensverhältnisse einzuziehen. Vermutet man z.B., dass auf unbekannten Bankkonten des Erblassers noch Geldbeträge gebunkert sind, kann man angeblich einen diesbezüglichen Nachforschungs-/ Suchauftrag beim Bundesverband der Banken stellen. Nur, .......das kostet alles Zeit .........und viel Zeit hat man nicht.


Wichtig ist es hier, sofort nach Erhalt der Benachrichtigung durch das Gericht, beim Amtsgericht vorzusprechen um dort die Ausschlagungs-Urkunden zu beantragen und zu unterschreiben. Dies kann man alternativ auch bei einem Notar machen. Ausschlagungen per Brief, E-Mail, Fax oder Telefonat sind in der Regel nicht rechtswirksam. Man muss persönlich "zur Niederschrift oder zu Protokoll" (§ 1945 BGB) vor dem für einen selbst zuständigen Nachlassgericht erscheinen. An den Gerichtskosten dafür bleibt man aber auf jeden Fall hängen. Diese ersetzt einem keiner.


 .....Ähäh.... vielleicht ja eine Rechtsschutz-versicherung, welche manchmal Erstberatungen durch einen Anwalt in erbrechtlichen Angelegenheiten bezahlt.


Das fatale ist, dass man hierbei zunächst zur Wahrung der Fristen beachten muss, wann einem der Brief des Gerichts zugestellt wurde und wann der Brief geschrieben wurde. Manchmal vergehen allein zwischen Schreibdatum des Gerichtsbriefes und der Auslieferung des Briefes unerklärlich fast zwei Wochen. Dies reduziert dann natürlich die eigene sechswöchigen Erklärungsfrist. ......Also auf jeden Fall den Briefumschlag festhalten und einen Zeugen dazu rufen, welcher später bestätigen kann, dass der Postlaufweg innerhalb der eigenen Stadt tatsächlich über einer Woche lang war.


Wenn man z.B. aktuell in Corona-Zeiten dann noch einen Termin beim Gericht oder dem Notar haben möchte, könnte es knapp werden, da vor allem die Gerichte zeitlich überlastet und personell häufig unterbesetzt sind. Schlecht ist es deswegen, wenn man erst einen Termin nach Ablauf der sechs Wochen dort bekommt. Bei unseren Behörden und Gerichten auf deren Verständnis und Mitmenschlichkeit in solchen Erbfällen zu vertrauen, könnte an den Realitäten vorbeigehen und sehr teuer werden. Das bedeutet nun keinesfalls, dass ich an dieser Stelle zum permanenten Misstrauen dem Staat gegenüber aufrufe. Nein! Ich schlage Euch nur vielmehr vor:


"ERWARTET IMMER DAS UNERWARTETE!"



Liebe Brüder und Schwestern,


leider ist auch mit einer erfolgreichen Erbausschlagung der Vorgang noch nicht vom Tisch, da man eventuell trotzdem noch für die Bestattungskosten des Verstorbenen aufkommen muss.
In der Tat, dies, obwohl man das Erbe abgelehnt hat! Gemäß § 1968 BGB trägt eigentlich nur der Erbe die Beerdigungskosten des Verstorbenen. Wenn aber kein Erbe gleich welcher Ordnung die Erbschaft antreten will, dann kommt es zur Fiskalerbschaft. Der Staat erbt dann, weil dieser das Erbe nicht ausschlagen kann, wenn sich niemand anders gefunden hat. Dies gilt aber nicht, so wurde mir berichtet, bezüglich der Bestattungskosten, wenn eine verwertbare Rest-Habe des Erblasser (z.b. nach Verkauf, Versteigerung) diese nicht deckt. In diesem Fall wird der Staat versuchen irgendjemanden aus dem Kreis der potentiell Erbberechtigten zu finden, den er diesbezüglich zur Kasse bitten kann. Die Bestattungspflicht regelt hier, dass der zahlen muss, der dem Verstorbenen gegenüber zum Unterhalt bereits zu Lebzeiten verpflichtet war oder verpflichtet gewesen wäre.
Auf die gnadenlose Härte der diesbezüglichen Regelungen in unserem Bürgerlichen Gesetzbuch §§ 1601 ff BGB (Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren) und §§ 1922 BGB ff sei hier noch einmal verwiesen.
Hierzu soll es auch Regelungen in den Bestattungsgesetzen der Bundesländer unseres Staates geben, in denen festgelegt wird, welche Menschen zur Beerdigung des Erblassers verpflichtet sind.


Folglich, liebe Brüder und Schwestern, könnt Ihr Euch nicht entspannt zurücklehnen, da Ihr unter Umständen doch noch ordentlich was zahlen müsst.


Wer nun denkt, dass das doch alles ungerecht ist, der sollte nicht vergessen, dass die Bürokratie unseres Staates nicht mit Empathie ausgestattet ist, sondern mit kühler Nüchternheit.


Hierzu fällt mir die Beschwerde einer Witwe ein, welche sich einmal bei unserem Rathaus über den gefühllosen Schreibstil einer Verfügung der Stadtverwaltung an diese, anlässlich des Todes ihres Ehemannes, beschwert hatte.
Als Antwort der Stadt auf diese Reklamation kam die Antwort, dass der Schreibstil voll in Ordnung gewesen sei, da man bekanntlicher weise "eine Behörde" sei. Also kurzum, für irgendwelches Mitgefühl ist man dort nicht zuständig.



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