Schlonz
- Satire -


Einst, es war so gegen drei viertel 12 des Abends, da klingelte es mal wieder Sturm an der Tür zu meiner Wohnung oberhalb der Sakristei.

Verwundert aber auch neugierig, wer denn so spät abends noch Einlass begehrte, öffnete ich die schwere knarrende Eichentür.

Schnaufend, wie eine Dampflokomotive, kam ein Mann schimpfend im adretten Nadelstreifenanzug die Treppen heraufgestampft.

Er murmelte ständig und grimmig etwas von "Kilometergeld", hatte eine riesige schwarze Sporttasche in der linken, einen feuerwehrroten Staubsauger in der rechten Hand und baute sich - oben im 5.ten Stockwerk angekommen - vor mir auf.

"Grüß Gott Herr Pfarrer", schnarrte er mir hektisch entgegen und grinste mich über sein solariumgebräuntes Gesicht abschlusssicher an, während er mir seine Hand zur Begrüßung entgegenstreckte. Als ich den Händedruck erwidern wollte, kam er geschickt auf mich zu und eh ich mich versah, stand er schon in meiner Behausung.

"Wenn ich mich vorstellen darf, Hochwürden, ich bin Herr Schlonz von der Firma Botox 2000, und will nichts verkaufen, nur beraten."

"Das hört man gerne", sagte ich und bot dem jungen Handlungsreisenden einen nahe gelegenen harten und ungemütlichen Büßerstuhl an, damit er sich recht kurzfasse und dann auch recht schnell wieder verschwinde.

"Der BOTOX-KAVALIER-RÜSSEL C 12", schwadronierte er, "ist ihnen sicherlich schon aus der Radio- und Fernsehwerbung bekannt, nicht wahr, nicht wahr, und jede Hausfrau weiß genau: Willst auch du Kinder verhüten, kaufe BOTOX-Sauger-Tüten", versuchte er denkbar unglücklich und frivol zu witzeln.

"Wir von der Firma BOTOX 2000, nicht wahr, nicht wahr, bieten ihnen im Rahmen einer in Deutschland einmaligen Direkt-Marketing-Aktion, nicht wahr, nicht wahr, die einmalige Chance den BOTOX-KAVALIER-RÜSSEL C 12 vor Ort, exklusiv, nicht wahr, nicht wahr, in ihrer Wohnung zu testen."

Der Kerl hatte diese Worte noch nicht ganz herausgesprudelt, da warf er auch schon den gesamten Inhalt seiner riesigen Sporttasche im hohen Bogen über meine Perserteppiche. Eine gigantische Staubwolke füllte in Sekundenschnelle das Zimmer aus und ich rannte hustend zum Mosaikfenster um es weit zu öffnen.

Als sich die ersten Lichtstrahlen des Deckenspots durch den Staub gekämpft hatten, sah ich, dass der Verkäufer mittlerweile eine Steckdose gefunden hatte, an der er geschwind den Staubsauger anschloss.

"Die Fa.BOTOX 2000, nicht wahr, nicht wahr, hat ihr Topprodukt, den BOTOX-KAVALIER-RÜSSEL C 12, nach den neuesten wissenschaftlichen und ökologischen Erkenntnissen CO2 neutral geplant und hergestellt, nicht wahr, nicht wahr. Der BOTOX-KAVALIER-RÜSSEL C 12 verfügt über eine Stromzuführungsschnur von sage und schreibe 22 Metern und eine Spitzen-Turbosaugleistung von 15.500 Watt, nicht wahr, nicht wahr, die ich ihnen heute einmal demonstrieren darf."

Kaum hatte er dieses ausgesprochen, trat er mit einer fahrigen Fußbewegung auch schon auf den AN-Schalter des Saugers, ohne mich lange vorher um Erlaubnis zu fragen.

Ein ohrenbetäubender Lärm entfaltete sich explosionsartig und es hatte den Anschein, als begehre der Leibhaftige persönlich Einlass.

Der wortgewaltige Schlonz rannte urplötzlich, wie ein nach vorne katapultiertes Wiesel, mit dem Saugrohr kämpfend, durch meine Wohnung, blieb am Metallsaugrohr hängend an der gegenüberliegenden Wand angesaugt stecken und schrie irgendetwas voller Panik in meine Richtung, was ich bei dem Lärm, beim besten Willen nicht verstehen konnte.

Ich hielt mir in einer Reflexbewegung beide Ohren zu, nachdem ich mich mit einer Hechtrolle hinter das Sofa in Sicherheit gebracht hatte. Schlonz schrie weiterhin etwas in meine Richtung und ich merkte, wie sein gesamter Vertreterkörper in unkontrollierte Zuckungen verfiel. Ein dünnes Rinnsal Blut lief aus seiner Nase, seine Haare begannen sich aufzurichten, seine Augen traten immer mehr aus den Höhlen hervor und das Licht im Zimmer fing an zu flackern. Draußen im Flur sirrte der Stromzähler im Ultraschall-bereich, dann gab es im Flur, draußen, einen lauten Knall und die Sicherung der Steckdose flog mit einer solchen Wucht heraus, dass ihre Reste in der gegenüber-liegenden Flurwand stecken blieben.

Zum Glück brachte dies die Höllenmaschine zum Stillstand.

Schlonz seufzte einmal laut auf und brach an der Wand, das Saugrohr immer noch tapfer festhaltend zusammen.

Nachdem ich ihm einen halben Liter Messwein eingeflößt hatte, kam Schlonz nach ca. 10 Minuten Bewusstlosigkeit schon wieder zu sich, was kein Wunder ist, da diese Typen immer noch einmal wieder aufstehen und fing auch gleich wieder hektisch zu propagieren an.

"Sie sehen selbst, Hochwürden, der BOTOX-KAVALIER-RÜSSEL C 12, entwickelt eine explosive Saugkraft, die man mit Worten kaum beschreiben kann, nicht wahr, nicht wahr und gestern wie heute, nicht wahr, nicht wahr, gilt der Satz:

Hast du deine Nachbarn satt? Der RÜSSEL macht sie alle platt!

Weil sie es sind, Herr Pfarrer, lasse ich Ihnen den Rüssel für 1.500 Euro zum Vorzugspreis."

Ich überlegte kurz, dann antwortete ich entschlossen: "Mit dem RÜSSEL kriegt man alles klein, leider brauch` man einen Waffenschein!"

Nachdem ich Schlonz noch den Rat gegeben hatte, es doch mal bei der GSG 9 oder der Bundeswehr zu versuchen, verließ er endlich vor Wut schnaubend meine verwüstete Wohnung.

Ich habe seitdem nie wieder einen Staubsaugervertreter in meine Wohnung gelassen.

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