SOM
(Supermarket of Mercy)
- Satire -


Vor über einem Jahrzehnt bat mich mein Bischof ein Konzept zu entwickeln, welches die vom Bistum betriebenen vier Supermärkte meiner damaligen Gemeinde endlich aus den roten Zahlen heraus holen sollte.

Man hatte diese Märkte einst aus sozialen Gründen unter dem Akronym SOM (Supermarket of Mercy) u. a. deswegen eröffnet, damit auch Familien in Arbeits-losigkeit und Leichtlohngruppen die Vielseitigkeit unseres irdischen Nahrungs-angebots, wie Schwarzbrot, Margarine, Zwiebeln, Panhas oder roten Tee, endlich einmal zu sozial vertretbaren Preisen genießen konnten.

Nach einiger Zeit des Geschäftsbetriebes hatte der Bistumsrechnungshof damals erkannt, dass man Waren mindestens zu einem kostendeckenden Preis zum Verkauf anbieten muss, was bei sämtlichen SOM-Märkten zu jener Zeit nicht der Fall war.

Auch das ständige Anschreiben lassen durch permanent klamme Kunden konnte auf Dauer nicht so weiter gehen, da in vielen Märkten anscheinend nur Ware raus geschleppt wurde, ohne dass die offenen Deckel je von den Konsumenten beglichen wurden. Verschärft wurde die Situation noch dadurch, dass säumige Schuldner teure Einkaufswagen reihenweise mit nach Hause nahmen und nicht wieder zum SOM zurückbrachten. Ganz Dreiste riefen von zu Hause, mit unterdrückter Telefonnummernanzeige, das örtlichen Pfarramt an und fragten nach, ob ein Messdiener den Einkaufswagen nicht wieder bei ihnen abholen könnte, da diese keine Zeit hätten dies selbst zu erledigen.

Zusätzlich wurden die SOM-Märkte regelmäßig von Einbrechern heimgesucht, welche kistenweise teure Spirituosen und Non Food Artikel des Nachts mitgehen ließen.

Ein weiteres Verlustgeschäft ergab sich aus dem ausufernden Pfandflaschenbetrug.

Irgendwelche Rabauken hatten es spitz bekommen, dass man die Pfand-Leerflaschen-Rücknahmeautomaten aufgrund eines Programmfehlers austricksen konnte, indem man um den Flaschenhals eine dünne Kordel band, die Flasche auf dem Transportschlitten bis zum Etikettenscanner einfahren ließ, um diese dann, nach der Scannung und Pfandgutbuchung, mit einem Ruck wieder aus dem Einführloch herauszuziehen um wenig später die gleiche Flasche erneut einzuführen. Manche Pfandflaschen wurden so vierzig Mal vom betroffenen SOM mit Rückpfand vergütet.

Kurzum, diese ganze soziale und gut gemeinte Idee der SOM-Märkte entpuppte sich damals schnell als eine sentimentale unwirtschaftliche Seifenblase.

Man muss es an dieser Stelle einmal sehr deutlich sagen, dass der Barmherzigkeit und Großzügigkeit unserer diesbezüglichen SOM-Initiative irgendwo auch betriebswirtschaftliche Grenzen gesetzt waren. Wir konnten unsere SOM-Märkte nicht auf der Basis übertriebener himmlischer Mildtätigkeit in den Bereich der Schwarzen Zahlen zurückbringen, sondern nur auf Grundlage eines knallharten Geschäftsmanagements. Schließlich standen wir mit den SOM in ständiger Konkurrenz zu Mitbewerbern, welche uns mit Frequenzbringerartikeln, welche von diesen zu Dumpingpreisen angeboten wurden, das Leben zusätzlich schwer machten.

Obwohl betriebswirtschaftliches Basiswissen meinerseits vorhanden war, beschloss ich sicherheitshalber eine Unternehmensberatung einzuschalten.

Die renommierte Unternehmensberatung Firma Galgenbaum & Partner, welche mir schon in der Vergangenheit gute Dienste geleistet hatte, empfahl mir, ihre Tochterfirma Nugget International S.a. diesbezüglich zu konsultieren, da diese sich auf die Probleme von Einzelhandelsgeschäften spezialisiert hatte. Diese beauftragte sogleich ihren Star-Advisor Dr. Felix Prate, welchen ich aus Gründen der Diskretion, wie üblich in solchen Dingen, im Beichtstuhl konspirativ empfing.

Dr. Prate (nachdem er auf dem Büßerstuhl Platz genommen hatte): "Guten Tag Herr Pauli, schön haben Sie es hier in Ihrer Kirche. Alles sehr geschmackvoll gestaltet und dekoriert."

Pauli: "Nun, man tut was man kann Herr Dr. Prate. Haben Sie gut hierher gefunden?"

Dr. Prate: "Ich habe nur 60 Minuten im Stau gestanden. Da kann man nicht meckern. Man hat mir gesagt, dass Sie Hilfe bei einigen SOM-Märkten benötigen. Wo drückt der Schuh?"

Pauli: "Der Schuh drückt nicht nur, der quetscht mittlerweile schmerzhaft die Zehen ein und die Schuhsohlen sind auch schon abgelaufen. Kurzum wir haben echte Probleme die SOM-Märkte noch am Leben zu halten und da haben wir uns gedacht, dass Sie uns vielleicht helfen könnten."

Dr. Prate: "Helfen ist unser Geschäft Herr Pauli. Ich habe mich natürlich im Vorfeld schon etwas in die Materie eingelesen und recherchiert. Dabei habe ich festgestellt, dass in unmittelbarer Nähe Ihrer SOM Geschäfte zahlreiche Mitbewerber ansässig sind, was die Sanierungsproblematik nicht gerade erleichtert. .......... Wussten Sie zum Beispiel, dass zwei Ihrer Konkurrenten Ihre Verkaufsfilialen auf Grundstücken gebaut haben, welche denen von Ihrer Kirche vor Jahrzehnten zur Pacht angeboten wurden?"

Pauli (erstaunt): "Nein, das ist mir neu! Wollen Sie damit sagen, dass wir die Nattern, welche SOM aktuell bedrohen selbst eingeladen haben?"

Dr. Prate: "Eine Recherche meinerseits im Internet auf der Homepage des örtlich für diese, wie Sie sagen "Nattern", zuständigen Gerichts hat ergeben, dass die Märkte zweier Konkurrenten auf Grundstücken stehen, welche laut Grundbuch Eigentum der Kirche sind. ............Wenn wir mal davon ausgehen, dass so ein Pachtvertrag mit denen für vielleicht über eine Laufzeit von 10 bis 20 Jahren abgeschlossen wurde, dann müsste dieser eigentlich zurzeit zur Verlängerung anstehen. .....Und davon wurden Sie von Ihren Vorgesetzten nicht informiert?"

Pauli: "Nun, die Informationspolitik meiner vorgesetzten Stellen war für mich schon immer oft nicht nachvollziehbar. .....Diesen müsste doch schon längst ein Antrag auf Verlängerung der Pachtverträge vorliegen. .....Hmmmmm, es ist mir völlig unverständlich, warum ich über diese wichtige Tatsache nicht informiert wurde, Herr Dr. Prate."

Dr. Prate (in verschwörerischen Tonfall): "Solche Kommunikationsrätsel haben unserer Erfahrung nach oft leicht nachvollziehbare Gründe, welche ich Ihnen gerne erläutere, wenn Sie mir Ihre diesbezügliche Verschwiegenheit gegenüber Ihren Vorgesetzten zusichern. ......Ich bitte hier um Verständnis für meinen Diskretionswunsch, da meine Arbeit ja eigentlich von Ihren Vorgesetzten im Endeffekt bezahlt wird."

Pauli: "Selbstverständlich bleibt alles das, was wir hier im Beichtstuhl besprechen unter uns. Sozusagen garantiert durch das Beichtgeheimnis."

Dr. Prate: "Gut Herr Pfarrer. Haben Sie sich schon einmal überlegt, was geschieht, wenn wir mit unseren Sanierungsbemühungen bezüglich der SOM Filialen scheitern?"

Pauli: "Na klar, dann können wir die Läden dichtmachen."

Dr. Prate: "Das wissen Ihre Vorgesetzten auch und dadurch liegt es auf der Hand, dass diese sich ein zweites Eisen im Feuer halten."

Pauli: "Und das wäre?"

Dr. Prate: "Wenn es für diese kein Geld mehr aus SOM gibt, dann gibt es alternativ aber noch Erträge aus der Verlängerung der Verpachtung der Grundstücke an die Mitbewerber."

Pauli: "Das würde ja bedeuten, dass die mir nicht hundert prozentig zutrauen, dass ich diesen Sanierungsfall auch geregelt bekomme?"

Dr. Prate: "Ich glaube, so könnte man es ausdrücken. .....Aber machen Sie sich mal keine Sorge Herr Pauli, dass bekommen wir alles schon geregelt!"

Pauli: "Wie sieht Ihr Konzept aus?"

Dr. Prate: "Also als Erstes ist klar, dass die Pachtverträge der Konkurrenten nicht verlängert werden dürfen. Sollte dies doch geschehen, brauchen wir uns hier nicht weiter zu unterhalten, da diese örtlichen Mitbewerber Filialen riesiger Handelsketten sind, welche durch ihre enorme Nachfragemacht Preise bei den Zulieferern durchsetzen können, die für unsere SOM Märkte nicht erreichbar sind. Es ist eben ein Unterschied, ob ich bei einem Zulieferer pro Tag 100 Margarinepackungen anfordere oder 10.000. Die haben Einkaufspreise von denen SOM nur träumen kann. Und durch diese geringen Beschaffungskosten können die natürlich auch wesentlich höhere Gewinnspannen realisieren. .........zusätzlich kommt hinzu, dass diese hohen Gewinnspannen zur Quersubventionierung von Frequenzbringerartikeln verwendet werden."

Pauli: "Frequenzbringer? Was ist das denn?"

Dr. Prate: "Das ist das, was ihre SOM Märkte nicht haben. Und warum haben diese so etwas nicht? Weil sich die einzelne SOM Filiale diese nicht leisten kann, da die Gewinnspannen der anderen Artikel im SOM zur Quersubventionierung nicht reichen. ....Es ist ein Teufelskreis. Aber zurück zu ihrer Frage. Frequenzbringer sind Artikel wie z. B. Bananen. Diese Artikel werden unterhalb des Selbstkostenpreises oft nur deswegen zum Verkauf angeboten, damit Kunden dadurch angelockt werden. Man geht davon aus, dass derjenige welcher sich dort Bananen kauft, gleich, eventuell auch spontan, andere Artikel aus den Regalen greift, die der Mitbewerber in seiner Preisgestaltung dann mit Gewinn an den Konsumenten verkaufen kann. Ich habe mir mal zwei SOM Filialen angesehen Herr Pauli und dabei festgestellt, dass solche Frequenzbringer bei Ihnen gar nicht vorhanden sind.

Das geht nicht! Daran müssen wir sofort etwas ändern! Mit dem Angebot von eisernen Kruzifixen mit kleinen Weihwasserbehältern aus Glas unter dem Kreuz kommen wir nicht weit. Das würde vielleicht in Wallfahrtsort Lourdes funktionieren, aber nicht an den Standorten der SOM."

Pauli (kopfschüttelnd): "Frequenzbringer hin, Frequenzbringer her. Wir können als kirchliche Verkaufsinstitution bei den SOM nicht völlig auf unseren missionarischen Auftrag und auf ein damit verbundenes Warenangebot verzichten! Diese Dinge müssen weiter im Programm bleiben. Dazu verpflichtet uns schon die Solidarität mit den vielen Behindertenwerkstätten, welche uns diese Devotionalien liefern!"

Dr. Prate (im beschwichtigenden Tonfall): "Die können ja weiter im Angebot bleiben, aber wir müssen das Gesamtangebot inklusive sämtlicher Aspekte, welche heutzutage in dieser Branche verkaufsentscheidend sind, überprüfen und notfalls neu gestalten. Dies gilt auch für die Innenarchitektur und die gesamte innere und äußere Verkaufsatmosphäre, in der sich der Konsument im SOM befindet. Erst wenn wir es schaffen dort ein Einkaufsklima zu generieren, was dazu führt, dass der Käufer im SOM Dinge kauft, welche er gar nicht benötigt, sind wir wieder auf der Erfolgsspur. Denn Herr Pauli, ein Kunde, welcher nur das kauft, was er unbedingt zum Leben gerade braucht, ist ein Kunde, an dem wir nicht ausreichend viel verdienen können. Das bedeutet, dass wir durch gezielte Maßnahmen z. B. so viele Frauen mit Kindern wie möglich in die Läden locken müssen, da wir vom Konsumverhalten alleinstehender Junggesellen keinen profitablen Geschäftsbetrieb erhalten. Oder um es knallhart auszudrücken. Derjenige der nur das Notwendigste kauft ist für uns zukünftig uninteressant. .......Wussten Sie eigentlich, dass Frauen dreifach so viel Zeit im Supermarkt verbringen, wenn diese nicht von einer männlichen Verkaufsbremse begleitet werden? Und das gilt nicht nur für Supermärkte! Nicht umsonst stellen viele Modehäuser und Bekleidungsgeschäfte bequeme Ledersessel in den Frauenabteilungen auf, damit die Frauen dort ihre nervigen Männer parken können."

Pauli: "Nein! Das war mir nicht bekannt. .......Ähähää, aber auch der Junggeselle, der sein tägliches Bier und seine Zigaretten bei uns kauft muss dies zukünftig noch im SOM können. Da führt kein Weg dran vorbei. Auch dieser ist ein Geschöpf des Herrn. Wenn auch ein manchmal Seltenes."

Dr. Prate: "Soll der ja auch. Aber uns muss auch klar sein, dass wir zukünftig genau darauf achten, welche Verkaufsfläche wir für alkoholische und nicht alkoholische Getränke dem Kunden im SOM zur Verfügung stellen. Wir müssen genau berechnen, ob es nicht sinnvoller ist einer Backwarentheke dadurch Möglichkeiten zur Vergrößerung zu geben, indem wir im Gegenzug unnötige Verkaufsfläche für übergroße sperrige Getränkekisten gleichzeitig verringern. Weiterhin müssen wir das gesamte Warenangebot auf den Prüfstand stellen. Hier fehlt nämlich einiges im Sortiment der SOM."

Pauli: "Was fehlt denn?"

Dr. Prate: "Zum Beispiel Kondome vorne direkt an den Kassen."

Pauli (mit entsetzter Stimme): "Auf keinen Fall!! So ein Schweinskram kommt mir nicht in die Läden. Ich werde hier nicht Handlanger der Sittenlosigkeit werden. Das können Sie vergessen Herr Dr. Prate!"

Dr. Prate: "Herr Pauli, wir müssen mit der Zeit gehen. In der heutigen Zeit betet keiner mehr ein "Vater unser" vorher, in der Hoffnung dadurch die "freudige Empfängnis" zu verhindern. Das sind heute ganz normale Hygieneartikel, die auch der Verbreitung von AIDS entgegenwirken. Und wenn die nicht im SOM angeboten werden, dann kaufen sich die Leute diese in der nächsten Drogerie. Dies hat dann zur Folge, dass die dort auch Tee, Kaffee, Zahnpasta usw. gleich mit einkaufen. Das kaufen die dann nicht im SOM und dann verlieren wir Umsatz. Alles Geschäft, was uns dann verloren geht. Nebenbei hat sich ja auch schon bis zum "Primus Inter Pares" rumgesprochen, dass sich Gläubige nicht unbedingt wie Karnickel vermehren müssen, um gute Diener des Herrn zu sein."

Pauli (mit fester unnachgiebiger Stimme): "Nein und nochmals nein! Das geht gar nicht! Wenn das rauskommt, kann ich mir gleich meine Fahrkarte in die Mission nach Afrika vom Bischof abholen. Und nebenbei, was kommt als Nächstes in die Verkaufsauslage? Die Pille?"

Dr. Prate: "Wäre keine schlechte Idee, aber die SOM sind keine Apotheken. Wie wäre es denn, wenn wir die Kondome als Kontrazeptiva so verkaufen, dass .....na ja....das etwas diskreter an der Kasse abläuft......, also so, dass den Verkauf und Kauf kein Uneingeweihter so direkt deutlich im Laden mitbekommt?"

Pauli: "Wie stellen Sie sich das vor?"

Dr. Prate: "Also wir haben da so eine Tabakfirma aus Holland bei der Hand, die bietet eine Sorte Zigaretten an, welche in Zigarettenschachteln verkauft wird, wo jeweils die Hälfte an Zigaretten fehlt, dafür aber das dadurch entstehende Verpackungsvakuum mit Präservativen aufgefüllt wird."

Pauli: "Und man kann das von außen an der Verpackung nicht erkennen?"

Dr. Prate: "Nein! Hundert prozentig nicht. Die Marke heißt SD."

Pauli: "Und was bedeutet das Akronym SD?"

Dr. Prate: "SD steht für Secret Delight."

Pauli (spöttisch): "Ich glaub ich spinne! Noch auffälliger ging es wohl nicht? Nicht verwunderlich, dass das alles aus Holland kommt. Haben Sie sich mal angesehen, was da in Amsterdam alles so in den Schaufenstern angeboten wird? Unglaublich! Einfach unglaublich! Da wundert mich nichts mehr."

Dr. Prate: "Also ich weiß jetzt nicht, in welchem Stadtteil von Amsterdam Sie mal waren, aber was haben Sie den in diesen speziellen Vierteln überhaupt zu..........?"

Pauli: "Studienhalber! Rein studienhalber war ich mal da! Manchmal muss man die sittenlose Teufelei aufsuchen, um sie später wirkungsvoll bekämpfen zu können!"

Dr. Prate: "Aha! Soso! .......Die Bedeutung von SD ist nirgends wo auf den Verpackungen erläutert und auch in der Werbung findet sich kein Hinweis auf den wahren Inhalt. Dieser Artikel verkauft sich nur durch Insiderwissen. Man muss natürlich eingestehen, dass dieses Wissen sich schon gut herumgesprochen hat, aber seltsamerweise nur bei Käufern im Alter von 14 bis 50 Jahren. Ältere haben von diesem speziellen Inhalt meistens keine Ahnung. Der weitere Vorteil dieser Art von Verkauf ist, dass kein schüchterner Käufer mehr den lautstarken Ausruf einer Kassiererin "Erna, wat kosten die Kondome?" fürchten muss. Das läuft also alles sehr diskret ab. Selbst Nichtraucher kaufen diese Packungen und werfen einfach nachher die Zigaretten weg. Da die Abgabeerlaubnis von Zigaretten u. a. im Jugendschutzgesetz geregelt ist, wird damit indirekt auch in Ihrem Sinne, Hochwürden, dafür Sorge getragen, dass Minderjährige somit nicht so leicht an diese Zigarettenpackung mit Pfiff kommen können."

Pauli (nach einer kurzen Denkpause): "Herr Dr. Prate, ich muss darüber noch nachdenken. Wir stellen das Mal als Nebenkriegsschauplatz zunächst zurück."

Dr. Prate: "Okay, dann stelle ich Ihnen mal meine weiteren Verbesserungsvorschläge vor, mit denen wir den Umsatz der SOM ankurbeln werden."

Pauli: "Ich bin ganz Ohr. Legen Sie los."

Dr. Prate: "Gehen wir mal der Reihe nach vor. Wir stellen uns gedanklich vor, dass wir vor dem neuen SOM Supermarkt stehen. Was benötigen wir zuerst?"

Pauli (witzelnd): "Geld! Ohne Geld geht nichts! Zukünftig müssen alle genügend Geld mitbringen."

Dr. Prate: "Nun wir nehmen mal an, dass wir Geld dabei haben. Als Erstes holt sich der typische Kunde draußen vor dem Markt einen Einkaufswagen. Dieser Einkaufswagen muss auf die Körpergröße einer Durchschnittsfrau zugeschnitten sein und eine Münzarretierung haben, damit der Konsument diesen von der Haltekette am Einkaufswagenstellplatz mittels einer Münze loslösen kann. Diese Art der Arretierung fehlt zur Zeit noch in den SOM Märkten, was dazu führt, dass die Einkaufwagen reihenweise geklaut werden. Sobald der Käufer eine Münze, nehmen wir mal einen EURO dafür herausrücken muss, entsteht ein psychologischer Zwang beim Kunden, der dafür sorgt, dass dieser nach dem Einkauf den Wagen zum Sammelplatz auch zurückbringt, da der ja seine Münze zurück haben will. Interessanterweise funktioniert das auch, dies haben wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt, wenn der Kunde statt einem EURO nur einen Plastikchip verwendet.

Der Einkaufswagen muss natürlich ein großes Kaufvolumen fassen können und entsprechend dimensioniert sein. Der schräge Gitterboden des Wägelchens ist nach hinten zum Kunden hin tiefer liegend, damit reingelegte Ware direkt nach hinten aus dem Sichtbereich des Käufers durchrutscht."

Pauli: "Und was ist der Sinn davon?"

Dr. Prate: "Das ist alles Psychologie Hochwürden. Der Käufer soll gar nicht so schnell bemerken, was er alles schon eingekauft hat, wenn er sich durch die Einkaufsstraßen des SOM bewegt. Das böse Erwachen soll frühestens an der Kasse kommen. Und damit der Kunde sich langsam durch die Verkaufsgänge bewegt und nicht an den Waren vorbei rennt, sind die Räder der Einkaufswagen so gebaut, dass diese automatisch zu wackeln und zu sperren beginnen, wenn der Konsument zu schnell im Laden läuft. .....Nebenbei, wissen Sie, wer den Einkaufswagen mal erfunden hat?"

Pauli: "Nein! Ist mir auch ziemlich......."

Dr. Prate: "Das soll 1940 ein Amerikaner namens Goldmann gewesen sein. Der hat damals festgestellt, dass in seinen Läden die Käufer nur das mitnehmen, was sie auch tragen können. Und das war zu wenig um seinen Supermarkt in Oklahoma City rentabel zu betreiben. Kaum hatte er den Einkaufswagen eingeführt, ging es seinem Laden umsatzmäßig besser."

Pauli "Ach, tatsächlich? Das ist ja höchst interessant. Mal wieder die Amerikaner. Ja, vom Verkaufen und Krieg führen verstehen die etwas. ....Aber zurück zu den klemmenden Rädern der Wägelchen. Und das ist wirklich Absicht, dass die automatisch sperren, wenn man mit denen zu schnell fährt? Ich dachte bisher immer, die wären kaputt, wenn die zu ruckeln und zuckeln beginnen."

Dr. Prate: "Neee! Alles Absicht. ......Aber weiter. Wir müssen vielleicht in einem der SOM Filialen auch noch den Eingang von links nach rechts versetzen, da Untersuchungen gezeigt haben, dass der Umsatz eines Supermarktes höher ist, wenn der Kunde entgegen dem Uhrzeigersinn durch den Laden geführt wird. Das sollten wir sicherheitshalber machen, obwohl ich zugeben muss, dass es da auch vereinzelt andere Meinungen von Konsumpsychologen zu diesem Phänomen gibt und die diesbezüglichen Umbaukosten sich manchmal in der Zukunft nicht amortisieren. Vielleicht hat das auch etwas mit der Anzahl der Links- und Rechtshänder in einer Population zu tun. Vielleicht aber auch nicht. .....Auf Deutsch: Notfalls belassen wir es bei der bereits bestehenden Laufstrecke im Uhrzeigersinn, also von links mit voller Geldbörse in den Laden rein und nach rechts durch die Kassen mit entleerter Geldbörse wieder raus. ..........Wenn der Käufer in den Laden reinkommt, muss er durch lange ununterbrochene Regalstraßen geführt werden, damit dieser innenbautechnisch gezwungen ist an sämtlichen Waren vorbei zu laufen, bevor er den Kassenbereich erreichen kann. Teure Markenartikel sind grundsätzlich in den Regalfächern in bequemer Griff- und Blickhöhe zu positionieren. Der Sparfuchs und Geizhals, welcher sich auf Angebote und billige NO NAME Artikel spezialisiert hat, bekommt die Ware in der Nähe des Fußbodens oder im obersten Regalfach von uns so aufgestellt, dass er sich entweder danach bücken oder strecken muss. ........Nebenbei, in einer SOM habe ich bemerkt, dass die Kunden immer wieder seitliche Öffnungen in den Regalstraßen dazu nutzen vorzeitig zu den Kassen zu kommen. Das ist sehr schlecht, da diese dann nicht lange genug im Geschäft bleiben und oft nur das kaufen, was diese unbedingt benötigen. Und davon kann kein Supermarkt leben. .....Unter uns gesagt, davon kann auch keine Kapital - und Gewinn orientierte Volkswirtschaft leben, wenn Konsumenten nur das kaufen, was diese zur Reproduktion ihrer Arbeits- und Lebenskraft unbedingt brauchen. Der gesamte Wohlstand unserer westlichen Volkswirtschaften begründet sich u. a. aus sinnlosen Konsum. U. a. deswegen ist das Alpha und Omega des Verkaufs, den Konsumenten dazu zu bringen permanent völlig überflüssigen Schnickschnack zu kaufen. .........Also muss der Konsument erst durch alle Regalstraßen laufen, bevor er mit dem Erreichen des Kassenbereichs belohnt wird. Es wäre geradezu kontraproduktiv für den Umsatz, wenn wir Gebrauchsgüter des täglichen Bedarfs, wie Margarine, Butter, Milch etc. direkt vorne im Eingangsbereich aufbauen würden. Wer solche Güter kaufen möchte, muss vorher durch alle Regalstraßen gezwungen werden, damit er auch noch etwas anderes kauft. Dies gilt auch für Tiefkühlkost. Der typische Käufer will tiefgekühlte Waren nicht stundenlang im Korb rumliegen haben. Er will mit diesen, um die Kühlkette nicht unnötig zu unterbrechen, möglichst schnell zur Kasse. Würden wir die Kühltheke vorne direkt im Eingangsbereich aufstellen, würde der Konsument die Waren dem Kühlfach entnehmen und dann sofort zur Kasse rennen. Das ist nicht in unserem Sinne, da er dann vielleicht nichts mehr zusätzlich kauft. Deswegen müssen wir diese Kühl- und Gefrierbereiche möglichst nicht in der Nähe der Kassen aufstellen."

Pauli: "Klar! So funktioniert unsere Wirtschaft, aber ein gutes Gewissen habe ich bei solchen Tricks nicht. Das ist doch reine Manipulation der Menschen. Ich weiß nicht, ob dies vom Allmächtigen so gewollt ist."

Dr. Prate: "Da stimme ich Ihnen hundertprozentig zu Herr Pauli. Aber ich möchte noch einmal auf Folgendes hinweisen. .......Stellen Sie sich einmal vor, die Bürger unseres Landes würden ab Morgen nur noch das kaufen und bezahlen, was diese unbedingt zum Überleben bzw. zur reinen Reproduktion ihrer Arbeitskraft benötigen. Alle Friseure, Nagelstudios, Tattoostudios, Juweliere, Spielwarengeschäfte, Kneipen, Restaurants, Blumenmärkte, Museen, Theater, Konzerthäuser, Fußballstadien, Spaßbäder, Saunabetriebe, viele Reisebüros usw. könnten innerhalb kürzester Zeit ihre Läden schließen. Hersteller von Luxuskraftfahrzeugen und Luxusmöbeln könnten ihre Produktion einstellen. Reisen mit Kreuzfahrtschiffen würden nicht mehr nachgefragt. Das sind nur einige wenige Beispiele. Aber, in der Tat ist es so, dass unser Wohlstand darauf aufbaut, dass wir massenweise überflüssige Dinge konsumieren. Deswegen brauchen wir bei einer verkaufspsychologisch geschickten Gestaltung unserer zukünftigen SOM Märkte keine falschen Skrupel haben. Wir liegen damit voll im Markttrend. Und nebenbei mal angemerkt. Wenn die Wirtschaft nicht floriert, weil die Leute nur das Notwendigste kaufen, dann gehen unzählige Arbeitsplätze flöten und Ihre Kirche Herr Pauli hat dadurch auch geringere Kirchensteuereinnahmen."

Pauli (mit leicht verzweifelter Stimme): "Oh, oh! Was muss denn noch geändert werden?"

Dr. Prate: "Ja, da kommt noch einiges. Wir sind noch lange nicht am Ende. Erst wenn wir die derzeitig supermarktähnlichen Tante-Emma-SOM-Märkte völlig umgestaltet haben, werden wir die wirtschaftliche Überholspur in Zukunft befahren können. .....Ähähh? ...Aber wo sind wir stehen geblieben? ....Ach ja. Wir hatten am Anfang schon über den zu großen Getränkeverkaufsbereich der SOM gesprochen. Dieser muss reduziert werden. Stattdessen, wobei wir uns nun gedanklich im Bereich des "Multisensorischen Marketings" befinden, müssen wir den Backwarenbereich vergrößern und nach Rücksprache mit den Lieferanten dafür sorgen, dass dort verstärkt Ware angeboten wird, die stärker nach frischem Brot bzw. Backwaren duftet. Das erreicht man durch gesundheitlich unschädliche Aromastoffe, welche man dem Teig der Waren zuführt. Dem Kunden muss spätestens beim Eintritt in die SOM-Filialen ein olfaktorischer angenehmer Duft entgegenströmen, welcher dazu führt, dass diesem das Wasser im Munde zusammenläuft. Überlegenswert ist es, ob wir dieses leckere olfaktorische Backaroma nicht mittels eines Ventilators so nach draußen vor das Geschäft pusten, dass sich Riechtrieb gesteuerte Laufkundschaft dadurch angezogen fühlt. Und auch dann, wenn diese keinen Hunger haben. .......Dieses "Duftmarketing" bzw. diese "Duftpsychologie" ist sehr wichtig. Deswegen werden alle Angebotsplakate oberhalb der Angebotskisten mit Duftstreifen versehen. Alle Sinne des Konsumenten, wie Gehör, Augen, Geschmack und Riechfähigkeit müssen von uns angesprochen werden. .........Wir dürfen auch die Sehsinne unserer Kunden nicht vergessen, welche wir im Fleisch-, Fisch-, Backwaren-, Obst- und Gemüsebereich durch geschickte Lichtbestrahlung begleiten. ......Fisch beleuchten wir mit blauem Licht. Fleisch wird rot angestrahlt und für den Backwarenbereich schaffen wir eine gelbliche Beleuchtung an. Dadurch sieht das alles gleich leckerer und frischer aus.......Natürlich gehört hier auch der Tastsinn dazu, welchen wir mit "haptischen Verpackungsqualitäten" zukünftig bedienen. ......Aber ich möchte noch einmal den Geruchssinn des Käufers ansprechen, den ich für besonders wichtig halte. .....Der Konsument kann seine Augen zu machen und sich die Ohren zu halten, aber auf das Atmen kann er nicht verzichten. Dadurch wird er für Gerüche empfänglich. Vorteil unserer Geruchsattacke ist, dass der Mensch auf Gerüche sofort reagiert, ohne erst diese Geruchsinformation im Gehirn vorher analysieren zu müssen. Das bedeutet: Riecht ein Mensch aus dem deutschen Kulturraum zum Beispiel Zitronenduft im Laden, assoziiert er sofort "Sauberkeit und Frische" damit. ......In Spanien würde man vielleicht besser Vanillenduft im Laden versprühen oder im Bereich der Reinigungsmittel leichten Chlorgeruch. .....Wichtig ist natürlich auch der Geschmackssinn. Dies gilt besonders für den Regalbereich, wo der Kaffee verkauft wird. Da sollte man durchaus mindestens einmal in der Woche eine Probeverkostung anbieten. Also man tut so, als dürften die Kunden verschiedene Kaffeesorten mal kostenlos ausprobieren. Man stellt dafür den Kunden eine Kaffeemaschine mit 0,1 Liter großen Papptrinkbechern hin. Die Kostprobe kann dann ein wesensfreundlicher Azubi zum Beispiel den vorbeilaufenden Kunden anbieten. Im Endeffekt hat das aber mehr im Sinn, dass sich der Duft von frisch aufgebrühtem Kaffee in diesem Verkaufsbereich ordentlich ausbreitet, somit für eine einkaufsfreudige Grundstimmung sorgt und der Kunde auch denkt, dass derjenige, welcher ihm schon was kostenlos anbietet, diesen im Restbereich des Geschäftes nicht übers Ohr hauen wird."

Pauli: "Was ja dann, wenn ich Ihrem Konzept folge, doch geschieht."

Dr. Prate (ein wenig empört): "Aber Hochwürden! Wir hauen doch niemanden übers Ohr! Das sind doch alles ganz normale Verkaufstricks, oder nennen wir diese besser Verkaufstechniken, welche in abgewandelter Form schon seit Jahrhunderten auf der gesamten Welt in allen Kulturen und Wirtschaftsbereichen so angewandt werden. Wir hatten doch vorhin schon deutlich erarbeitet, dass wir die SOM Märkte nur dann rentabel führen können, wenn wir uns den knallharten Gesetzen des Verkaufs und des erbarmungslosen Marktes nicht entgegenstellen. Und Herr Pauli seien Sie mal ehrlich. Wie ist denn Ihre Messfeier aufgebaut? Na? ......Die strotzt doch nur von multisensorischen Effekten. Den Sehnerv des Gläubigen erfreuen Sie mit Ihrem festlichen Gewand, welches Sie als Priester tragen und mit dem Blumenschmuck des Altarbereiches. Sie legen Ihren Schäfchen die Hand aufs Gehirn und diese geben sich gegenseitig die Hand in der Messe, womit wir den haptischen Bereich abgedeckt hätten. Der Gesang und die Orgel während der Messe stimulieren den Hörnerv und die verteilten Hostien den Geschmackssinn. Ganz zu schweigen vom Weihrauch! Da geht es bei Ihnen doch geruchssensorisch richtig zur Sache! Oder nicht?

Pauli (leicht empört): "Wollen Sie damit andeuten, dass unsere heilige Messfeier nichts anderes ist, als.......?"

Dr. Prate: "Genau! Bitte verstehen Sie mich jetzt nicht falsch, aber in gewisser Hinsicht verkaufen Sie auch etwas. Und als Gegenleistung erhalten Sie dafür Kirchensteuern und Spenden der Gläubigen. ........... Aber weiter.... Wenn der Kunde durch die Laufbahnstrecken des Marktes mit seinem Einkaufswagen fährt, müssen in regelmäßigen Abständen Sonderangebotskörbe mehr oder weniger so im Weg stehen, dass der Kunde um diese herumfahren muss. In diesen Körben werden Waren mit großen farblich auffällig gestalteten Angebotsschildern zum Kauf angeboten, welche den Eindruck eines Sonderangebots erwecken müssen. Damit der Konsument nicht merkt, dass dort gar keine Sonderangebotspreise vorliegen, dürfen qualitativ und quantitativ vergleichbare Waren natürlich nicht in Nachbarregalen, in unmittelbarer Nähe des Aktionsstandes, auch angeboten werden."

Pauli: "Ja warum denn nicht?"

Dr. Prate: "Na, da der Käufer sonst die örtlich zu dicht beieinanderliegenden Waren miteinander vergleichen kann und schnell merkt, dass das großmäulig angepriesene Superschnäppchen in Wirklichkeit keins ist."

Pauli: "Also, irgendwie ist mir nicht wohl bei der ganzen Sache, Herr Dr. Prate. Der Käufer wird hier von uns doch langsam zum hirnlosen Einkaufsfetischisten degradiert. Ich habe so meine Zweifel, ob das vor unserer Moral- und Glaubenslehre noch zu vertreten ist."

Dr. Prate: "Was wäre die Alternative Herr Pauli? Die SOM machen alle dicht und die Mitbewerber leben weiter und zahlen Pacht an die Kirche. Eine Pacht, welche genau durch die Verkaufstricks erwirtschaftet wird, welche Sie bei SOM ablehnen. Also Ihre Vorgesetzten haben offensichtlich weniger Skrupel."

Pauli: "Also ich weiß wirklich nicht, ........aber fahren Sie mal fort."

Dr. Prate: "Kommen wir zur Hintergrundmusik. Also zur Kaufhausmusik. ...... Hier habe ich bei einer Begehung einer SOM Filiale festgestellt, dass dort diesbezüglich Grabesstille herrschte. Das ist schlecht! Das Abspielen von leiser Musik im Hintergrund, welche thematisch natürlich zu den Angeboten passt, ist unverzichtbar. Also, zum Karneval spielt man Karnevalsmusik ab, damit die Käufer Kostüme, Alkohol, Luftschlangen und Süßigkeiten verstärkt kaufen. Will man Lebensmittel, wie Wein z. B. aus dem spanischen Kulturraum verkaufen, spielt man andalusische Flamenco Musik über die Lautsprecher ab."

Pauli: "Und zur Weihnachtszeit natürlich Weihnachtslieder! Zum Beispiel "Ihr Kinderlein kommet...., Nikolaus komm in unser Haus....., Stille Nacht heilige Nacht." Da haben Sie recht Herr Dr. Prate, dass müssen wir auf jeden Fall für die Zukunft ändern."

Dr. Prate: "Völlig richtig Herr Pauli, gerade die Weihnachtszeit ist einer der wichtigsten Zeitpunkte im Geschäftsjahr, wo der größte Umsatz erzielt wird. Damit dies auch funktioniert, müssen die SOM entsprechend geschmückt werden. Hier haben wir die Nase vorn, wenn wir z.B. einen schön geschmückten Weihnachtsbaum mit Krippe im Eingangsbereich aufstellen. Die Leute kommen rein ins Geschäft, hören über die Lautsprecher "Ihr Kinderlein kommet...", denen wird sogleich warm ums Herz,........ dann erblicken diese den Tannenbaum und schon entsteht in deren Unterbewusstsein das Verlangen Baumkuchen, Glühwein, Printen, Spekulatius, Erdnüsse und Pfeffernüsse zu kaufen. Und wenn dann auch noch Kleinkinder im Schlepptau mitgebracht werden, welche für so eine Verkaufsatmosphäre manchmal noch anfälliger sind, dann ist es mit der Kaufdisziplin spätestens im Kassenbereich ganz vorbei. Auch wurde festgestellt, dass sich ein Weihnachtsmarkt und auch Weihnachtsdekoration aggressionsreduzierend in sozialen Brennpunkten auswirken kann. Das käme zumindest einem der SOM Märkte zusätzlich zu Gute."

Pauli: "Warum erlischt die Kaufdisziplin im Kassenbereich?"

Dr. Prate: "Weil wir den Kassenbereich so gestalten, dass wir linker Hand, vor der Kasse, ein besonders langes Warentransportband installieren. Unter diesem Band und direkt rechts gegenüber haben wir dann Regale, welche in praktischer Griffhöhe von Kleinkindern Süßigkeiten anbieten, welche so verpackt sind, dass das quengelige Kleinkind diese mit einer Hand gut greifen kann und diese dann, wenn Mama durch das Laufbandgeschehen abgelenkt ist, zielsicher in den Einkaufskorb oder noch besser direkt aufs Transportband werfen kann."

Pauli: "Ja aber, damit kann man doch erfahrene Mütter nicht reinlegen."

Dr. Prate: "Normalerweise nicht, aber wir sorgen natürlich durch geschickte bautechnische und organisatorische Konstruktionen dafür, dass sich regelmäßig vor der Kasse ein ungeduldiger Käuferstau bildet, indem wir zum Beispiel möglichst wenig Kassen gleichzeitig aufmachen. Dies führt bei den Müttern zu Stresssituationen, da diese u. a. gleichzeitig auf ihre Kinder, auf dass was in die Kasse eingescannt wird und auf ungeduldige Drängler, welche denen von hinten Einkaufswagen schmerzhaft in die Fußhacken schieben, achten müssen. Dadurch scheuen sich viele in diesem Moment auch noch lange öffentliche Diskussionen, ob nun etwas gekauft wird oder nicht, mit ihren Kindern direkt im Kassenbereich zu führen. Vielen ist das auch peinlich. Auf die vernaschten Kinder können wir uns diesbezüglich immer verlassen, diese haben in der Regel die stärkeren Nerven."

Pauli (sich die Haare raufend): "Oh oh! Was kommt da auf die SOM nur zu?...... Aber kommen wir noch mal zur Weihnachtszeit zurück. Hier muss ich darauf hinweisen, dass wir auch sehr viele Käufer mit Migrationshintergrund haben, welche vom Weihnachtsfest vielleicht nicht viel halten und welche sich vielleicht an unserer Symbolik stören werden. Wobei ich darauf hinweisen möchte, dass ich am Liebsten das ganze Jahr über Weihnachten feiern würde, da dann auch die Messen in den Kirchen besser besucht werden."

Dr. Prate: "Da sprechen Sie einen interessanten Punkt an. Hier schlage ich vor, dass wir testweise Mal eine Zeit lang nur eine SOM Filiale als Versuchsfläche verwenden."

Pauli: "Was haben Sie dort vor?"

Dr. Prate: "Was sagen Sie zu zwei Mottoverkaufsbereichen, vielleicht in zwei separat abgetrennten Seitenräumen eines SOM, mit der Devise Nummer 1 für Raum 1:

"Der Herr ist immer für uns da
Weihnacht 365 Mal im Jahr"

Und Devise Nummer 2 für Raum 2:

"Zu lang ist des Jahres Rest,
drum feiert täglich Zuckerfest."

Pauli: "Häää? Was wollen Sie mir damit sagen?"

Dr. Prate: "Wir richten zwei 365-Tage Weihnachts- und Zuckerfest-Fan-Verkaufsbereiche ein, in denen das ganze Jahr über Zuckerfest- und Weihnachtsartikel angeboten werden. Und die Slogan, welche ich eben zusammengedichtet habe, welche wir natürlich noch ändern können, die drucken wir je auf ein Transparent, welches wir über die beiden Eingänge der 365-Tage-Weihnachts- bzw. Zuckerfest Dauerverkaufsräume anbringen."

Pauli: "Das ist jetzt nicht Ihr Ernst? Oder?"

Dr. Prate: "Warum nicht? Warum nicht mal neue Wege gehen? Haben Sie nicht auch schon bemerkt, dass immer mehr Geschäfte schon im September eines Jahres mit der Weihnachtsdekoration anfangen?"

Pauli: "Ja. Doch. Aber das ist doch blöd! Kaum ist Weihnachten vorbei, geht es dort mit den Ostereiern los."

Dr. Prate: "Ja, sicherlich! Das sagen viele Kunden auch. Aber wissen Sie, was das Lustige daran ist?"

Pauli: "Nein."

Dr. Prate: "Gerade die Konsumenten, welche sich darüber mokieren, kaufen das Meiste dort ein. Außerdem hat so ein permanenter Weihnachtsbereich, wie schon erwähnt, auch eine nachgewiesene aggressionsreduzierende Wirkung auf Verkaufsmärkte, welche sich örtlich in sozialen Brennpunkten befinden. Und das dann das ganze Jahr über. Bedenken Sie nur mal, wie viele Polizeieinsätze dadurch im Jahr vielleicht überflüssig werden."

Pauli: "Ja, dies wäre natürlich eine echte Verbesserung. Damit bekämen wir die Probleme mit unserem SOM am Hauptbahnhof vielleicht besser in den Griff. Da gibt es regelmäßig Randale. Auch ein paar Massenschlägereien hatten wir da schon im Laden. Dabei sind schon in der Vergangenheit eine Menge Regale kaputt gegangen. Und nach einem Fußballspiel haben die Fans uns vor zwei Jahren sogar den halben Laden ausgeplündert. Wollen wir nicht hoffen, dass diese zukünftig dann den 365-Tage-Dauer-Weihnachtsverkaufsraum stürmen und dort Printen klauen und mit den Jumbo-Christstollen aufeinander eindreschen.

Dr. Prate: "Ja, dass sollte natürlich nicht geschehen. Aber, wie gesagt, dass soll ja zunächst einmal nur eine Testlauf sein. Wenn es nicht funktioniert, dann ändern wir das wieder."

Pauli (mit müder Stimme): "Oh Gott, oh Gott Herr Dr. Prate, lassen Sie uns für heute aufhören, mir brummt schon der Schädel."

Dr. Prate: "Okay, für heute soll es genug sein. Aber zu guter Letzt, was machen wir nun mit der "Secret Delight " Ware Hochwürden?"

Pauli (frustriert): "Notfalls verkaufen wir eben auch das Zeug. Von unserer einstigen Gründungsidee der "Supermärkte der Barmherzigkeit" bleibt ohnehin nicht mehr viel übrig."

Dr. Prate: "Das sehe ich genauso. Niemand wird, nach der Umstrukturierung und nach dem Abschluss der Umbauarbeiten noch auf die Idee kommen, dass die Kirche hinter den SOM als Träger steckt. Da können Sie sicher sein Herr Pauli!"

Pauli: "Aber irgendeinen sozialen Sinn sollten die SOM doch auch in Zukunft noch erfüllen können. Fällt Ihnen dazu nichts ein? Bitte!"

Dr. Prate: "Ja! Kein Problem! Lebensmittel, welche kurz vor dem Verfall-barkeitsdatum stehen werden wir natürlich weiterhin kostenlos an die TAFEL der Stadt verschenken. Wir sparen uns dadurch Entsorgungskosten und andere freuen sich darüber. Natürlich lassen wir uns zukünftig über die jeweilige Höhe dieser Naturalspende eine Spendenquittung ausstellen, damit wir das beim Finanzamt später absetzen können. Auch wäre es überlegenswert das sogenannte Containern zu erlauben. Damit wäre es keine Straftat mehr noch essbare Lebensmittel aus dem Müll des SOM zu holen."

Pauli: "Eine Quittung? Ist das Ihr Ernst? .....Gibt es eigentlich etwas, vor dem Sie bei Sanierungen zurückschrecken Herr Dr. Prate?"

Dr. Prate: "Wenig! Sehr wenig! Nicht ich schreibe die Gesetze des wirtschaftlichen Überlebens Herr Pauli, der Markt selbst diktiert uns diese."

Erstellen Sie Ihre Webseite gratis! Diese Website wurde mit Webnode erstellt. Erstellen Sie Ihre eigene Seite noch heute kostenfrei! Los geht´s