FOTOGALERIE

Die Vernissage 1
- Satire -


Bewahre, was dir vertraut ist, und meide die ungeistlichen, losen Geschwätze und das Gezänke der falsch berühmten Kunst, (1. Timotheus 6.20)
 

Waren Sie schon einmal auf einer Vernissage eingeladen?

Also auf so einer Ausstellung bzw. Präsentation von Bildern eines noch lebenden Künstlers in gediegener Atmosphäre und Anwesenheit von oft beratungsresistenten Mitgliedern des Besitzbürgertums?

Wenn nein, dann folgen Sie meinem nachstehendem Erlebnisbericht über die Teilnahme an einer solchen Kunstausstellung, damit auch Sie sich in Zukunft bei solchen Veranstaltungen "sicher bewegen" können und stets eine gute Figur abgeben. Vor ca. 10 Jahren erhielt ich einen Brief von meinem Bischof Dr. T. Abernakel mit folgendem Wortlaut:


Lieber Bruder Pauli!

Unser Herr geht, wie uns bekannt ist, auch auf krummen Wegen immer gerade.
Nicht immer ist uns sofort klar, was er mit seinen Weisungen an uns bezweckt. Zufälliges, was uns ereilt oder was wir in unserem Posteingang des Morgens finden, ist oft nicht ein Produkt der Moira, sondern hat auch immer einen höheren Sinn, welchen wir im Einzelnen vielleicht erst später erkennen.
Als Anlage übersende ich Dir, lieber Bruder Pauli, die Einladungskarte zu einer Vernissage des Nachwuchskünstlers Ribald Puschinsky, welche ich vom renommierten Kunstmäzen und Industriemagnaten Professor Michael Ferdinand von Riefenbach erhalten habe, mit der Bitte diesen Termin für mich wahrzunehmen. Ich selbst bin bedauerlicherweise an diesem Termin verhindert und werde Dir meinen Dienstwagen mit meinem Chauffeur zur Verfügung stellen, damit Du zu gegebener Zeit, gekleidet im angemessenen Ornat, vor Ort unsere Kirche und auch mich repräsentieren kannst.
Der Herr segne Dich!

Mit brüderlichen Grüßen
Dr. T. Abernakel


Ich staunte damals nicht schlecht, dass man gerade mich zur Teilnahme an dieser Präsentation von Kunst auserwählt hatte, und war schon ein wenig stolz auf die mir übertragene Aufgabe.
Am Abend der Vorstellung klingelte es pünktlich an der Tür der Sakristei und der Chauffeur des Bischofs fuhr mich zügig, im pechschwarzen Totenwagen ähnlichen Dienstdaimler, zur Ort der Veranstaltung, einem alten gotischen Herrensitz mitten im Naturschutzgebiet, am Rande der Stadt, erbaut in herrschaftlicher Bauweise. Wieder einmal grübelte ich bei dieser Gelegenheit über die Frage nach, wie man in einem solchen Schutzgebiet eigentlich an eine Baugenehmigung kommt. Aber ich verwarf diesen Gedanken schnell wieder, da mir einfiel, dass nicht weit von diesem Herrensitz entfernt auch Dr. T.Abernakel vor kurzem gebaut hatte. Es wird somit schon alles seine Richtigkeit haben.

Kaum aus dem Wagen ausgestiegen kam auch schon eine weibliche Servicekraft mit Häubchen auf mich zu und drückte mir ein Glas prickelnd sprudelnden Champagner in die Hand, welches diese von einem großen Tablett herunternahm, das sie mit einer Hand geschickt durch die Reihen der Ankommenden jonglierte. Schon hier sei darauf hingewiesen, dass man ein solches Glas nicht im Bereich des Kelches gierig mit den vielleicht auch noch fettigen Fingern umklammert, sondern nur im Bereich des Glasstiels berührt und festhält. In der Regel wird am Glas auch nur kurz genippt und nicht gleich der gesamte Inhalt Trunkenbold mäßig die Kehle heruntergeschüttet, vor lauter Angst man könnte andernfalls kein Zweites mehr angeboten bekommen.
Eine große Treppe, welche anfangs unten sehr breit war und sich dann nach oben immer mehr verjüngte, führte zum Eingang des hell erleuchteten Gebäudes hinauf.
Zum Eingang schoben sich zahlreiche Gäste hoch, teilweise sportlich leger gekleidet, bisweilen jedoch auch mit Anzug und Fliege ausstaffiert, die Ehefrau im langen Abendkleid im Schlepptau.

Hier zeigte sich ein gewisser grundsätzlicher Vorteil, wenn man Geistlicher ist. Man kann praktisch zu jeder festlichen Gelegenheit mit Soutane und Zingulum erscheinen, ohne dass jemand die Etikette dadurch je verletzt sieht.

Oben am Eingang angekommen wurde man von einer breitschultrigen Security-Kraft gebeten, die Einladungskarte vorzuzeigen. Diese wurde kurz geprüft und der jeweilige Name des Gastes wurde in einer Papierliste vom Sicherheitsmann abgehakt. Dann bekam man eine Namenskarte überreicht, welche man mit einer kleinen Sicherheitsnadel auf der linken Brustseite zu befestigen hatte.

In der ca. 200 Quadratmeter großen Empfangshalle, welche von großem Stimmengewirr der zahlreichen Kunstfreunde akustisch bereits stark erfüllt war, wurde man vom Gastgeber Professor Michael Ferdinand von Riefenbach, nebst der ca. zwanzig Jahre jüngeren und grell geschminkten Ehefrau mit üppigen Dekolleté, persönlich begrüßt.

Mich verwunderte es nicht, hier illustre Lokalprominenz aus Medizin, Kultur, Presse, Politik und Sport zu sehen, wie z. B. Dr. Felix Gotenbach, seines Zeichens bereits leicht vergreister Supervisor eines großen Handelsunternehmens, oder auch Kommerzienrat Karl Friedrich von Ramberg nebst seiner aktuellen Mätresse. Ganz zu Schweigen vom vergreisten Professor Dr. U.Terus, ein ehemaliger EK1-Träger und Russlandkämpfer im Zweiten Weltkrieg und danach jahrzehntelang erfolgreich praktizierender Hautarzt und Proktologe, welcher durch sein Lebensmotto "ALLZEIT BEREIT UND IMMER FIT IM SCHRITT" überregional bekannt geworden war. Sein Buch "HORCH, WAS QUILLT VON DRINNEN RAUS!? HÄMORRHOIDEN IM SPIEGEL DER ZEIT" hatte diesen auch literarisch zum Durchbruch verholfen, obwohl es eine Zeitlang nur unterhalb der Ladentheke verkauft werden konnte. Begleitet wurde dieser vom Schönheitschirurgen Professor Dr. Zorro, welcher vor Kurzem den Biografie Bestseller geschrieben hatte: "EN GARDE! MEIN LEBEN ALS D'Artagnan DER CHIRURGIE."
Da war dann auch noch der renommierte Diplom-Psychologe Dr. Edmund Freudlieb, bekannt geworden durch seine sagenhafte Dissertation über suchtbedingtes Verhalten: "T(R)IPPER! SEILTANZ ZWISCHEN LOTTO UND LEIDENSCHAFT." Zu guter Letzt erkannte ich an einem Stehtisch noch den stadtbekannten Philosophen Dr. Felix Horkschleimer, welcher vor ein paar Jahren sein unvergleichbar tiefgründiges literarisches Meisterwerk "LICHTPUNKTE IM NICHTS. THEORIE UND PRAXIS DER VERSCHIEDENEN NICHTSE" erfolgreich publiziert hatte.

Nach der Begrüßung schlenderte ich, immer noch mit meinem Champagnerglas in der Hand, zu einem der in weißen Tuch eingehüllten Stehtische um mit mir völlig unbekannten Menschen Small Talk zu halten. Es ist üblich bei einer solchen Session, dass man sich zunächst nur über Belanglosigkeiten wie das Wetter (,,wird es wohl so bleiben oder nicht?"), den Anfahrweg (,,haben Sie gut hergefunden? Woher kommen Sie?"), die Beziehung zum Veranstalter und Künstler (,,ist man verwandt, verschwägert, gänzlich unbekannt..") miteinander unterhält. Schon an dieser Stelle sei angemerkt, dass solche verbalen Beschnuppereien u.a. dazu dienen, einen potenziellen Gesprächspartner (m/w) im Vorfeld auszukundschaften, mit dem man dann eventl. im Rahmen der After-Show-Party später tiefer ins Gespräch einsteigen kann. Auf keinen Fall sollte man diesen Small Talk mit verbalen Selbstmorderöffnungen vergiften und es zum Beispiel tunlichst unterlassen mit wildfremden Personen über die Definition des Wortes "Kunst" zu diskutieren und zu schwadronieren. Dies ist nämlich der sicherste Weg sich auf einer Kunstausstellung in Rekordzeit bei allen Anwesenden als Goa (Greenhorn of art) zu disqualifizieren. Wenn man zum Beispiel auf einem Bild nichts erkennt, dann ist es eben so. Solange man solche Einsichten, wie "das hätte meine vierjährige Tochter mit ihrem Pelikanfarbkasten auch hinbekommen" für sich behält, stört es keinen. Probleme auf einer Vernissage bekommt man erst, wenn man solche Gedanken dort öffentlich äußert.

Schon in der Eingangshalle fiel mir der voll bärtige Künstler Ribald Puschinsky auf. Also derjenige um den es hier ja eigentlich ging. Er trug leicht abgewetzte Jeans, eine Künstlerweste und eine Txapela leicht schief auf dem Kopf. Seine Baskenmütze hatte den Vorteil, dass man ihn sofort als den Künstler des Abends erkannte. Eigentlich fehlte ihm nur noch der hinter das Ohr geklemmte obligatorische Pinsel.
Relativ verloren wanderte dieser durch die große Halle, wurde hier und dort von Gästen angesprochen und befragt. Dann und wann schallte das laute meckernde Lachen eines Besuchers durch die Halle, da Puschinsky wohl eine witzige Bemerkung gemacht hatte, welche zur allgemeinen Heiterkeit beitrug.

Irgendwie sah Ribald aber nicht glücklich aus.

Plötzlich ertönte eine laute Glocke.

Es wurde sofort still in der Empfangshalle.

Im selben Moment öffnete sich eine riesige doppelflügelige Eichentür und wir Gäste wurden in einen großen Saal gebeten, an dessen Kopfende eine große Staffelei aufgebaut war, die anscheinend einen großen Bilderrahmen sicherte, welcher unter einem schwarzen Samt Tuch verborgen war.
Am rechten und linken Rand des Raumes waren zusätzlich bereits zahlreiche unverhüllte Bilder von Puschinsky aufgestellt, welche wohl auch zum Verkauf angeboten werden sollten. U. a. anspruchsvolle Aquarelle und Ölgemälde aus verschiedenen Schaffensjahren, auf denen man was erkennen konnte, aber auch unifarbene Standardwerke von erstaunlicher Simplizität, wie das Bild "Schwarzer Rabe in mondloser Nacht" für 5.000 Euro, "Weißes Pferd im Schnee" für 3.000 Euro und "Orange vor der Abendsonne" für 7.500 Euro.
Vor der geheimnisvollen Staffelei am Kopfende war ein Stehpult aufgebaut, hinter dem Professor Riefenbach stand. Links neben ihm hatte sich der Künstler Puschinsky, mit dem Gesichtsausdruck eines "armen Sünders" positioniert. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass diesem die noble Veranstaltung etwas peinlich war.

Riefenbach ergriff ein kleines Glöcklein vom Pult und schüttelte es ein wenig. Das Erklingen der Glocke signalisierte den Gästen, dass nun die Show begann. Es wurde mucksmäuschenstill im Saal.

Riefenbach: ,,Liebe Gäste und Freunde zeitgenössischer Kunst, wir haben uns heute hier zusammengefunden und es ist mir auch eine besondere Freude, Ihnen heute Abend Ribald Puschinsky und seine Werke vorstellen zu dürfen. ..........Wer ist Ribald Puschinsky?.......Diese Frage stellen sich auch seine Freunde und Förderer immer wieder, da Puschinsky als Maler, Bildhauer und Aktionskünstler ständig an seiner eigenen Legende arbeitet, sich ständig verwandelt, neu definiert und in seinen Werken neu erfindet. Was gestern noch Kubismus war, kann sich morgen schon als irreale transformierte abstrakte Kunst auf einen seiner Leinwände wiederfinden...... Ja!.... Ribalb Puschinsky ist ein würdiger Vertreter der Postmoderne, ...........ein Rabiator der Leinwand, ........der es schafft den kühlen Rationalismus und Funktionalismus, durch konzeptionelle Transformation, jederzeit in seinen verstofflichten mentalen Produkten neu zu definieren. ..........Neu, so fiel mir auf, ist seine aktuelle künstlerische Hinwendung zur Kritik an der sozialen Realität in der der Mensch an sich, ......ich, ......sie, ........wir alle, .......aber auch selbstkritisch Ribald Puschinsky selbst, sich befindet........... Ribald schaut nicht weg!........ Nein, er nimmt in seinen neuen Werken den Kampf gegen das beratungsresistente Besitzbürgertum auf und fordert den Betrachter durch seine künstlerischen Produkte zur Stellungnahme und gesellschaftlichen Positionierung auf....Er malt nicht "grau", sondern "schwarz" gegen "weiß" und verfolgt somit vielleicht auch eine fast religiöse Strategie, welche sich in Matthäus 5,37 wiederfindet, wo da in etwa steht: "Eure Rede aber sei: Ja oder nein. Was darüber ist, das ist vom Übel". "

Nach diesen einleitenden Worten, zog Riefenbach das schwarze Samttuch, welches Puschinskys neues Werk zunächst optisch verbarg, mit einem Ruck herunter.

Ein lautes Raunen ging durch den Saal.

Riefenbach: ,,Meine Damen und Herren! Lassen wir das Bild kurz auf uns einwirken."
Riefenbach drehte den Gästen den Rücken zu und schien im enthüllten Bild geistig zu versinken.

Ich glaube, ich war in diesem Moment der Einzige, welcher bemerkte, dass Ribald, noch immer wie ein Ölgötze neben dem Rednerpult stehend, tief schluckte und sich die Baskenmütze so tief ins Gesicht schob, dass nur noch die Nasenspitze hervorlugte.
Nach einer Minute der Besinnung drehte sich Professor Riefenbach wieder zum Publikum um und ergriff erneut das Wort.

Riefenbach (mit hoch engagierter Stimme): ,,Liebe Freunde! Zunächst erschlug mich das Bild mit seinem krassen Kontrast aus Schwarz und Weiß, als ich es zum ersten Mal sah....Was sehen wir hier?....Lassen Sie es mich kurz erklären....Wir sehen ein quadratisches Bild, welches in 4 Unterquadrate mit identischer Flächengröße aufgeteilt ist. Das schwarze Quadrat oben links korrespondiert mit dem schwarzen Quadrat unten rechts. Das weiße Quadrat oben rechts korrespondiert mit dem weißen Quadrat unten links. Der einzig vorhandene diagonale schwarze Strich, welcher von unten links nach oben rechts gezogen wurde, schafft eine Situation der Divergenz und Ambivalenz, eine optisch bildtechnische Trennung der weißen Flächen. ....Die schwarzen Flächen scheinen von dieser diagonalen Linienführung unberührt zu sein. Während die weißen Teile durch diese gespaltet werden, treten die zwei schwarzen Flächen anscheinend als harmonische Einheit auf. .......Bevor ich aber zur weiteren noch differenzierteren Interpretation des Kunstwerkes komme, möchte ich darauf hinweisen, dass ein Rechtshänder, wie Ribald Puschinsky, ein räumliches Gefälle immer durch eine diagonale Linie, welche von oben links nach unten rechts führt, skizziert und in Opposition dazu eine räumliche Steigung durch eine, in diesem Fall schwarze Linie, von unten links nach oben rechts mit dem Pinsel realisiert.......Was bedeutet das für das Bild?..........Nun, der Strich ist von schwarzer Substanz und nur durch diesen wird die Homogenität, die gerechte Farbverteilung, zwischen Schwarz und Weiß zugunsten des Schwarzen verschoben. .....Wohin wird es verschoben?....Na?.....Wie schon oben erwähnt, befindet sich das Schwarze durch die schwarze Diagonallinie im Prozeß einer Steigung.....Das Schwarze emanzipert sich vor dem Weißen mit steigender Tedenz. .........Beachten Sie bitte das eben Gesagte und auch das Bild.....Erkennen Sie unten rechts die Signierung "RP -28-08-1963"?...."RP", dass ist uns allen klar, ist das Akronym für Ribald Puschinsky, aber was bedeutet der Name des Bildes "28-08-1963" im Kontext zu seiner kontrastgeschwängerten schwarz-weiß Komposition?......Hat jemand eine Idee?....Ich will Ihnen, liebe Freunde der Kunst, einen Tipp geben.....Geben Sie diese Zahlenkombination mal in eine Internetsuchmaschine ein. .....Was meinen Sie, was da rauskommt...Ich will es Ihnen sagen. Heraus kommt als Topsuchergebnis, dass dies das Datum ist, an dem Martin Luther King einst verkündete: "Ich habe einen Traum!" "

Das hatte gesessen!

Ein erneutes anerkennendes lautes Raunen ging durch den Saal.

Zuhörer (m/w) drehten die Gesichter zueinander und fingen wild miteinander zu diskutieren an.

Riefenbach, zweifellos ein Vollprofi seines Faches, lies dies 2 Minuten lang zu. Dann ergriff er wieder das Glöcklein und lies es diesmal laut erklingen.
Nachdem wieder Ruhe eingekehrt war, fuhr er mit seiner Interpretation fort.

Riefenbach (mit eindringlicher Stimme): ,,Dieses Bild stellt die politische Situation in den USA dar, welche sich ab diesem Datum für die Relation zwischen "Schwarz" und "Weiß" neu ergab. Das Zeitalter der amerikanischen Sklaverei wurde an diesem Tag, für Puschinsky, endgültig beendet. Die Farbigen füllten, genauso wie die Farbflächenverteilung des Bildes es schon andeutet, zukünftig eine gleichberechtigte Position, neben der historischen Arroganz des "Weißen Mannes" bzw. der "Weißen Frau" aus....Aber, Ribald Puschinsky zeigt in seinem Bild auch, dass er sich darüber im Klaren ist, dass der Weg bis zur endgültigen Emanzipation noch etwas dauern wird....Mit der diagonalen schwarzen Trennungslinie deutet er diesen Prozess an. .........Die schwarze Linie, wie schon eingangs gesagt, führt von unten links nach oben rechts. Sie deutet also eine Steigung an.....und....vielleicht auch ein Ziel...., ein Ziel was noch erreicht werden muss.........Verknüpfen wir mental diese Linie doch einmal mit den uns bekannten politischen Ausrichtungen zwischen "Rechten" und "Linken" Idiologismus. Ist es dann verkehrt hier zu unterstellen, dass die schwarze Diagonallinie, welche von unten "Links" nach oben "Rechts" führt, gleichzeitlich eine Versinnbildlichung der politischen Auseinandersetzung zwischen den Anhängern von Martin Luther King und Malcolm X darstellt?"

Nun war es ganz vorbei!

Die Zuschauer fingen plötzlich an fast extatisch zu applaudieren. Es wurde so laut, dass man sein eigenes Wort im Raum nicht mehr verstand.
Im Donner dieser "Standing Ovations" ging Riefenbach spontan auf Puschinsky zu, nahm diesen in den Arm, drehte sich mit diesem dem tosenden Publikum zu und sagte laut und aufmunternd zu Ribald:"Herr Puschinsky?! Das ist Ihr Applaus!!"

Puschinsky verneigte sich. Einmal. Zweimal. Dreimal.

Riefenbach betätigte wieder die Glocke. Es wurde wieder still und er fuhr fort zu sprechen.

Riefenbach: "Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen mitteilen, dass mir Herr Puschinsky zugesagt hat, dass der Erlös für dieses Bild zu einhundert Prozent an die Pfarre von Pater Pauli geht. Die Auktion ist hiermit eröffnet. Sie können Ihre Gebote auf die kleinen Kärtchen schreiben, welche sie am Eingang erhalten haben und diese dann in die Ergebnisbox an der Eingangstür einwerfen. In genau einer Stunde, werde wir das Ergebnis bekannt geben."

Wieder gab es tosenden Applaus!

Auch ich klatschte völlig überrascht von dieser versprochenen Wohltat für meine Gemeinde wie wild eine Minute lang in meine Hände. Also mit dieser Überraschung hatte ich gar nicht gerechnet. Das konnte doch alles nicht wahr sein, dass ich, ich meine natürlich meine Gemeinde, auch mal Glück im Leben hatte. Was würde wohl als finanzielles Ergebnis aus der Versteigerung herauskommen? Wir brauchten unbedingt neue Gebetbücher. Die Kirchenbänke mussten auch renoviert werden. Ganz zu schweige vom hölzernen Glockenturm in dem sich der Holzwurm breit gemacht hatte.....Was ein Segen des Herrn!!
Spontan lief ich auf Puschinsky zu, drückte ihn fest mit beiden Armen, und stotterte: ,,Danke! Danke! Wie können wir Ihnen das nur wieder gutmachen? Soll ich Ihnen am Montag vielleicht eine Messe lesen?"

Puschinsky (mit seltsam unsicherer Stimme):,,Herr Pauli, vielleicht könnte ich bei Ihnen ja die Beichte ablegen. Das müsste aber hier sofort unter vier Augen geschehen. Im Nachbarzimmer wären wir ungestört."

Selbstverständlich stimmte ich sofort zu.

Puschinsky nahm mich am Arm und schob mich durch die Menschenmenge auf eine kleine Tür zu, durch welche wir in einen kleinen Nebenraum schlüpfen konnten. Im provisorischen Beichtraum angekommen, verschloss er mit dem Schlüssel die Tür von innen, sodass wir ungestört waren.

Puschinsky: ,,Herr Pauli,....äh äh äh..., da gibt es etwas was ich Ihnen, bevor Sie das Ergebnis der Versteigerung mit nach Hause nehmen, noch gestehen muss."

Pauli (im wohlwollenden Tonfall): ,,Was es auch sei! Schon unter Lukas 7,48 steht ja geschrieben: ,,Dir sind deine Sünden vergeben!"

Puschinsky: ,,Ähhh, ich weis gar nicht, wie ich es sagen soll, aber das Bild, was Herr Riefenbach so toll interpretiert hat, ist nicht das, was es scheinbar ist, bzw. seien soll."

Pauli (die Stirn runzelnd): ,,Das muss ich jetzt nicht verstehen, oder?"

Puschinsky (im verzweifelten Tonfall): ,,Dann sag ich es jetzt mal laut und deutlich. Das Bild wurde versehentlich vertauscht. Es ist nicht das Richtige!"

Pauli: ,,Ja aber, wie konnte es dazu kommen?"

Puschinsky: ,,Als Riefenbach es aus meinem Atelier abgeholt hat, war ich umständehalber nicht anwesend. Meine Schwester hat dem das falsche Bild in die Hand gedrückt und ich habe das erst bemerkt, als ich hier zeitlich kurz vor Ihnen angekommen bin. Ich bin von einer Reise gekommen und direkt hierhin gefahren ohne noch einmal vorher im Atelier gewesen zu sein."

Pauli (nun entsetzt): ,,Ja, aber warum haben Sie das dem Riefenbach denn nicht gesagt?"

Puschinsky: ,,Warum wohl? Der hatte sich doch schon tagelang vorher auf seine heutige Rede vorbereitet und ist zudem mein bedeutendster finanzieller Unterstützer. Hätte der alle Gäste, kaum hier angekommen, gleich wieder ausladen sollen? Das wäre ein Skandal gewesen. Und stellen Sie sich einmal vor, Riefenbach hätte durch mein Geständnis erkannt, dass seine gesamte Interpretation ohne Hand und Fuß ist. Wie hätte der dagestanden, wenn das auch noch an die Öffentlichkeit gedrungen wäre?"

Pauli: ,,Was für ein Kunstwerk ist das den in Wirklichkeit?"

Puschinsky (fast im Flüsterton): ,,Es handelt sich hier in Wirklichkeit um eine 08/15 Arbeit, welche ich im Rahmen einer Ausschreibung der Deutschen Bundesbahn als Vorschlag angefertigt hatte. .......Gesucht wurde von der Deutschen Bundesbahn im Rahmen der Ausschreibung, der Gestaltungsvorschlag für eine neue Bahnstreckenhinweistafel: "Aufhebung sämtlicher Streckengebote", anlehnend an das amtliche Streckenneigungssignal "Nebensignal Ne12", welches dem Zugführer signalisieren soll, dass in der nächsten Zeit der Schienenverlauf vertikal und horizontal weder Steigung noch Gefälle hat und er mit Erreichen des Schildes mit seinem ICE endlich Vollgas geben kann. Gemäß den Ausschreibungsbedingungen war jeder Vorschlag zur Vermeidung von Verwechslungen unten rechts mit einer Registrierungsziffer zu versehen. Ich hatte von der zuständigen Bundesbahnverwaltung die Registrierungsnummer 28-08-1963 zugeteilt bekommen. Rein zufälligerweise ist der 28.08.1963 der Tag an der Martin Luther King in Washington D.C. seine weltberühmte "I have a dream" Großdemonstration abgehalten hatte."

Pauli: ,,Ich fasse es nicht! Das darf doch alles nicht wahr sein. Warum haben Sie den diesen Vorschlag für die Bundesbahn auch noch in Öl gemalt? Das ist doch völlig ungewöhnlich."

Puschinsky: ,,Ich wollte etwas unorthodox vorgehen, damit unter den vielen anderen Vorschlägen meiner der Jury vielleicht gleich positiv auffällt."

Nach diesem Bekenntnis sahen wir uns beide eine Zeit lang nur sprachlos und ratlos an.
An der Tür klopfte es plötzlich heftig und eine mir unbekannt Stimme rief von draußen: ,,Kommt raus! Das Gebot liegt bereits bei 85.000 Euro!"

Puschinsky: ,,....Ich kann das nicht! Herr Pauli, ich kann da jetzt nicht rausgehen. Immer bin ich ein gottesfürchtiger und ehrlicher Maler gewesen. Das ist Betrug! Oder nicht?"

Ich sah damals meine Felle wegschwimmen. Endlich hatte ich die Chance für meine Gemeinde Zigtausend Euro zu ergattern und nun sollte alles in einer Luftblase zerplatzen? Das konnte es nicht gewesen sein. Es musste eine Lösung her. Und zwar schnell, bevor Puschinsky schlappmachte.

Pauli: ,,Lieber Ribald, Du sagtest doch eben, dass Du ein gottesfürchtiger Mensch bist. Das bedeutet, dass Du den Weisungen unseres Herrn bedingungslos Folge leisten wirst. Oder habe ich Dich falsch verstanden?"

Puschinsky: ,,Nein. Ich werde tun, was der Herr mir aufträgt. Ohne Wenn und Aber."

Pauli: ,,Das ist gut und recht! Hast Du Dir schon einmal Gedanken darüber gemacht, dass unser Herr "auf krummen Wegen trotzdem gerade gehen" kann?"

Puschinsky: ,,Bis heute wusste ich nur, das der über Wasser laufen konnte, wenn er das Wasser nicht vorher zu Wein gemacht hatte. .............Wie ist das zu verstehen?"

Pauli (mit eindringlich suggestiver Stimme): ,,Es ist doch kein Zufall, dass wir beide uns hier und heute unter solchen Umständen treffen. Das ist Prädestination. Der Herr hat es vorherbestimmt. Und der Wille des Herrn ist von uns zu befolgen. ........Wir gehen jetzt da raus, Du lässt Dich feiern und ich nehme den Scheck mit dem Versteigerungserlös dankbar in Empfang. Damit hast Du dich persönlich ja gar nicht einer Unwahrheit, welche ja eigentlich nur ein Versehen ist, schuldig gemacht. Wenn Du das nicht machst, dann widersetzt Du Dich dem Willen des Allmächtigen. Das hätte harte Konsequenzen für Dich. Du kannst auch Deinem Gönner Riefenbach nicht in den Rücken fallen. Der hat doch sicherlich unendlich viel für Dich schon getan. Man hakt nicht die Hand ab, die einen füttert. Es wäre geradezu asozial hier mit zuviel irdischer Wahrheitsliebe einen Skandal zu produzieren. Das würde unserem Herrn gar nicht gefallen."

Puschinsky (nachdem er kurze Zeit noch nachgedacht hatte):,,Okay! Ich mache das! Es hat ja alles keinen Zweck. Wir müssen das jetzt hier durchziehen."

Ich öffnete überglücklich über diese Erkenntnis des Künstlers die Tür und schob Ribald mit sanfter Gewalt in die schon ungeduldig wartende Menschenmenge.
Das höchste Gebot mit letztendlich 90.000 Euro hatte der Veganer, Privatier und frühere Betreiber eines Schweinegroßmastbetriebes Felix Grunzhausen abgegeben, welcher dadurch bekannt geworden war, dass er auf die Anfrage eines Wirtschaftsmagazins "Wie seine Vertriebslogistik eigentlich ausgerichtet wäre", lapidar einmal geantwortet hatte: "Was heute noch saugt an des Sauens Zitzel, ist morgen schon ein Wiener Schnitzel."
Nachdem ich den Scheck in Empfang genommen hatte, hatte ich noch einmal etwas später Gelegenheit ein paar vertrauliche Worte mit Ribald zu wechseln.

Puschinsky (mir ins Ohr flüsternd): ,,Wissen Sie Pater Pauli, etwas ist doch seltsam. Da ersteigert ein Veganer, welcher seinen Reichtum absurderweise mit Schweinefleisch gemacht hat ein substanzloses Bild."

Pauli (ironisch): ,,Bild ist gut. Wohl eher ein Streckenschild."

Puschinsky: ,,Nebenbei, wussten Sie, dass der ADOLF, dieser Verbrecher, damals auch Vegetarier gewesen sein soll?"

Pauli: ,,Und Maler war dieser größenwahnsinnige Psychopath auch noch!"

Puschinsky:,,Auch das noch! Was hat der so gemalt?"

Pauli: ,,Ich glaube "Zerschossene Mühlen" und "Entartete Schäferhunde". .....Tja Ribald, und da machst Du Dir noch Sorgen, ob Du richtig und ehrenhaft gehandelt hast? Du siehst, es gab Typen, die waren noch viel schlimmer als Du."
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