Der Exotenhändler

- Science-Fiction-Satire-

©Alfons Colbert (Chevalier du nihilisme)©


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Dulce et decorum est pro patria mori
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Kapitel 1

"Ich werde von diesem Ding beschossen, verdammt, ich schmiere ab....... ", war das letzte mündliche Lebenszeichen, was man von Air Force Piloten Jeff Perkins Über Funk in der Bodenstation erhielt. Danach brach der Funkkontakt ab.

Acht Stunden später fand man die völlig zerstörte F-16 in einem Maisfeld. Die Leiche des Piloten, bzw. die Überreste, wurden nie gefunden.
Im Dienstbericht wurde eingetragen: Während eines Feindabwehreinsatzes fürs Vaterland ehrenvoll gestorben.

Kapitel 2

Das schrille Piepen der Fütterungs-Uhr ließ Orango-Muta, Exotenhändler vom Planeten Alverde, unsanft aus seinem Schlaf hochschrecken.
"Verdammt", dachte er, es wird endlich Zeit, dass die Reise vorbei ist, damit ich mal wieder richtig ausschlafen kann".
Mit dem linken Handlungstentakel schaltete er, sich aus seinem Kommandosessel vorlehnend, die Außenraumüberwachung des Raumschiffes an. Einige Sekunden beobachtete er, noch etwas schlaftrunken, das Kosmo-Radar.
Nichts regte sich dort draußen.
Nichts, was eventuell während der Fütterungszeit, in seiner Abwesenheit von der Pilotenkanzel, zu einer Gefahr für das Transportraumschiff werden könnte. "Verteidigungsstufe drei hat während der Fütterungszeit der Exoten ab sofort Gültigkeit", teilte er den Computersensoren auf dem üblichen telepathischen Weg mit.
Orango erhob seinen langen bepelzten Spinnenkörper aus dem Kommandosessel, ohne die Rückbestätigung des Computers abzuwarten, und bewegte sich mit seinen sechs dicht behaarten Beinen in Richtung Frachtraumschleuse.
Laut zischend öffnete sich die Frachtraumtür und der Kommandant trat in den Frachtraum ein.
Das Erste, was er vernahm, war das übliche jähzornige und hysterische Geschrei des Kaluters aus Zelle 1.
"Zum Glück habe ich diesmal nur 3 Exotenzellen zu versorgen", dachte Orango in sich hinein, "sonst würde dieser intergalaktische Flug noch zu Stress ausarten".

Dieser Kaluter, ein schleimiges Mollusken artiges Lebewesen, war dumm wie ein Petiterwurm, lautstark wie ein Otaki-Saurier und abgrundtief hässlich. 2.000 Zahlungseinheiten hatte Orango-Muta für diesen Schreihals auf dem Methanplaneten Kaluta bezahlt.
"Viel zu viel, für diese Nervensäge", murmelte der Kommandant vor sich hin und beschloss sogleich dieser kosmischen Missgeburt eine kleine Lektion zu erteilen. Provozierend stellte er sich vor das transparente Energietor der Zelle und grinste die kalutische Schleimschnecke frech an. Sogleich sprang der Molluske mit Wucht und voller Hass in seine Richtung vor die Energiewand. Es gab den üblichen Überspannungsblitz und der Kaluter wurde im hohen Bogen so heftig zurück ins Zelleninnere geworfen, dass er mit Wucht vor die Stahlwand der Zelle klatschte. Benommen blieb er in der Zellenecke mit verbrannter Haut liegen. Orango spuckte zufrieden ein wenig Säureschleim vor die Zellentür. Mit einem seiner rechten Handlungstentakel betätigte er den blinkenden Knopf zum Einleiten des automatischen Fütterungsvorgangs. In der Decke der Kaluterzelle öffnete sich sogleich ein großes Loch und zahlreiche lebende Gitti-Hühner, benannt nach dem Nachbarplaneten Kalutas, fielen dem Kaluter mitten auf den benommenen Kopf. Der Kommandeur hätte sich totlachen können, den seiner Meinung nach war es jedes Mal zu köstlich, das dumme Gesicht des Kaluters dabei beobachten zu können, wenn ihm seine Mahlzeit auf den Kopf fiel.
"So, der hat erst mal sein Fett weg", dachte Orango und beschloss den Kaluter nicht unter 4000 Einheiten an den nächstbesten Kosmozoo zu verkaufen.
Der Kommandant wandte sich der Zelle 2 zu und blickte durch die Energiezellentür ins Innere.
Die Zelle schien leer zu sein. Sie machte einen völlig unbenutzten Eindruck.
"Na warte Freundchen, Du ziehst wieder Deine üblichen Scherze ab, aber nicht mit mir", brummelte Orango vor sich hin und drückte den Zellennotknopf, der extra für solche Situationen geschaffen worden war, um in Sekundenschnelle sämtliche Zellenwände unter Strom setzten zu können. Ein starkes Summen der Transformatoren erfüllte daraufhin den Frachtraum. In der Zelle materialisierte plötzlich, scheinbar aus der Wand wachsend der Mareder, ein Molekulartransformer vom Planeten Mared. Der Mareder nahm kurz seine reptilienähnliche Realgestalt an und fiel sogleich krachend auf den Zellenboden, wo er sich vor Schmerzen konvulsivisch windend zusammenkrümmte.
Der Kommandeur wusste, dass nur ein guterhaltener Mareder, im großen Zirkus Maximus des 7. Raum-Quadranten, Spitzenpreise bringen würde und schaltete deswegen die Stromzufuhr schnell wieder ab. "So ein Molekulartransformer ist wirklich ein faszinierendes Lebewesen", überlegte der Commander, war dieser doch in der Lage, jede beliebige dreidimensionale Gestalt annehmen zu können. Diesmal hatte er sich in einen Teil der Zellenwand verwandelt. Letztes Mal war es ein Stuhl gewesen. Jedes Mal tobten die, von vielen Planeten angereisten, sensationslüsternen Zirkuszuschauer wie wahnsinnig vor Begeisterung, wenn eine dressierter Mareder in der Manege seine Kunststücke vorführte. Auch aßen die Mareder nicht viel, da sich diese überwiegend von reiner Energie versorgten. Die Disziplinierungsaktion von soeben hatte also gleichzeitig den Fütterungsprozess enthalten. "Wie praktisch", dachte Orango zufrieden und rutschte zur Zelle Nr.3 hinüber, die Zelle deren Inhalt ihm großes Kopfzerbrechen bereitete.In der Zelle war ein seltsamer Exote, den er für ein paar Zahlungseinheiten auf einem Sklavenplaneten des 3.Quadranten ersteigert hatte.
Wahrscheinlich mal wieder eine glatte Fehlinvestition.
Niemand hatte ihm so richtig sagen können, wo dieses Lebewesen überhaupt herkam. Angeblich kam es irgendwo vom äußeren Bereich des galaktischen Spiralarms. Bei den Kaufverhandlungen war der Begriff "Terraner" einmal gefallen, ein Begriff, mit dem der Commander nichts anfangen konnte.
Der Exote hatte 2 Handlungstentakel oben und 2 Lauftentakel unten. Beide Tentakeleinheiten waren völlig unterentwickelt. Alle 4 Tentakel waren an einem primitiven Rumpf befestigt. In der Mitte, oben zwischen den Handlungstentakeln, saß wohl das einzig vorhandene Gehirn, schwächlich geschützt, durch eine primitiv gerundete Knochenplattenkonstruktion. Zu großen gedanklichen Leistungen schien der Exote nicht fähig zu sein. Der Kommandant hielt das Wesen sogar für total verblödet, da es noch nicht einmal zu flüchten versucht hatte, als er aus Versehen nach der letzten Fütterung die Energietür der Zelle nicht reaktiviert hatte. Das Ergebnis der Bioscanner hatte eine äußerst schwache Gesamtkonstitution dokumentiert. Für die Gladiatorenkämpfe auf dem Planeten Zebal-Orphy war dieser Exote schon einmal nicht zu gebrauchen. Er würde einen solchen Gladiatorenkampf keine 3 Sekunden überstehen.
Völlig apathisch lag das Wesen auf dem Stahlfußboden und rührte sich nicht.
Der Kommandeur deaktivierte die Energietür und warf dem Wesen, in einem Anfall sozialer Mildtätigkeit, einen schmackhaften Kosmo-Mehltauwurm auf den Rücken. Diese 60 cm langen Saugwürmer waren eine Delikatesse ersten Grades und werden in der Regel lebend serviert und verspeist.
Der undankbare Exote reagierte völlig unlogisch. Er erwachte aus seiner Starre, streifte sich mit einer fahrigen Bewegung den Wurm vom Körper und lief, schrill vor panischer Angst kreischend, in die hinterste Zellenecke, wo er sich in erbärmlicher Angstpose zusammenkauerte.
"So also verschmähst Du meine Liebesgaben", dachte der Commander und fühlte sich irgendwie beleidigt. Da setzt man einem Primitivwesen eine ausgezeichnete Delikatesse vor und diese wird dann auch noch zurückgewiesen. "Nun", überlegte Orango, "zur Strafe sollte ich Dir eigentlich einen Deiner Tentakel ausreißen und ihn als Wiedergutmachung für diese Beleidigung persönlich verspeisen."
Ein wenig frustriert sammelte der Commander den Wurm wieder ein und verzehrte diesen mit einem gierigen Bissen selbst.
"Sofortige Zwangsernährung durchführen", ließ er mittels eines telepathischen Befehls den Schiffscomputer wissen. Die Elektronik reagierte sofort. Eine Sammlung von robotischen Pseudopodien kam aus der Zellenwand geschossen, die den Exoten fesselten. Einer der Roboterarme führte den Nahrungsschlauch in die Mundöffnung des hilflos strampelnden Exoten ein und pumpte einen köstlichen Vitaminschleim in dessen Magen. Der Vitaminschleim bestand aus erlesenen Zutaten. U. a. geriebene und danach verflüssigte Gata-Echseneier mit Strunzmilch vom atasischen Brüllbiberochsen.
"Irgendwie kann man da richtig neidisch werden", dachte der Commander und sah mit Genugtuung, dass der Primitivexote, nach Beendigung der Fütterung, in einen Erschöpfungsschlaf fiel.
"Ja, schlaf Dich erst mal richtig aus, mein kosmischer Freund", murmelte Orango spöttisch, "in der Zwischenzeit werde ich mir überlegen, was man mit Dir anfangen kann, damit meine Investitionen in Dich nicht völlig vergebens waren."
Der Commander kehrte in den Steuerraum schlurfenden Schrittes zurück. Als sein Blick auf das Steuerpult für das Transitionstriebwerk fiel, kam ihm eine geniale Idee.
"Wie wäre es, wenn ich in der nächsten Zirkusvorführung, den Exoten aus Zelle 3 und den Kaluter zusammen durch einen Transmitter jage?" Die beiden Wesen würden gemeinsam atomisiert werden. Bei der Rematerialisierung würden sich ihre Atome vermischen und ein ganz neues Lebewesen, eine Chimäre, würde im Empfangstransmitter wieder auftauchen. Ein Wesen, halb Kaluter und halb Terraner. Die Zuschauer würden brüllen vor Begeisterung.
Zufrieden lehnte sich Orango im Kommandosessel zurück und programmierte die Anflugkoordinaten zum großen Zirkusplaneten des 7. Raumquadranten. Nach erledigter Arbeit schaltete er sein E-Book ein und wählte das Kapitel: "Man ist was man isst!" Endlich kam er auch einmal zeitlich dazu, sich philosophisch weiterzubilden.
Zudem war er froh, endlich eine Lösung für die Exoten gefunden zu haben.

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