Die
Todesstrafe
In
letzter Zeit hört man immer wieder vereinzelt aus dem Volke den Ruf danach, die
Todesstrafe wieder einzuführen.
Ich habe mir einmal dazu einige Gedanken gemacht, welche ich hier gerne zur
Diskussion stellen würde.
Vielleicht habe ich ja Glück und die Diskussion
bleibt sachlich, was bei diesem Reizthema oft nicht der Fall ist.
Grundfrage:
Ist es überhaupt verfassungskonform eine Änderung zur Regelung über die
Todesstrafe juristisch einwandfrei in der BRD durchzuführen?
Im Grundgesetz (GG) stehen die Grundrechte in Artikel 1 bis 19 GG.
Artikel 102 Grundgesetz "Die Todesstrafe ist abgeschafft", steht somit nicht in
der Aufzählung der Grundrechte gemäß Art. 1 bis 19.
Ist dieser Artikel 102 trotzdem durch die Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 (2)
GG gedeckt, da bei der Aufzählung der Grundrechte schon Artikel 1 (1) regelt:
"Die Würde des Menschen ist unantastbar?"
Artikel 19 (2) GG:
"In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt
angetastet werden."
Gehört 19 (2) GG selbst zu den Grundrechten, welche im
Wesensgehalt nicht geändert werden dürfen?
Frage:
Wenn
102 GG rein theoretisch durch 19 (2) GG
bzw. 79 (3) GG direkt oder indirekt geschützt wäre, was ist dann mit dem Schutz
von 19 (2) GG bzw. 79 (3) GG selbst?
Entfällt 19 (2) GG bzw. 79 (3) GG,
entfällt dann auch das Veränderungsverbot von 102 GG, wenn ein solches
verfassungsrechtlich besteht?
Artikel 79 (3) erklärt:
"Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die
Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei
der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze
berührt werden, ist unzulässig."
Meiner Meinung nach hat man, rein juristisch betrachtet, jederzeit die
gesetzliche Möglichkeit die Todesstrafe wieder einzuführen, indem man das GG
selbst verändert oder die Schutzartikel, welche den Wesensgehalt des GG
absichern sollen und hier eventl. entgegenstehen, selbst zuerst textlich so
verändert, dass danach die Schutz-funktion nicht mehr besteht.
Formaljuristische Tricks / Möglichkeiten sind aber nur ein Aspekt der Frage
einer Wiedereinführung.
Es ergeben sich weiterhin für mich z. B. die folgenden Fragen:
1. Führt
die Wiedereinführung der Todesstrafe später zu einer statistisch
nachweisbaren Reduzierung von
schwersten Gewalttaten?
Wenn wir uns einmal Staaten ansehen, welche diese praktizieren, dann sieht man
häufig, dass es gerade bei diesen
trotzdem "drunter und drüber" geht, was die Kriminalität und Bürgerrechte
angeht.
Mir hat mal ein orientalischer
Mitbürger stolz erzählt, dass man bei ihm in der früheren Heimat "als Frau jederzeit nachts ohne Angst über
die Straße gehen kann."
Verschwiegen hat er dabei nur, dass diese Frau dort des Nachts überhaupt nicht
alleine rumlaufen darf, sondern immer
ein männliches Familienmitglied dabei sein muss, wenn diese - zudem voll
verschleiert - nachts das Haus verlässt.
2. Kann
eine qualitative Steigerung von Strafen (hier Einführung der Todesstrafe) auch
zu einer ungewollten quantitativen Erhöhung der Kriminalität führen?
Beispiel:
Ein Auftragsmörder einer Mafia
hinterlässt bei einer Tat Spuren.
3 Zeugen können ihn gut beschreiben und
haben ihn gesehen.
Durch diese Spuren
gerät er in den Ermittlungsfokus der Polizei.
Er weiß, dass ihm die
Todesstrafe droht.
Deswegen tötet er
auch noch die 3 Zeugen, da es für ihn keinen Unterschied macht, ob er wegen
eines Mordes an den Galgen kommt, oder
wegen 4 Morden.
Würde ihm nicht die
Todesstrafe drohen, hätte er zumindest eine geringe Zukunfts-perspektive (raus
aus dem Knast nach 15 bis 25 Jahren) und würde v i e l l e i c h t von der
Beseitigung der Zeugen Abstand nehmen.
Wohl
angemerkt: V i e l l e i c h t !
3. Was
unterscheidet einen Staatlichen durch die Gesetzgebung geschützten Henker
moralisch (nicht rechtlich!) eigentlich von einem Auftragsmörder?
Nicht
umsonst war der Beruf des Henkers schon zur Zeit des Mittelalters ein
unehrbarer Beruf. Mit solchen Menschen
wollte keiner was zu tun haben.
Warum nur?
Möchte ein Befürworter der Todesstrafe einen Henker als Nachbarn haben?
Wenn er
konsequent ist, müsste er diese Frage mit "ja" beantworten. Ich
stelle mir das mal bildlich vor, dass man sich am Abend die gut
nachbarschaftlichen Bratwürste über den Zaun zuwirft, wenn man weiß, dass der
Nachbar am frühen Morgen als Henker des Staates gerade einmal wieder tätig war.
Also
mir kommt da das Gruseln!
4. Kann
100%tig sichergestellt werden, dass keine Unschuldigen verurteilt werden?
Wenn man sich mal die US-Todeszellen ansieht, dann hört man gefühlte einmal im
Monat, dass dort wieder jemand nach zig
Jahren aus der Todeszelle entlassen wurde, weil seine Unschuld eindeutig später
festgestellt wurde. Häufig sind es
Farbige, welche sich beim ersten Prozess keinen Staranwalt leisten konnten,
sondern nur einen schlecht motivierten Pflichten-Ede,
welcher vor dem Geschworenengericht eine müde Show ablieferte, welche zur Verurteilung führte.
Jeder der die
Todesstrafe befürwortet, sollte sich darüber im Klaren sein, dass er selbst,
oder ein Mitglied seiner Familie, rein theoretisch einmal ein zu Unrecht
Angeklagter werden könnte.
Wer diesbezügliche Kollateralschäden billigend in
Kauf nimmt, sollte auch so konsequent sein, dass er seine eigene
theoretische Verurteilung wegen Mordes
mit Todesstrafe akzeptiert, obwohl er völlig unschuldig ist.
5. Ist
lebenslängliches Gefängnis - ohne die Möglichkeit je wieder aus dem Knast zu
kommen - als Strafe bei schwersten
Gewalttaten eine Alternative?
Das ist doch kein Erholungsheim das Gefängnis.
Das kann für den Insassen leicht die Hölle auf Erden bedeuten.
Warum wohl besteht bei so vielen Häftlingen eine erhöhte Suizidgefahr?
6. Inwieweit
verhindert die Androhung der Todesstrafe Gewalttaten z.B. von
Selbstmordattentätern?
Diese Straf-Androhung ergibt bei denen doch gar keinen Sinn.