Gewalt
- Philosophie -

©Alfons Colbert (Chevalier du nihilisme)©

Was haben wir aus dem Schicksal von Troja gelernt?


Gedanken zur Gewalt im Fernsehen, im Kino und in den Medien in einer immer brutaler werdenden Welt.

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"Wer Gewalt hoffähig macht, muss sich nicht wundern,
wenn er selbst eines Tages Opfer von Gewalt wird!
"
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Wie ist der typische Actionfilm eigentlich strukturiert?
Nun, als Erstes gibt es einmal ein Opfer, das filmtechnisch aufgebaut wird.
Es muss eine Identifikationsfigur sein.
Das ist sehr wichtig!
Jeder Zuschauer soll sich mit dem Opfer und dem Leid des Opfers identifizieren können.
Meistens ist das Film-Opfer also schwach, weil der Drehbuchautor vermutet, dass auch die meisten der Zuschauer sich insgeheim permanent schwach fühlen.
In der Regel ist es also ein Kind oder eine Frau.
Und dann ist da der Täter, welcher am Anfang des Filmes auch noch aufgebaut wird.
Eigenschaften laut Drehbuch: Gemein, egoistisch, pervers, Geld gierig, rücksichtslos und brutal.
Oft haben wir da noch einen obligatorischen Helden:
Eigenschaft: Ehemaliger strammer muskelbepackter US-Marine und Lichtgestalt seiner Kompanie mit stramm nationaler Gesinnung. Zwischenzeitlich ausgeschiedenes Mitglied einer Spezialeinheit (Anm.der Red.: Gemeint ist hier natürlich nicht die Saufkompanie!), welcher sich nach Jahren des Gemetzels in die Einsamkeit Alaskas zurückgezogen hat, weil er in Vietnam oder im Golfkrieg eine schwere Enttäuschung im Leben nicht verkraftet hat und dadurch traumatisiert und entwurzelt ist. Frustriert haust er in einer kühlen einsamen Berghütte, wo er Holz hackt, Biber verjagt, welche undiszipliniert permanent seine Behausung anknabbern und Regenwürmer als Nahrung favorisiert. Der einzige Luxus, den er sich in der Wildnis gönnt, ist ein Kruzifix oberhalb des Kopfteils seiner harten Büßer-Schlaf-Pritsche, die in ihrem Komfort eines Fakir Nagelbetts würdig ist. Nur einmal in der Woche lässt er es richtig krachen und kocht sich direkt nach dem Morgengebet, eine Tasse stärkenden Fichtennadel-Tee auf. Danach schreitet er zur wöchentlichen Revision und Pflege seines üppigen Waffenarsenals, welches er in einer mächtigen Eichenholzkiste direkt hinter dem Plumpsklo aufbewahrt.
Auf Deutsch: Es handelt sich hier also um einen sogenannten STARKEN MANN, auch Wood Gnome oder Waldschrat genannt, der die "kaputte menschliche Gesellschaft" auf Abruf vom Unkraut befreit und sich nach getaner Arbeit wieder dem Pilze sammeln im feuchten Dickicht des Waldes zuwendet.
Und dann geht es schon los.
Zuerst wird das Opfer vom Übeltäter verfolgt, gedemütigt und gequält.
Das hat Drehbuch technisch den Sinn, dass beim Zuschauer der Hasspegel auf den Peiniger stetig im Verlauf des Filmes steigt.
Natürlich wendet sich das Opfer zuerst an die Polizei.
Diese kann, selbstverständlich regelmäßig nicht helfen, da die Gesetze, so will es der Film deutlich machen, immer auf der Seite des Täters sind. Die Polizei hat das permanente Problem, dass sich diese an die Gesetze halten muss, während der Bösewicht anscheinend machen kann, was er will, solange er sich nicht dabei "auf frischer Tat" erwischen lässt.
Viele Stalking-Opfer können dies sicherlich bestätigen.
Hier springt der Film auf den "fahrenden populistischen Zug" des weit verbreiteten Volksglaubens von der "Täter-Justiz" auf, welcher leider immer wieder durch fragwürdige Gerichtsentscheidungen und leichtsinnige Kommentare von Politikern in Einzelfällen neu angetrieben wird.
Das Opfer findet also im Film kein Gehör bei denen, die eigentlich das Opfer schützen müssten.
Was macht das Opfer, oder stattdessen ein zu Hilfe gerufener Freund des Opfers (evtl. der (s.o.) frustrierte Vietnamveteran?), wenn ihm keiner hilft?
Na, liegt doch auf der Hand.
Das Opfer wird selbst tätig oder beauftragt den o.g. Helden.
Das Opfer bzw. sein Held macht das, was auch so mancher Zuschauer gerne machen würde. Es greift zur Selbstjustiz!
Nun, wer glaubt, dass das Opfer kurzen Prozess mit dem Gangster, diesem dramaturgischen Teufel, macht, der hat sich getäuscht.
Das Leiden des Täters muss rausgezögert werden, da sich die Aggression, welche sich beim Zuschauer angesammelt hat, nicht zu schnell entladen darf.
Der Zuschauer wäre über ein schnelles Ende enttäuscht und der TV- oder Kinofilm würde dadurch zu kurz.
Was geschieht also, bevor das Opfer mit dem Peiniger abrechnet?
Richtig, der Täter wird noch einmal selbst drehbuchgemäß gequält.
Und zwar so, dass der rachsüchtige Zuschauer, wie schon damals die Römer im Gladiator-Kolosseum, auch seine Freude daran hat.
Es kommt zum intensiven oder extensiven Notwehrexzess.
Und was bleibt übrig, wenn der Film zu Ende ist und der Unhold unter Anwendung von Selbstjustiz bestraft, gefoltert, getötet oder gesellschaftlich vernichtet wurde?
Erinnert sich der Zuschauer nach einiger Zeit noch an den genauen Handlungsverlauf?
Erinnert er (m/w/d) sich noch daran, worum es in dem Film ging?
Meistens nicht! Überprüft es selbst!
Er erinnert sich nur an eins bzw. glaubt zu erkennen:
Nämlich, dass die Anwendung von Gewalt anscheinend nicht die "Ultima Ratio" ist, sondern die erste Option für ihn zukünftig zur Lösung von Problemen bildet, damit er (m/w/s) in einer vergleichbaren Situation erst gar nicht das Martyrium des Filmopfers vorher durchmachen muss.
Nur dieser Refrain bleibt, nach dem Konsum unzähliger Action-Filme identischer Machart, welche immer mit der gleichen gewaltsamen Lösung von Problemen enden, im Kopf gemäß der Devise "STETER TROPFEN HÖHLT DEN STEIN" für alle Zukunft bei ihm (m/w/d) hängen. Der Genuss unzähliger Law and Order Filme hat den Zuschauern gezeigt, dass das ganze herumdiskutieren mit Feinden ohnehin nichts bringt und am Ende nur Thors-Hammer für Klärung sorgt.
Darüber freut sich die internationale Waffen-Lobby sehr und dies ist brandgefährlich für eine Gesellschaft, die auch ohne diese Filme bereits ein Mangel an Empathie hat.
Fazit:
Deswegen sehe ich mir solche Filme nur selten an.
Im Prinzip handelt es sich bei diesen Kino- bzw. TV-Filmen um lauter filmtechnische psychologische TROJANER.
Im Bauch dieser trojanischen Pferde verstecken sich aber nicht Griechen, um nachts aus den Pferdebäuchen zu kriechen und um die Wette zu meucheln, sondern diese Pferde verkörpern eine drehbuchtechnisch verpackte und teilweise bewusst versteckte Botschaft im Rahmen einer Identifikations-Geschichte (eine Art Narrativ), welche mittels eines Trojanischen Pferdes in die Gehirne der Zuschauer trickreich platziert wird und welche erst explodiert, wenn die Krieger, nachdem das Pferd (Narrativ) in die Stadt hineingeschoben wurde, den Pferdebauch verlassen haben und in der Stadt die Tore für die Feinde der Stadt öffnen.
Würde die Geschichte mittels einer Spritze durch die Haut der Rezipienten direkt in die Adern eingespritzt werden, wäre das mit Schmerz verbunden und die Zuschauer würden sofort misstrauisch und ständen als Folge dem Narrativ sofort reflexartig negativ gegenüber. Das wäre nicht im Sinne einer LAW and ORDER Propaganda Strategie.
Die o.g. Pferde stehen abstrahiert für die Rahmengeschichten in den Action-Filmen, bestehend aus schlimmer Demütigung und grausamer Rache. Die Krieger, welche in der Mythologie später hinter den Toren der Stadt aus dem Gaul herauskriechen, sind vergleichbar mit einem Virus, der sich in einen Körper bzw. einem Gehirn (hier die Stadt) eingeschlichen hat und der für die Distribution und Manifestation der Befürwortung der Selbstjustiz und des Faustrechts als erste Ratio in den Köpfen der Filmzuschauer sorgt.
Es geht in dieser Analyse nicht darum, dass hier die GEWALT als ultima ratio grundsätzlich diskreditiert werden soll, da der Einsatz dieser zur Beseitigung z.B. von Diktaturen tatsächlich teilweise in der Geschichte der Menschheit nachvollziehbar war. Es geht auch nicht um eine Verteufelung des Notwehrrechts nach der Devise (Matthäus 5,39):" Wer euch auf die rechte Wange schlägt, dem haltet auch die andere hin". Es geht darum, dass man durch diese Filme dazu verleitet wird, im Rahmen einer Eskalationssituation, die GEWALT grundsätzlich als erstes Lösungsmittel anzusehen und nicht als Letztes.

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