Laubenpieper-
Seelsorge

- Satire -


Einst, hatte ich den Entschluss gefasst, auch in der nahe gelegenen Laubenpieperkolonie einmal seelsorgerisch tätig zu werden.

Ich kam aber schnell wieder davon ab, nachdem ich folgendes Erlebnis hatte.

Ein ca. 40 jähriger Gartennachbar, von gedrungener Gestalt, stets mit einer Bierflasche in der Hand und einem vorspringenden Bauch, auf dem man ein Tablett abstellen kann, sprach mich während der Gemeinschaftsstunden im Unterhemd persönlich an:

Er wäre vor 2 Wochen in IBIZA gewesen und sei nun stocksauer. Schon beim Hinflug wäre es losgegangen. Das Taxi sei 30 Minuten zu spät zum Abholen gekommen. Auf dem Hinweg zum Flughafen habe der Taxifahrer noch Zwischenhalt bei einem Kumpel gemacht, um dort etwas abzugeben. Danach sei man auf der Autobahn in einen Stau geraten. Auf dem Abflughafen in letzter Sekunde angekommen, hätte der Taxifahrer angeblich keinen 50-Euro-Schein wechseln können. Um den Flieger nicht zu verpassen, hätte er dem Fahrer zwangsläufig das Wechselgeld schenken müssen. 15 Euro Trinkgeld wären das gewesen, für 30 Km Fahrstrecke.

Sein quengeliger Sohn hätte sich beim Start des Flugzeuges gartenschlauchmäßig übergeben müssen und der betroffene Sitzvordermann hätte verständnislos gleich seine ADVOKAT gezückt. Dann wäre die Stewardess gekommen, eine unansehnliche dickliche Gestalt mit Mund-, Schweißgeruch und Pickeln. Diese hätte ihm den heißen Mikrowellenkaffee über das Bermudahemd gegossen. Da wäre er schon bedient gewesen.

1 Stunde nach dem Abflug hätte es eine Durchsage gegeben von Kapitän Blindfisch, das sei kein Witz, der hätte tatsächlich diesen Namen gehabt. Der Pilot hätte mitgeteilt, dass man wegen einem technischen Defekt leider umkehren müsste. Also wieder zurück zum Abflugort. Dort 1 Stunde Zwischenaufenthalt und dann sei man wieder in Richtung IBIZA gestartet.

Dort endlich nach Stunden angekommen, hätten die Transport- und Gepäckarbeiter gestreikt und man habe mit einer Ausziehleiter die Koffer aus dem Rumpf des Flugzeuges persönlich rausholen und wie eine Ameise beladen 1 km übers Flugfeld schleppen müssen. Am Zollschalter habe man einen Koffer öffnen müssen, danach sei man aus dem Flughafengebäude hinausgestürzt und in den Transferbus zum Hotel eingestiegen. Im Bus wäre die Klimaanlage kaputt gewesen und als er versucht habe ein Schiebefenster zu öffnen, habe ihm sein breitschultriger Sitzhintermann Prügel angedroht, weil es diesem daraufhin am Kopf zog.

Im Hotel angekommen, habe man ein dunkles Zimmer mit Ausblick auf den Mülltonnenstellplatz bekommen und nicht das gebuchte Zimmer mit Meerblick. Sein Sohn hätte gleich damit begonnen, die an den offenen Mülltonnen herumturnenden Ratten vom Balkon aus mit seinen Legosteinen zu bewerfen. Die Betten wären feucht gewesen und die weißen Wände blutverschmiert von zermatschten Mücken.

Das Zimmermädchen hätte gleich am zweiten Tag seine Designergeldbörse mitgehen lassen, weil er diese aus Versehen beim Verlassen des Zimmers zur Frühstückszeit aufs Kopfkissen gelegt hatte.

Doch damit nicht genug. Die Videokamera sei heruntergefallen und kaputt gegangen.

Seine Lacoste-Badehose XXXL hätte nun Teerflecken und seine Frau und sein Kind seien von einer Mückeninvasion in der Nacht halb totgestochen worden. Immer wenn er einen 50er-Geldschein an der SUN BAR abgegeben hätte, nachdem er sich dort eine lauwarme Pinacolada gegönnt hätte, hätte das Personal auf 5er-Schein das Wechselgeld herausgegeben. Reines Versehen natürlich.

Die Engländer hätten im Hotel schon morgens um 04:30 Uhr ihre Badetücher auf die Liegen geworfen, um diese rechtzeitig zu reservieren. So eine Schweinerei, das müsse man sich mal vorstellen! In Deutschland wäre das nicht passiert.

Die Handtücher auf dem Zimmer seien nur einmal in der Woche gewechselt worden, dafür hätte sich das männliche Personal als Ausgleich intensiv um seine Frau gekümmert, die tagelang deswegen nicht mehr aus dem Zimmer wollte, am Swimmingpool nur noch einen Einteiler trug, weil sie im Bikini befürchten musste, ständig von hoteleigenen Gigolos belästigt zu werden. Auch, wenn seine Frau in seiner Begleitung unterwegs gewesen wäre, wäre es nicht besser gewesen. Die seien da wie die Tiere! Alle verheiratet, aber trotzdem nur Touristinnen im Kopf.

Ins Zimmer sei eingebrochen worden und der 333er-Ehering seiner Frau, sei nun auch futsch.

Es wäre unerträglich gewesen.

An jeder Straßenecke hätte ein gelbäugiger Hepatitis A Drücker gelauert, der immer eine Lostrommel voller Hauptgewinne mit sich rumgeschleppt hätte. Seine Frau hätte dann auch gleich den Hauptgewinn gezogen. 10.000 Euro in bar, leider nur auszahlbar, wenn man mit einer Timesharingwohnung verrechnete. Ihm wäre völlig unverständlich, warum man mit solchen Ländern, Staaten und Inseln eine gemeinsame Währung realisiert.

Damals schon, als alles anfing, mit der multinationalen Duzerei hätte er zu Servinskys, die wohnten damals gleich nebenan, laut und deutlich gesagt: "So geht es nicht!" Aber auf ihn hätte ja nie einer gehört.

Und unser Gesundheitsminister, was hätte der nicht alles schon verschuldet?
Seine Frau müsse für jede Packung Schmerztabletten, sie benötigt wegen ihrer permanenten Migräne 5 Stück am Tag, nun 9 Euro zuzahlen. Und warum das? Weil diese ganzen Lady DI`s und wie sie sich alle sonst noch in der EU nennen, ständig einen neuen Pelz brauchen! Für die zahle man jetzt nach der Währungsunion fleißig mit. Wir würden immer ärmer und die hätten ihre Villa auf den Bahamas oder im Tessin mit einem Haufen von Hausangestellten.

Er hätte es jetzt satt und er wäre nicht der Einzige! Die Zeiten und die Stimmung stände auf Sturm!
Das hätte auch Fred Kasulzke gesagt, der Fischhändler aus der Kirchstraße.

Am Hauptbahnhof könne man sich nicht mehr sehen lassen, da dieser fest in Fixerhand wäre. Die Polizei stände nur hilflos dabei und würde untätig zusehen. Wofür die eigentlich von unseren Steuergeldern bezahlt würden, wüssten die wohl selbst nicht. Eins wüsste er aber genau, wenn sein Sohn eines Tages mit Rauschgift nach Hause kommt, dann schlage er ihn kaputt.

An dieser Stelle machte der Gartennachbar eine kurze Pause, bückte sich nach rechts unten und fischte eine volle neue Bierflasche aus einer prall gefüllten Plastiktüte, die er sogleich öffnete, indem er diese, mit der linken Hand haltend, auf einen Gartenzaunpfosten, mit dem Kronkorken voran, auf Kante legte, mit der rechten Hand kurz zuschlug und die so geöffnete Flasche dann auf EX leerte. Danach fischt er noch einen triefenden Sahnerollmops aus einem Henkelmann, dem ihm seine Frau, wegen der schweren Gartenarbeit mitgegeben hatte. Diesen verzehrte er mit einem Schluck, den dreifach Kinn-Kopf tief in den Nacken gelegt. Kurz darauf erschütterte ein Bäuerchen der Stärke 5,6 , auf der nach oben offenen Trinkerskala, die Kolonie.

Mir gab dies alles die günstige Gelegenheit, mein Gesicht abzuwischen, weil dies durch seine feuchte Aussprache, pitschnass geworden war.

"Gerade gestern, so stand es in der BILD", führte er weiter aus, nachdem er ein weiteres lautes Bäuerchen von sich gegeben hatte, "hätte man wieder Einen entlassen, der schon wegen 3 Meuchelmorden vorbestraft gewesen sei."

Das müsse man sich mal vorstellen!

Ja, es sieht anders aus, wenn man selbst betroffen ist, das hätte auch Herr Leier gesagt, der Trinkhallenpächter von nebenan. Den kenne ich doch sicher. Das sei der, dem der Laden vorgestern wegen angeblicher Unsauberkeit vom Ordnungsamt geschlossen worden war. So ein Quatsch, wegen der paar Maden in den Keksen. Das kann immer mal geschehen. Früher im Krieg, da hätte man noch ganz andere Sachen gegessen. Als hätte der Leier nicht schon genug Ärger zu Hause. Letzthin hätte man Leier`s 14 jährigen Sohn beim Klauen im ARALshop erwischt.

Der Blödmann! Erst klauen und sich dann auch noch erwischen lassen.

Es wird eben höchste Zeit, dass zukünftig seitens der Polizei mal härter durchgegriffen wird, um das Verbrechen mit Stumpf und Stiehl auszurotten, und zwar zu Wasser, zu Lande und in der Laubenpieperkolonie.

Wo solle das alles noch enden?

Man traue sich ja gar nicht mehr auf die Straße......ohne Waffe und dem Blesenius, der sei Malermeister und würde auch Arbeiten nebenbei ausführen, versteht sich, hätte man des Nachts die Reifen seines Daimlers zerstochen.
Ja, gleich neben unserer Gartenkolonie in Sichtweite des Kirchgebäudes, das solle man sich mal vorstellen.

"Rübe ab!", sage er nur, denn das wäre die einzige Sprache, die die verstehen.

Er hätte jetzt dazu gelernt, wäre in den Schützenverein "Ballermann 12" eingetreten. Da bekomme man nach ca einem drei viertel Jahr automatisch eine Waffenbesitzkarte, auf Antrag versteht sich. Die würde er dann immer mit sich führen, nur zur Selbstverteidigung, versteht sich. Gut, ganz legal wäre das ja auch nicht, aber was solle man denn machen, um sich und seine Familie zu schützen?

Dann wurde der Gartennachbar plötzlich leise.

Er schloss ein Auge, drehte den Kopf kurz von rechts nach links peilend, näherte sich meinem Gesicht mit dem nun weit geöffneten anderen Auge und fuhr im eindringlichen verschwörerischen Flüsterton fort:

Und, nur um das einmal anzusprechen, was auch hier in der Kolonie so alles abläuft. Ich hätte ja gar keine Ahnung, was hier so abgeht. Ob mir noch nicht aufgefallen sei, dass hier gewisse Laubenpieper mit fremdländischen Gesichtern einen Nutzgartenanteil von fast 100 Prozent für den Anbau von Zwiebeln und Bohnen hätten. Zwiebeln und Bohnen! Mehr müsse er ja wohl nicht erwähnen!? Und das, obwohl die Vereinssatzung nur einen Nutzgartenanteil von einem Drittel erlaubt. Aber ich brauche mir keine Sorgen zu machen, er hätte die Typen ständig im Visier. Und demnächst bei der Vereinsvorstandswahl, da würden und hier könne ich mir sicher sein, Köpfe rollen. Da würde Tacheles gesprochen. Desweiteren ................"

Zum Glück hatte sich über unseren Köpfen eine Gewitterwolke zwischenzeitlich zusammengebraut, die es mir ermöglichte, mich rasch zu verdrücken, da es plötzlich in Strömen goss.

Im Übrigen: Ich glaube, ich werde den Kleingarten bald aufgeben. Die Gemeinschaftsstunden gefallen mir nicht. Es wird nur geredet, zu wenig gebetet und man bekommt einfach nichts geschafft.

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