Kirchenwärme
- Satire -
Verantwortungsbewusstes heizen von Kirchen im Winter 2022 bis 2023
>> Um der Kälte willen, will der Faule nicht pflügen, so muss er während der Ernte betteln und nichts kriegen. (frei nach Sprüche 20,4)<<Folgenden Brief erhielt ich per Einschreiben/Rückschein von meinem Bischof Dr.T.Abernakel, welchen ich an dieser Stelle nicht kommentieren möchte:
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Lieber Bruder Pauli!
Die allgemeine wirtschaftspolitische Lage in Sachen Energie, ist uns allen aus Funk und Presse hinreichend bekannt.
Auch wir kommen nicht daran vorbei, wie uns die aktuelle Erhöhung der Gas- und Strompreise durch den Energielieferanten Deiner Gemeinde zeigt.
Mit Entsetzen hat unsere Rechnungsstelle zur Kenntnis genommen, dass zukünftig eine Verfünffachung des bisherigen Monatsabschlags für Eure Strom- und Gasversorgung von diesem eingefordert wird. Auch aufgrund aktuell, im wahrsten Sinne des Wortes, explodierender Gas-Pipelines ist für die nahe Zukunft mit keiner Entwarnung zu rechnen.
Diese exorbitanten Energiepreise kann keiner mehr bezahlen und auch ein Quersubventionierung mit Euren überschaubaren Kollekten-Erträgen scheint nicht mehr zielführend zu sein.
Darum ist der Raumthermostat Eures Kirchengebäudes ab sofort auf 5 Grad plus Celsius einzustellen. Erst ab dieser Temperatur darf kurz aufgeheizt werden bzw. ist eine Kostenübernahme durch das Bistum zukünftig vertretbar. Gültig ist dies nicht nur für die normalen Mess-, Tauf-, Hochzeits- und Weihnachtsfeiern, sondern auch für die Veranstaltung von frommen Orgelkonzerten und ähnlichem.
Sollte einmal das Taufbecken durch unsere Energie-sparmaßnahme tatsächlich zugefroren sein, kann der Vater des Täuflings dieses ja, mit einem von Dir zur Verfügung gestellten Eispickel, mit wuchtigen Hieben wieder frei hauen. In abstrakter Weise müssen auch wir hier, wie es in der Erlebnisgastronomie schon Usus ist, zukünftig kreativer sein. Auch wird damit sichergestellt, dass diese Taufen ein unvergessliches Erlebnis für die ganze anwesende Familie werden.
Natürlich ist es Deiner Weisheit selbst überlassen, ob Du trotzdem die Heizung zu Messzeiten anwirfst, bedenke aber dabei, dass dieser verschwenderische Luxus dann nicht mehr mit unserer Buchhaltung abgerechnet werden kann. Die anfallenden Kosten müsst Ihr dann selbst übernehmen.
Warum die Grenze "5 Grad plus" wirst Du nun sicherlich fragen.
Diese Innen-Mindesttemperatur begründet sich durch den Schutz der Orgel, welche vor einer Raumluftfeuchtigkeit von über 70 Prozent geschützt werden muss, die schnell nach winterlicher Abschaltung der Heizung bis um die 5 Grad plus herum, erreicht werden kann. Die Orgel könnte sonst unterhalb von 5 Grad plus irreparable Schäden erleiden. Und was so eine neue Orgel kostet brauche ich Dir ja wohl nicht zu erklären.
Verständlich ist es, wenn Dir dies jetzt kaltherzig vorkommt, dass nicht das Wohlergehen der Gläubigen die Temperatur bestimmt, sondern die Resilienz des Orgel-Materials.
Lass Dir hier gesagt sein, dass es auch in der Wirtschaft nichts Ungewöhnliches ist, wenn die Temperatur der Klimaanlagen in Bürogebäuden nicht dazu dient die Arbeitnehmer zu erquicken, sondern die permanente Betriebsbereitschaft der Anlagen der elektronischen Datenverarbeitungsanlagen (IT) sicherzustellen. Auch dort gilt:
"Nur aus einem gesunden Material erwächst gesunder Ertrag!"
Um es gleich vorweg zu nehmen. Für die Weihnachtsfeier wird keine Ausnahme gemacht. Auch vor über 2000 Jahren zur Geburt unseres Herrn hatte man keine Krippen Heizung, die man anschalten konnte. Man zog damals in der Nacht einfach wärmere Kleidung an oder kroch tief unters Stroh. Dann und wann kuschelte man damals auch enger mit Ochs und Ziege.
Das pflichtwidrige Fernbleiben von verweichlichten mimosenhaften Gottesdienstbesuchern nehmen wir als Kollateralschaden hierbei genauso in Kauf wie den ein oder anderen Eiszapfen an der Nase eines Gläubigen (m/w/d) während der Messfeier. Die damit kalkulatorisch verbundenen geringeren Kollekten-Erträge aufgrund mangelnder Besucherzahl sind mit dem rhetorischen Schwung geschickter Predigten so wieder auszugleichen, dass sich der harte Kern der teilnehmenden Gläubigen zu höheren Spendenleistungen durch Deine feurigen Kanzelreden animiert fühlt. Die wenigen, die kommen, geben halt mehr in den Opferstock. Auf die zurzeit laufende Challenge "SORGET FÜR PFRÜNDE 2022" sei hier verwiesen.
Nehmen wir uns ein Beispiel an unseren Brüdern im hohen Norden. Die Eskimos beklagen sich auch nicht, wenn der eisige Polarwind durch die Iglu-Kirche pfeift. Dort ist man nicht westlich verweichlicht, sondern umweltangepasst. Da wird nicht gleich gemotzt, wenn es bei 35 Grad minus Außentemperatur auch innerhalb des Iglu zur Sache geht, sondern der Lebertran rausgeholt und innerlich vorgeglüht.
Es bleibt Dir, lieber Bruder Pauli überlassen, eine ausreichende Menge von Kerzen zu bevorraten, welche ja auch eine gewisse Wärmewirkung haben, wenn man diese geschickt in der Kirche positioniert. An dieser Stelle sei auf die vielen 1 Euro Shops hingewiesen, welche diese preisgünstig aus asiatischer Produktion oft anbieten. Sollten Messbesucher durch lautes husten und Nase schniefen die Andacht stören, ist die Lautsprecheranlage einfach stärker einzustellen.
Man muss in diesen Tagen der Prüfung unserer Glaubens-festigkeit einfach mal erfinderisch sein.
Wie sagt es selbst Psalm 2,11 doch so schön:
"Dient dem Herrn mit Furcht und freut Euch mit Zittern."
Erwärmet Euch an der FROHEN BOTSCHAFT!
gez. Dr.T.Abernakel
Ps: Lieber Bruder Pauli, bei Rückfragen hierzu bitte in den nächsten Monaten meine Vertretung ansprechen, da ich mich für einige Monate nun bei unserer amerikanischen Partner-gemeinde in Miami Florida aufhalten werde. Mein Besuch dort ist schon lange überfällig gewesen.
Bruder Pauli, wir sitzen alle in einem Boot bei schwerer See!