Der Wehrdienst-
verweigerer

- Satire -


Quem di diligunt adulescens moritur!
(Jung stirbt, wen die Götter lieben!)


Auch ich muss bekennen, dass die Zeit des "Kalten Krieges" an mir damals nicht spurlos vorbeigegangen war. Wer konnte auch damals ahnen, dass irgendwann einmal die Mauer fällt und lupenreine Demokraten wie Pilze aus dem Boden sprießten. Wobei man natürlich auch heute noch darauf hinweisen muss, dass es neben essbaren Pilzen auch um so mehr giftige gibt. Man erkennt diese giftigen Pilze nicht immer gleich sofort. Man muss schon genauer hinschauen, da viele giftige sich als essbar und gesund tarnen. Oft kann man diese kaum auseinanderhalten, da die Grenzen zwischen ungiftig und giftig fließend sind. .....Selbsternannte Pilzexperten tauchten plötzlich überall auf, welche oft einen Wiesenchampignon nicht von einem Knollenblätterpilz unterscheiden konnten. ......Apropos ...." lupenreine Demokraten". Wer konnte damals beim Fall der Zonenmauer z. B. schon erahnen, wie sich das demokratische Bewusstsein einiger Brüder und Schwestern zukünftig entwickeln würde? Vieles entwickelte sich im Laufe der Zeit dort anders als es geplant war. Früher, zur Zeiten der Zonengrenze, spotteten viele über die Bezeichnung der Mauer als antifaschistischen Schutzwall. Heute wird manchem Spötter klar, warum diese vielleicht so genannt wurde.

Es begab sich zu jener Zeit des Kalten Krieges, dass ich meinen Dienst im Geiste auch als religiöse Aushilfslehrkraft in einem Gymnasium leistete.

Ein volljähriger Schüler, mehrfach schon sitzen geblieben, sprach mich eines Tages an, ob ich ihm in einer persönlichen Angelegenheit weiter helfen könne.
Da ich davon ausging, dass er ein vertrauliches Sündenbekenntnis abgeben wollte, lud ich ihn zu einem diskreten Gespräch im Beichtstuhl ein.

Der Schüler erschien pünktlich und machte es sich auf der harten Eichen-Knie-Bank bequem.
Nachdem ich die Vorhänge zugezogen hatte, forderte ich ihn auf, mir sein Herz auszuschütten, auf das seine Seele Erlösung von kummervollen Lasten finde.
Das Gespräch lief, ich habe meine Gesprächsprotokolle diesbezüglich noch einmal nachgelesen, wie folgt ab:

Schüler: "Hochwürden, vor 2 Wochen hatte ich meine Musterung beim Kreiswehrersatzamt."

Pauli: "Was war das Ergebnis?"

Schüler (mit trauriger Stimme): "Ich bin voll wehrtauglich geschrieben worden."

Pauli: "Ich höre da eine gewisse Trauer in Deiner Stimme, mein Sohn, für die es absolut keinen Grund gibt. Der Herr hat Dir die Gnade eines gesunden Körpers geschenkt, damit Du Deinen Verpflichtungen Deinem Land gegenüber auf dem Ehrenfeld nachkommen kannst. Du solltest stolz auf Deinen gesunden Körper, einem Geschenk des Herrn, sein."

Schüler: "Welche Verpflichtungen?"

Pauli: "Nun, der Herr hat dich auserwählt notfalls mit dem Schwert in der Hand die Ungläubigen zu bekämpfen."

Schüler: "Und wenn ich das gar nicht will?"

Pauli: "Dann stellst Du dich gegen Deine Bestimmung und begehst eine Sünde."

Schüler: "Aber laut unserem Grundgesetz steht mir doch das Recht auf Wehrdienstverweigerung zu!"

Pauli: "So so, dass Grundgesetz mal wieder. .....Kennst Du denn überhaupt den genauen Wortlaut?"

Schüler: "Also in Artikel 4 (1) steht, dass die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses unverletzlich sind. In Artikel 4 (2) steht, dass die ungestörte Religionsausübung gewährleistet wird und Artikel 4 (3) sagt aus, dass Niemand gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden darf."

Pauli: "Es ist wirklich schön, wie Du das alles auswendig gelernt hast. ....Erstaunlich! ......Wenn es um Eure Rechte geht seid ihr Schüler ja stets gut informiert. ........Aber was ist mit euren Pflichten? .......Leider spiegelt sich dieses Lernvermögen auch nicht in Deinen aktuellen Schulnoten wieder und mich wundert es nicht, dass Du den letzten Satz von Artikel 4 (3) vergessen hast. Da steht nämlich, dass alles Nähere ein Bundesgesetz regelt. ......Und rate mal, was in diesen Bundesgesetzen so alles drin steht. ............Solche weltlichen Rechte sind eine Sache. Davon feige Gebrauch zu machen ist eine andere Sache. Bist Du Dir überhaupt über die Konsequenzen Deiner sündhaften Gedanken im Klaren?"

Schüler: "Ja, ich brauch nicht zum Barras!"

Pauli: "So einfach ist das nicht, mein Sohn. Bedenke, dass östlich hinter unseren Landesgrenzen der institutionalisierte Teufel, 24 Stunden am Tag, sein Unwesen treibt. Der wartet nur darauf, dass wir unachtsam werden, klein beigeben und unsere Wehrkraft durch pazifistische Träumereien selber zersetzen."

Schüler: "Aber es heißt doch, dass man seine Feinde lieben soll, wie sich selbst. Das steht doch, glaub ich, in 3. Mose 19,18 selbst drin!?"

Pauli: "Ja, schon, aber diese Liebe darf nicht gefahrenblind machen. Nicht umsonst steht in 2. Mose 15,6: "Herr, Deine rechte Hand hat die Feinde zerschlagen" und noch deutlicher stets in 3. Mose 26,7: "Ihr sollt eure Feinde jagen, und sie sollen vor euch in das Schwert fallen. "

Schüler: "Dann wäre die Verweigerung des Wehrdienstes also eine Sünde?"

Pauli: "In unserem Land schon, aber nicht im Reich des Bösen. Da wäre es eine Heldentat."

Schüler: "Und was ist mit lieber rot als tot?"

Pauli (mit lauter Stimme): "Das geht gar nicht!! In 1. Korinther 10,21 steht klar und deutlich: "Ihr könnt nicht zugleich trinken vom Kelch unseres Herrn und vom Kelch des Teufel. Ihr könnt nicht zugleich teilhaftig sein des Tisches des Herrn und des Tisches des Teufel."

Schüler: "Pater Pauli, bibelfest sind Sie ja, aber haben Sie auch eine eigene Meinung?"

Pauli (erbost): "Jetzt werde nur nicht frech. Natürlich habe ich auch eine eigene Meinung."

Schüler: "Und die wäre?"

Pauli (mit erregter Stimme): "Es ist geradezu asozial seinen Mitbürgern gegenüber, seiner Mannespflicht nicht nachzukommen und sein Land nicht, gegen die ungläubigen Teufel der moralischen Finsternis zu verteidigen."

Schüler (mit trauriger Stimme, nach einer Schweigeminute des Nachdenkens): "Mhmmm, jetzt bin ich natürlich etwas enttäuscht. Ich hatte gehofft, dass Sie mir helfen, mich auf meine Gewissensprüfung zur Wehrdienstverweigerung vorzubereiten? Nebenbei, ein Krieg mit denen ergäbe ja ohnehin keinen Sinn, da die Atomwaffen haben und wir nicht."

Pauli (anscheinend schwer verärgert und nun so lautstark, dass man es damals im gesamten Kirchenraum hören konnte): "Was bitte? Du hast wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank? Defätismus werde ich nicht auch noch unterstützen. Nebenbei, ich habe vor unserem Gespräch noch einmal Deine Matura Vornoten in allen Fächern überprüft. Du hast schon eine 5 in Deutsch. Sollte nun auch noch eine 5 in Religion dazu kommen, sieht es übel für Dich aus!"

Schüler (kleinlaut, nach einer weiteren Schweigeminute): "Ja, so schlecht ist der Kampf gegen das Reich des Bösen vielleicht ja gar nicht?!"

Pauli: "Siehst Du, mein Sohn, nun hast Du es kapiert. Und nun verschwinde, damit ich bei der Zensurenvergabe Barmherzigkeit walten lassen kann."

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