Le Catacombe
dei Cappuccini

Wo der Tod zweitausend Gesichter hat 
- History -

Vorwort:
Wenn man ein gewisses Alter im Leben erreicht hat, hat man in der Regel auch eine überschaubare Anzahl von Beerdigungen mitgemacht. Festzustellen ist, dass in unserem Kulturkreis der Tod im Regelfall nur noch optisch anonymisiert von den Hinterbliebenen erlebt wird. Vom Todeszeitpunkt an, wird der Leichnam vor den Blicken der noch nicht gestorbenen optisch oft verborgen. Oft haben die Angehörigen weder Möglichkeit noch großes Interesse den Toten vor der Beerdigung noch einmal aufgebahrt zu sehen.
Dies war in der mittelalterlichen bäuerlich-dörflichen Gemeinschaft auch Umstände bedingt anders, da dort der Tote (m/w/s) manchmal durchaus 1 Woche in einem Raum noch in seinem Totenbett praktisch allen Angehörigen und Nachbarn zur Verabschiedung aufgebahrt war.
Das es auch anders geht, kann man in den "Le Catacombe dei Cappuccini" (GPS Breite 38° 6'42.30"N Länge 13°20'24.63"E) erfahren. Einer italienischen Nekropole im chaotischen Palermo, welche ich persönlich vor ca. einem Jahrzehnt einmal besucht habe.
Vorausschicken muss ich hier, dass die Fahrt mit dem Leihwagen durch Palermo schon ein Abenteuer für sich war, da hier Verkehrsregeln von den Einheimischen als unverbindliche lästige Vorschläge der Stadt-verwaltung angesehen werden und nicht als Verhaltensanweisungen. Dies führt unweigerlich dazu, dass man nach wenigen Minuten genauso selbstbewusst in die Pedale tritt wie die Einheimischen, wenn man nicht schon auf dem Fahrweg zur Nekropole ums Leben kommen will. Hier keinen Unfall mit Motorrollerfahrern zu bauen war keine Frage der eigenen Fahrkünste, sondern nur reiner Zufall.

Am Friedhof, welcher sich unterhalb des Kapuzinerklosters (convento die cappuccini) befindet, angekommen, wurde man damals gleich von einem selbsternannten Parkplatzanweiser empfangen, welcher sich optisch raffiniert mit einer gelben Signalweste eingekleidet hatte und wild gestikulierend den Touristen unbeauftragt den Weg zu einem freien kostenlosen Parkplatz (GPS Breite 38° 6'41.83"N Länge 13°20'21.32"E) zeigte. Dafür wollte er damals natürlich gleich 1 Euro abkassieren. Da mir der Kassierer des Eintrittsgeldes an der Nekropole mitteilte, dass es sich hier um einen arbeitslosen Familienvater handelte, welcher hier auf diese krumme Art und Weise etwas Geld verdienen wollte und der Eintritt in die Grabstätte nur ca. 2 Euro kostete, drückte ich diesem das Geld in die Hand.

Nun aber zur Catakombe die cappuccini:

1599 n. Chr. stellten Kapuzinermönche fest, dass in ihrem sizilianischem Kloster die zur Verfügung stehenden Flächen für die Beerdigung der Klosterbrüder nicht mehr ausreichten. Bei den Bauarbeiten zwecks Vergrößerung der Bestattungsfläche und den damit verbundenen Umbettungsarbeiten stellten die Kapuziner fest, dass die umzubettenden Alt-Leichen unerwartet kaum verwest waren.
Man entschloss sich u. a. deswegen, zukünftig alte und neue Leichen aufrecht stehend an den Gewölbe-Wänden festzumachen bzw. dort festzunageln.

Im Laufe der Jahrhunderte (bis ca. 1670 n. Chr. erfolgten dort praktisch nur Bestattungen von Mönchen) sammelten sich in diesem außerge-wöhnlichen Friedhof somit u.a. an den Wandflächen über 2.000 Leichen an, welche bis heute für Touristen zu besichtigen sind. Die älteste Mumie soll dabei bis heute der Kapuzinermönch Silvestro da Gubbio sein, welcher um 1599 n. Chr. herum dort gestorben und bestattet worden sein soll.

Spätestens ab ca. 1739 n. Chr. erkannten die Mönche, dass man mit dieser Art von Pseudo-Beerdigung gutes Geld verdienen kann, da sich immer mehr gut betuchte Interessenten der sizilianischen Mittel- und Oberschicht (ranghohe Militärs, Politiker, wohlhabende Stadt-kriminelle, Ärzte ......) für eine dortige Ruhestätte interessierten.
Damals war man noch der Ansicht, dass die Beerdigung einer Zivilperson an einem solchen mystisch-religiösen Ort gleichzeitig auch einen persönlichen Vorteil beim Durchlaufen des Jüngsten Gerichts bedeuten würde. Weiterhin waren betuchte Zeitgenossen zu dieser Zeit davon fasziniert, dass man als Leichnam dort nur sehr langsam verweste.

Erst so um 1837 n. Chr. herum war es dann mit diesem Angebot zu Ende, da die dortige Bestattung in der dortigen extremen Sonderform den weltlichen Behörden nicht mehr zusagte. Im Zeitraum 1837 n. Chr. bis ca. 1881 n. Chr. durften Tote dort nur noch mit Särgen zu Grabe getragen werden.

Eine der weltweit bekanntesten Toten ist dort die kleine Rosalia Lombardo. 1920 soll diese im Alter von nur 2 Jahren an der Grippe gestorben sein. Diese wurde im verglasten Sarg so geschickt einbal-samiert, dass diese noch heute so aussieht, als würde sie dort nur schlafen und könnte jederzeit wieder aufwachen. Einige Tote sind in Glassärgen an den Hallendecken gebettet worden und schauen den Besucher direkt an, wenn man durch die sauber gefegte Gruft läuft. Es hat manchmal den Anschein, als würden diese dort jeden unserer Schritte verfolgen. Viele Tote , welche mit teilweise weit aufgerissenen Mund dort hängen, tragen dort noch die mittelalterliche Straßen-kleidung und auch bisweilen Kopfbedeckungen (z. B. Dreispitz; vereinzelt noch mit leicht behaarten Schädeln). Kinder haben dort manchmal noch das Taufkleid an. Schon anhand der Kleidung kann man die ungefähre soziale Stellung des Verblichenen in Ungefähr einschätzen. Selbstverständlich wurden die Mumien dort u.a. nach Geschlechtern und Berufsklassen getrennt, etwas anderes hätte zur damaligen Zeit auch schnell Ärger gegeben. Einige Frauen haben noch einen Regen- oder Sonnenschirm in der skelettierten Hand und auch vereinzelt noch eine Handtasche. Einige Männer konnte man auch nach ihrem Tod nicht von ihrem Schwert oder Gehstock trennen.

Wer sich fragt, warum so viele Leichen dort nicht vollständig verwest sind, sollte sich vor Augen halten, dass manche chemisch einbalsamiert wurden und auch das das Tuffgestein und viel vorhandener Kalk die austretenden Leichensäfte aufgesaugt hat. Die Einbalsamierung erfolgte in vielfältiger Weise, je nach Geldbeutel und Wünsche der Hinter-bliebenen sachkundig unter zu Hilfenahme von z.B. Arsen, Kalk, Kalkmilch, Venen-Formalin. Die dortige spezielle Mikroklima Atmosphäre tat mit ihrem Dehydriereffekt ein Übriges dazu.
Angeblich, so berichten bis heute ältere Anwohner, würde in den Gängen des Nachts das Gespenst des Graf v. Cagliostro umherirren.

Fazit:
Absolut sehenswerte oberkrasse Location, die aber auch absolut nichts für Leute mit Depressionen ist, da diese sich nach einem Besuch den Gang zum Psychiater für den Rest ihres Lebens wahrscheinlich sparen können. U.a. zum Schutz vor Beschädigungen durch geistig minder-bemittelte Randalierer wurden viele Mumien durch Gitter geschützt. Auch eine Kameraüberwachung und ein nachvollziehbares Foto-grafierverbot wurde dort realisiert. Innerhalb der Katakomben hatte ich damals einen muffigen Verwesungsgeruch erwartet. Tatsächlich wehte dort aber ein geruchloser frischer Wind durch die Gänge. Zwei halb-starke Touristen mit roten Pausbacken, welche am Eingang der Gruft noch unangemessen redselig waren, traf ich später in einem der unter-irdischen Gänge wieder. Das Blut war ihnen aus dem Gesicht gewichen und mit käseweißem Gesicht schienen sie plötzlich wortkarg geworden froh zu sein, den Ausgang wieder erreicht zu haben. Ihnen dürfte die Zweifelhaftigkeit des Spruchs
"STERBEN TUN IMMER NUR DIE ANDEREN"
vielleicht dort klar geworden sein.

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Weiterer ähnlicher Besichtigungsvorschlag: Catacombe di San Gaudioso Piazza Sanità, 14, 80100, Neapel Italien
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