Holland 2022
Zwijndrecht, Barendrecht, Appeltern und Roermond
- Reisebericht und Satire -
(alle GPS-Angaben ohne Gewähr)


Liebe Freunde*innen des Käses und Feinde des "Harzer Roller",


diesmal erkundete ich als bekennender Holland-Fan Zwijndrecht, Barendrecht, Appeltern und Roermond, oft unterhalb des Meeresspiegels dort verweilend, zur Osterzeit.


Das Tolle an den Niederlanden ist, neben den netten Einwohnern, den Pommes, Bitterballen, Prinz Pilsje und Frikandeln u.a. die Fahrradfreundlichkeit der Topografie.
Ca. 37.000 Kilometer Fahrradwege gibt es in den Niederlanden im Jahr 2022.
Es gibt so wenig Steigungen, dass die Niederländer ins Sauerland reisen um einmal Berge zu sehen. Unseren 1493 Meter hohen Feldberg in Baden-Württemberg erklimmt der Niederländer nur mit Sauerstoffflaschen, welche durch am Fuß des Berges angeheuerte Sherpas für diesen hochgeschleppt werden. Ja, man kann es fast nicht glauben, aber so ist das, wenn man in niederländischen Tälern groß geworden ist! Da wird der Brocken im Harz schnell zum Himalaya.


So erzählen es wenigstens die Legenden am Lagerfeuer.


Die Holländer erschienen mir schon immer sehr häuslich. Die sauber gefegten Straßen sind tagsüber oft menschenleer und nur dann und wann radelt ein Einheimischer zügig an einem vorbei mit unbe-kanntem Ziel. Man liebt das häusliche anscheinend so sehr, dass gefühlt jeder zweite Niederländer eine Anhängerkupplung am Auto hat, an der der obliga-torische üppige Wohnanhänger hängt.
Hier, wo gefühlt jede Zweite(r) Mareike, Emma oder Noah bzw. Hans heißt, scheint die Welt noch in Ordnung zu sein, wenn man davon absieht, dass der Großraum der Provinz Limburg ein bedeutender europäischer Drogenumschlagplatz geworden sein soll. Aber dort ist man ausreichend sensibilisiert. Wenn hier eine Mutter schwer identifizierbares Krau(t) in einem PVC-Tütchen im Schultornister Ihres Sohnes findet, weiß diese genau, dass es sich hierbei nicht um Petersilie aus dem Plantencentrum handelt.
Aber so ist es halt.

Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten. Und um den Schatten zu bekämpfen, haben die meisten Holländer anscheinend keine Gardinen vor den Fenstern. Man kann in vielen Häusern von vorne bis hinten durch-sehen. Ein in Deutschland undenkbarer Zustand. Das Gerücht, dass dies an einer Gardinensteuer liegen würde, soll aber in den Bereich der blühenden Fantasie von uns Deutschen gehören. Dem Nieder-länder ist es anscheinend egal, wer ihm in das Wohn-zimmer glotzt. Ganz im Gegenteil grüßt der/die Ein-heimischen freundlich demjenigen zu, welcher neu-gierig von außen in sein Heim blickt. Deswegen haben Niederländer auch im Urlaub in ihrem Hotel kein Problem damit, wenn diese mit ihren Zimmer-nachbarn links und rechts einen gemeinsamen Balkon oder eine Terrasse teilen.

Soweit das übliche Klischee, wobei man anmerken sollte, dass in jedem Stereotyp auch ein Kernchen Wahrheit stecken kann.

Im Bereich der Oude Maas findet man fast durchgehend ebene Fietspad Streckenführungen die zum Fahrradfahren einladen. Oft sind diese gut asphaltiert außerhalb oder parallellaufend zu den Kraftfahrzeugstraßen angelegt, sodass man sich nicht mit den motorisierten Verkehrsteilnehmern ins Gehege kommt.


Es gibt eine Faustregel der dortigen Security-Produzenten: Ein Fahrradschloss sollte mindestens 10 % des Wertes des Rades kosten. Wenn man sich so in manchen holländischen Fahrradgaragen umsieht, scheint es aber oft umgekehrt zu sein. Da wird ein verrosteter Drahtesel mit aufgeschlitztem Sattel mit einer mehrere Kilogramm schweren Stahlkette gesichert, die man auch als Abschleppseil für einen Leopard II Panzer verwenden könnte. Wahrscheinlich kann man mancher Kette über ALEXA noch smarte Öffnungsbefehle geben. Unter gut informierten Fietsenfahrern soll sich aktuell sogar das Gerücht verbreitet haben, dass dort mehr Fahrradschlösser als Räder geklaut werden. Wie groß muss die Verwunderung sein, wenn Hans oder Mareike zum Abstellplatz kommen, ihr Rad noch vorfinden und nur feststellen, dass das AXA Schloss geklaut wurde. .....Also auch hier mal wieder eine verkehrte Welt, wo plus und minus vertauscht scheint.


In meinem Hotel schien jeder dritte einen Hund dabei zu haben. Im Prospekt stand, dass die im Hotel nicht erlaubt sind. Na ja, wer alles glaubt, was er liest, ist selber schuld und solange die leise sind und nicht im Speisesaal erscheinen, geht das ja meiner Ansicht nach noch. Es ist aber nicht jedermanns bzw. jeder-fraus Sache sein sauteures 3 Gänge Menü zu genießen, wenn man dabei ständig auf einen stark sabbernden Dobermann blicken muss der zusätzlich noch übel riecht und einen mit triefenden Augen und hechelnder Zunge um einen Gnaden-Bissen anbettelt.


Wenn man aus den bodentiefen Hotelzimmerfenstern blickte, konnte man im Minuten Rhythmus Binnen- und Hochsee-Last- und Frachtschiffe sehen, welche vollbeladen von Rotterdam kamen oder dahinfuhren.

Das Transportgeschäft scheint im April 2022 gut zu laufen.
Nachts, begleitet vom orangefarbenen Riesenvoll-mond, fuhren weniger Schiffe am Zimmerfenster vorbei. Manchmal zitterte das Hotelzimmer ein wenig, wenn die Geräusche ihrer Motoren und Schiff-schrauben in den Frequenzbereich des Infraschalls entglitten.

Am besten erkundet man Holland per Fahrrad, wenn man Sonderbarkeiten entdecken will. Auch ich lieh mir für 12,50 Euro Tagespreis ein Rad im Hotel aus und düste über gut ausgebaute Radwege bei sonnigen Wetter entlang der Oude Mas stundenlang in nördlicher Richtung dahin. Hätte ich ein Pedelec gemietet hätte ich 25 Euro/Tag zahlen müssen. Bevor man losfährt sollte man das Leihrad überprüfen. Manchmal fehlt eine Luftpumpe oder es ist kein Schloss vorhanden. Bei E-Bike's sollte man vor Tourbeginn den Akku-Ladestand kontrollieren.


"Let op de drempel!"


Wenn man diesen Hinweis irgendwo liest,sollte man als Auto- oder Radfahrer die Geschwindigkeit schnell reduzieren, da man beim Nichtbeachten Gefahr läuft vom Boden abzuheben. Hier ist eine Bodenschwelle noch eine Bodenschwelle die Ihren Namen verdient und kein Maulwurfshügel.



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Exkurs:

Beim Betrachten der unzähligen vorbeifahrenden Schiffe, kamen mir die folgenden Gedanken:


Müssen wir uns 2022 wirklich Sorgen um unsere europäische Wirtschaft machen?

Bei allen sozial bedenklichen Begleiterscheinungen die der Kapitalismus in Europa hat, hat dieser zumindest einen Vorteil anderen Gesellschaftssystemen gegenüber.

Dies ist seine unglaubliche oft unmoralisch wirkende Anpassungsfähigkeit.
Wenn in diesem System, welches auf Gewinn-maximierung eingestellt ist, ein Wirtschafts-teilnehmer ins Straucheln kommt, profitiert zur selben Zeit ein Mitbewerber dadurch. Ähnlich dem physikalischen Energieerhaltungsgesetz sorgt anscheinend ein Kapitalerhaltungsgesetz dafür, dass aus dem Wirtschaftskreislauf Kapital an sich meistens nicht verloren geht. Es wird nur permanent umverteilt und transformiert. Umverteilt meistens in die Taschen derer, welche schon genug haben.


Wenn man LOTTO spielt, kann nur deswegen jemand die Millionen abkassieren, weil tausende gleichzeitig nichts gewinnen und ihren Einsatz als Loser in den Gewinntopf werfen. Man kann nur gewinnen, wenn jemand anderes gleichzeitig verliert.

Dies ist ein ethisches Problem unserer Wohlstands-gesellschaft.
Unser europäischer Wohlstand baut darauf auf, dass es anderen in der Welt, mit den wir direkt oder indirekt Handel treiben, nach dem Handel schlechter geht als uns oder zumindest nicht besser als vorher.
Die Welt polarisiert.
Die Reichen werden immer reicher und die Armen immer ärmer. Das gilt auch für die Niederländer.
Ca. 50 % der Niederländer besitzen heute ein eigenes Haus, eine Eigentumswohnung und oft kommen noch PKW, Wohnwagen, Aktienpakete und ein Boot hinzu. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass diese beim EU-Glücksbarometer 2020 angeblich auf Platz 2 lagen und wir Griesgram-Deutschen auf Platz 10. Tja, spätestens ab der Gründung der nieder-ländischen Ostindien-Kompanie wusste man in Holland, dass Käseproduktion allein keinen Wohlstand bringt. Auch die großzügige Akzeptierung von Briefkastenfirmen (special-purpose entities) und das Klima einer Steueroase für multinationale Unternehmen gehört dazu.
Diese Tendenz der Polarisierung wird durch staatliche und private Transferleistungen (z.B. soziales Engagement) kaschiert, sodass man es nicht gleich so leicht bemerkt. Im Endeffekt fördert dies und auch u.a. die exorbitanten Rüstungsausgaben der Nationen dieser Welt, die ständig steigenden Staats-verschuldungen vieler Industrie Nationen dieser Erde, welche wir weltweit schon im dreistelligen Billionen Dollar Bereich ansiedeln. Eine Info-Quelle spricht von weltweiten Schulden (alle Staaten zusammen im Jahr 2022) in Höhe von ca. 226.000.000.000.000 EURO. Niemand kann diese Schulden in Zukunft noch vollständig tilgen.
Der Zug ist abgefahren! Abgefahren zu einer Reise ohne Endbahnhof.
Die meisten verschuldeten Nationen sind froh, wenn sie die Zinsforderungen wenigstens zum Teil noch bedienen können. Von Tilgung derselben können diese nur noch träumen. Wenn IWF und WELTBANK in ihrer Wachstumsprognose von "weltweiten Wirtschaftswachstum" reden, bedeutet das, dass sich die üblichen privilegierten Staaten, auf Kosten der Staaten, welche z. B. als Entwicklungsländer am Ende der Nahrungsketten stehen, positiv entwickeln.
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Fast der gesamte Bereich der Oude Mass ist sehr sehenswert und naturorientiert.
Oft schweift der Blick fast bis zum Horizont über anscheinend nur durch Grachten getrennte Pferdekoppeln und Felder.
Gewächshäuser sind dort teilweise so groß, dass die Belegschaft Fahrräder im Innenbereich verwendet.
Landwirtschaft, Pferde- und Viehzucht prägen die Dämme und Ebenen genauso wie die dort grasenden Schafe und Ziegen. Teilweise haben Privatleute diese angeschafft, damit die Tiere die steileren Damm-hänge abgrasen, weil das ökologischer,praktischer und preiswerter ist als dafür professionelle Maschinen zu verwenden.
Man merkt an unzähligen Stellen, dass der Nieder-länder über Jahrhunderte gelernt hat mit der Natur in möglichst enger Eintracht zu leben.


Immer wieder kommt es zu ungewöhnlichen Begegnungen.


Da war z.B. ein Mann, der einen ca. 30 cm großen UHU auf dem Arm durch eine Parkanlage trug. Wo sieht man so etwas schon einmal bei uns in Deutschland?
Vor einiger Zeit bin ich mal die Maas in Richtung Rotterdam in einem Wassertaxi hochgefahren. Auf einer Flussseite hatte jemand tatsächlich ein riesiges Gebäude/Schiff in Form einer Arche (Nieuwe Maas GPS 51°54'13"N 4°34'40"E; ca.120 Meter lang, ca. 30 Meter breit) aufgebaut.
Die moderne Technik breitet sich auch dort immer mehr im privaten Bereich aus.
Gehöfte mit viel zu großen liebevoll gepflegten Vorgärten findet man häufig, auf denen Rasenroboter schweigsam vielerorts ihre Arbeit verrichten. Typisch Deutsch ist es wahrscheinlich, wenn man bei deren Anblick als erstes daran denkt, ob die gut gegen Diebstahl versichert sind.


Irgendwo in Holland ist immer was los.


Ein Convoy von Zugmaschinen präsentiert, auf meiner Radtour in der Nähe von Zwijndrecht, lautstark Ihre Hupen bzw. Fanfaren, während diese einen Umzug JUST FOR FUN machen. Letztes Jahr war es ein Treffen von Oldtimer- Traktorfreunden, welche sich laut bemerkbar machten. Nur in Holland habe ich bisher so oft und so viele Oldtimer, welche den Namen Oldtimer auch verdient haben, gesehen. Ebenso war es erstaunlich wie viele TESLAS hier schon herumfahren. Aber nicht nur in der E-Mobilität schreitet man hier mit sieben-Meilen-Stiefeln voran. Auch im Gesundheitswesen, wenn es um die Bekämpfung von Pseudomonas aeruginosa, Entero-kokken und Staphylokokken geht, scheint man dem deutschen Nachbarn bei der Bekämpfung multi-resistenter Krankenhauskeime eine Nasenlänge voraus zu sein.


Auf der Radtour sah ich am Horizont die Skyscraper von Rotterdam.
Auch in Rotterdam sollte man mal gewesen sein und wenn ich mich entscheiden müsste zwischen Frankfurt und Rotterdam, dann hätte Frankfurt keine Chance.


Unzählige Vögel brüten lautstark zeternd in den Wasserläufen der Oude Maas.
Dann und wann wird diese Idylle leider durch Testosteron gesteuerte Speed Boot Fahrer lautstark gestört, welche zum Glück dank ihrer Geschwindig-keit genauso schnell wieder verschwinden, wie diese gekommen sind.
Die Fremdsprachen kundigen Holländer, mit denen man schnell ins Gespräch kommt, wirken fast immer entspannt und freundlich. Man merkt, dass man es hier mit einem Küsten- und Seefahrer Volk zu tun hat, die einen anderen Weitblick zu haben scheinen als mancher spätgermanische Michel dessen Weit-blick dann und wann durch seine ins Gesichtsfeld herunterrutschende Pickelhaube beeinträchtigt wird.


Sehenswert war u.a. auf dieser Ostertour:


(1) BIESBOSCH NATURPARK:


GPS 51°45'55"N 4°46'17"E (Museumsinsel, Biesbosch-museum):
In der Neuzeit dient der Biesbosch als Naturschutz-gebiet und zur Trinkwassergewinnung. Im zweiten Weltkrieg wurden dort Schiffe vor den deutschen Invasoren versteckt und der Biesbosch wurde u.a. als Rückzugsort von Widerstandskämpfern und Verfolgten des NS-Regimes genutzt. Heute ist der Nationaal Park de Biesbosch ein einmalig schönes Naturschutzgebiet, bei dem man, wenn man es mit einem Elektroausflugboot erkundet, schnell vergisst, dass man sich noch in Europa befindet.Zurzeit hat man hier Probleme mit Bibern, welche sich hier sauwohl fühlen und alles abnagen was ihnen vor die Zähne gerät. Ich erinnerte mich daran, dass ich von ähnlichen Problemen vor Jahren schon einmal während einer Argentinien Reise in Feuerland bzw. Patagonien gehört hatte.


(2) APPELTERN:

(gem.West Maas en Waal, GPS 51°49'56"N 5°35'27"E (Kraftwerksmuseum De Tuut; Stromgenerator).

An sich lohnt es sich nicht extra deswegen dorthin zu fahren, aber wer in der Nähe ist, kann ja mal einen Abstecher dahin machen. Man findet ein unkonventionell geführtes Technikmuseum mit kleiner Gastronomie.

Als ich dort auftauchte, war kein Mensch zum Besucherempfang da. Alle Türen waren offen und man konnte in der gesamten Anlage kostenlos frei herumlaufen.


(3) ROERMOND:

GPS 51°11'33"N 5°59'33"E
Neben dem Outlet-Konsumwahnsinn gibt es dort noch sehenswerte historische Gebäude zu besichtigen. So z.B.:


(3.1) Sankt Christophorus Kathedrale:


GPS 51°11'47"N 5°59'04"E
Baubeginn ab ca. 1410 nC. im Baustil der soge-nannten niederrheinischen Gotik. Das Bauwerk hat im Laufe der Jahrhunderte u.a. Brände, Kriege und 1992 nC auch ein Erdbeben durchgemacht. Seit 1661 nC Bischofskirche.


(3.2) Münsterkirche Roermond:


GPS 51°11'36"N 5°59'19"E
Baubeginn ca. Anfang des 13ten Jahrhunderts. Spätromanischer Baustil.


(3.3) Rathaus von Roermond:


GPS 51°11'45"N 5°59'09"E
Ab ca. 1700 nC Baubeginn


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