Kumpels
Kumpels & Aliens & Tetraeder
- Reisebericht - 

Der Tetraeder und die Invasion der
Außerirdischen in Bottrop!

Tief im Westen, wo zurzeit die Sahara die Sonne verstaubt, also mitten im Ruhrgebiet, sozusagen fast an einer Nabelstelle unseres Universums, wo man es nicht vermutet, gibt es entlang der "Route der Industrie- kultur" Sehenswürdigkeiten, welche man dort vielleicht gar nicht vermuten würde.

Ein bautechnisches Highlight ist dort sicherlich der Bottroper Tetraeder.

Eine besteigbare, nachts geschickt beleuchtete Pyramide in Skelett Bauweise, welche, wenn man diese erklommen hat, einen ausgezeichneten 360 Grad Ausblick auf das Ruhrgebiet (Sichtweite bis 40 km bei gutem Wetter) ermöglicht.

Gut, gleich zur Warnung sei hier gesagt, dass man schon schwindelfrei sein sollte, denn es wackelt auf den ca. 380 Lochgitter-Trittstufen beim Weg nach oben etwas und es ist nicht ungewöhnlich dass Menschen auf dem halben Weg zur Spitze wieder umkehren. Besonders interessant wird die Klettertour, wenn der Wind auch noch kräftig durch das dreiseitige Stahlgerippe bläst.

Der Tetraeder wurde auf dem Gipfel einer künstlichen ca. 90 Meter hohen Abraumhalde -

(taubes, nicht mehr im Bergbau zu gebrauchendes Gestein, aufgeschichtet zu einem Pseudoberg, welcher der Schachtanlage PROSPER-Bottrop zuzurechnen ist und dort in der Zeit vom 1969 bis 1993 entstand)

- errichtet.

Solche Halden ersetzen im Ruhrgebiet natürliche Berge und man kann sich dort ziemlich sicher sein, dass alles, was dort Berg ähnlich aussieht keines natürlichem Ursprungs ist. Dies hat sich auch schon bis zu unseren holländischen Nachbarn rumgesprochen, die deswegen als Liebhaber richtiger Berge gleich mit ihren Camping-Anhängern zum Sauerland oder in die Eifel durchfahren und im Ruhrgebiet eher nur die großen Einkaufszentren im Rahmen von Tagesausflügen besuchen.
Hier gibt es eine Reihe von riesigen Abraumhalden, die man in den letzten hundert Jahren durch das Aufkippen von z.B. Bergwerksaushub und ähnlichem aufgebaut hat. Da hier wahrscheinlich auch ab und zu Industrierückstände in Zeiten entsorgt wurden, in denen man noch keine ausgereifte Umweltschutzgesetzgebung hatte, empfiehlt es sich, die Früchte von angrenzenden Kleingartenkolonien mit Misstrauen zu betrachten. Dies gilt aber nicht nur für die Haldengebiete, sondern auch für das gesamte Ruhrgebiet, zudem mal ein Sachverständiger für Umweltfragen gesagt hat, dass man dort, egal wo man die Schüppe ansetzt, praktisch überall Altlasten im geringen oder hohem Ausmaß findet. Und wenn man keine Altlasten findet, dann taucht als Ersatz dann und wann einmal auch ein Blindgänger aus dem II. Weltkrieg auf.

Beispiele für Altlastenarten in den Ruhrgebietsböden:
- Arsen
- Blei
- Nickel
- Cadmium,
- Quecksilber
- Kupfer
- Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)
- Zink
- Natrium-Fluoreszin (Uranin)
- Diethylenglycol (Frostschutzmittel)

Über 100 Jahre Kohleabbau, Zechen- und Kokereiwesen, oberirdische Abwasser-Entsorgungskanäle, chemische Werke und die Eisen- und Stahlindustrie haben ihren Umwelttribut gefordert. Derjenige, der hier vom Verzehr Genuss der Bodenprodukte aus regionalem Anbau schwärmt, sollte vor dem Festmahl besser die entsprechenden Altlastenkataster einsehen. Es kann sein, dass ihm schnell der Appetit danach vergeht.

Es wird ein langer Weg für die Menschen im Ruhrpott werden, doch vieles wurde schon saniert und vieles ist bereits im Prozess eines positiven Wandels.

Doch zurück zur Baumotivation dieser Pyramiden Konstruktion.
Dieses überdimensionale Klettergerüst wurde im Zuge der internationalen Bauausstellung Emscher Park im Jahr 1995 unter Verwendung von ca. 210 Tonnen Stahl -

(Seitenlänge 60 Meter; Höhe der 4 Tragpfeiler aus Stahlbeton je 9 Meter; Länge aller verbauten Rohre 1,5 km; Besucherplattform 1 in 18 Meter Höhe, Plattform 2 in 32 Meter und Plattform 3 in 38 Meter Höhe)

- an der GPS Position Breite 51°31'38"N Länge 6°57'33"E errichtet.

Wenn man mit den dortigen Eingeborenen spricht, erfährt man, dass dieses bautechnische Kunstwerk als eine echte Bereicherung der dortigen Gegend aufgenommen wurde und sich durch die hohe Akzeptanz zu einem Naherholungstreffpunkt gemausert hat, welcher eine große überregionale Sogwirkung entfaltet.

Leider war dieses Haldenprojekt auch schon einmal Ausgangspunkt einer bezeichnenden Provinzposse.

Was war geschehen?

Ein normaler Durchschnittsbürger hatte sich erdreistet, diese Kunstinstallation durch ein eigenes schöpferisches Werk zu entweihen. Anscheinend inspiriert von den metaphysisch esoterischen Schwingungen der Stahlpyramide, begann er eines Tages über lange Zeit (ca. 2004 bis 2009) hinweg, am Fuß des Bauwerks lose Steine (unterschiedlich gefärbte Schottersteine) mittels Handarbeit dort so umzugruppieren, dass sich im Endeffekt von der Spitze des Tetraeders aus betrachtet unten riesige Alien Gesichter ergaben. Dies führte dazu, dass die gesamte Anlage auf der Halde touristisch noch interessanter wurde.

Eine Zeit lang sahen gewisse Kreise dem künstlerischen außerirdischem Treiben zu, doch irgendwann war Schicht im Schacht.

Leider hatte der Freund extraterrestrischer Aktivitäten Herr F.F. (richtiger Name der Red. bekannt), Mitarbeiter in einer Wäscherei, nicht an die terrestrischen Gegenmaßnahmen der dort zuständigen eitlen Kulturmonopolisten gedacht. Diese hatten kein Verständnis für künstlerische Konkurrenz auf der eigenen Halde und sorgten dafür, dass der Steine Leger seine Alien bis zum 18.02.2009, mit tatkräftiger Unterstützung durch einen kostenlos dafür zur Verfügung gestellten Radlader, wieder verschwinden lassen musste.

Auch seine großen Fantasy-Eigenbau-Figuren ("Die Recyclings Hangar 51" hergestellt aus Draht und Produktionsabfällen), welche F.F. am Fuße der Pyramide dann und wann der Öffentlichkeit vorstellte, erregten bei den kommunalen Kulturpäpsten Argwohn.

Wo sollte es auch hinführen, wenn jetzt jeder Kunst macht, ohne vorher diejenigen um Erlaubnis gefragt zu haben, welche die Definitionshoheit für sich in Anspruch nehmen, was Kunst darf, was Kunst ist und was nicht.

Alternative Kunst, für die die Stadt noch nicht einmal etwas bezahlen musste (!), ging anscheinend gar nicht. Auftragskunst wird favorisiert und Kunst darf offensichtlich nur der installieren, der Kunst studiert hat und dem jeweiligen Auftraggeber auch eine üppige Schlussrechnung dafür serviert.

Oft gilt vielleicht die Gleichung: Um so höher der Preis, um so wertvoller und bedeutender ist das Kunstwerk für die Stadt.
Und in einer solchen kapitalorientierten Plan kreativen Lohn Atmosphäre hat natürlich ein kostenloser Selfmade Straßenkünstler keinen Platz.
Wo kämen wir da auch hin?
Nachher macht auch noch jeder Kunst im Stadtgebiet, denkt selbst und geht eigene Wege, ohne vorher um Erlaubnis gefragt zu haben. Solchen basisdemokratischen Firlefanz galt es dort anscheinend zügig zu unterbinden.
Man sehe sich nur an, was die Graffiti Sprüher anrichten, die illegal regelmäßig nachts im Pott unterwegs sind und alles vollschmieren, wobei hier anzumerken ist, dass man die Bedenken der Städte bei Graffiti-Sprühern noch voll nachvollziehen kann. Nur hatte man hier keinen Sprayer der Sachbeschädigung beging, sondern jemanden, der einem vorhandenen Kunstwerk ein eigenes mit hoher Akzeptanz in der Bevölkerung hinzufügte ohne etwas substanziell zu beschädigen.
Wobei wir beim Thema Kunst und Kultur wären.
Als ich diese Geschichte hörte, kam mir der Gedanke, was eigentlich wichtiger ist an einem solchen Kunstwerk, was uns Steuerzahler direkt oder indirekt ja viel Geld gekostet hat. Die Akzeptanz, Animation und Inspiration der Bevölkerung, für die dieses geschaffen wurde, oder die Realisation eines fremdfinanzierten Selbstzwecks, welcher eifersüchtig keinen Mitbewerber in seinem Dunstkreis der künstlerisch bautechnischen Selbstdarstellung duldet.
Gerechterweise sei aber erwähnt, dass der Alien Beseitigungsanspruch rechtlich laut Gutachten einwandfrei (u.a. laut Urheberrecht, da die frechen Alien Figuren das Gesamt-Haldenkunstwerk optisch angeblich beeinträchtigten) bestand und es 08.2011 Herrn F.F. gestattet wurde mit einer Textilbahn-Aktion die alten Zeiten wieder aufleben zu lassen.
Doch gibt es neben Recht und Ordnung nicht auch noch Toleranz, Empathie und Mitmenschlichkeit?
M i t den Aliens hätte sich das erstklassige bautechnische meisterliche Kunstwerk TETRAEDER selber noch mehr in die Herzen der Bevölkerung gebeamt. O h n e diese, ist es nur noch ein gefühlskalter Stahlkoloss, ein Paradebeispiel für die Entfremdung der Stadtverwaltungen, der Kunst und Kultur von denjenigen für die diese Dinge geschaffen wurden, von denjenigen die dies im Endeffekt bezahlt haben.
Armes Deutschland!
Zurück zum Ruhrpott:
Sehr empfehlenswert ist hier der Besuch des Deutschen Bergbau-Museums Bochum (GPS 51°29'19"N 7°13'00"E). Wer über den Ruhrpott (angeblich der viertgrößte Ballungsraum Europas) am Tresen mitreden will und dort im Museum noch nicht war, wird von den Kumpel als Gesprächspartner (m/w/d) vor Ort nicht "für voll genommen". Richtig Punkten in den Biergärten, falls die wegen CORONA mal wieder geöffnet werden, kann dort derjenige, der dann noch im TRAININGSBERGWERK Recklinghausen (GPS 51°33'42"N 7°10'54"E) zu Besuch war. Dort kann man selbst als touristischer Grubenzwerg wie ein Grottenolm mit Schutzhelm und im weißen Grubenmantel Hand anlegen und an der eigenen Haut nachvollziehen, wie hart der Bergmann im Pott unter Tage malocht hat.
Und, bevor ich es vergesse, vom Steigerlied (Steigermarsch) sollte man auch schon mal den Text angelesen, die Melodie gehört haben und wissen was eine Staublunge (Pneumokoniose) ist, wenn man dort nicht als Ignorant negativ auffallen will. Die Menschen im Pott sind stolz auf das von ihnen über lange Zeit geförderte Grubengold und Verballhornungen von Herbies Liedgut wie
"Bochum,...du hast keine Altstadt...und ich kein Bier..."
oder
"Glück auf, Glück auf, der Gerichtsvollzieher kommt..
und er hält den Kuckuck bereits in der Hand......
und er hält den Kuckuck bereits in der Hand..."
werden dort von manchen nicht gerne gehört. Die dortige kumpelhafte Bezeichnung einer nicht unbedeutenden religiösen historischen Person als "Lattenjupp" ist schon fast eine Blasphemie und aufs schärfste an dieser Stelle zu verurteilen!
Und noch eins:
Wer mit den Begriffen BVB, Schalke 04 und RWE nichts anfangen kann, der sollte erst gar nicht im Ruhrgebiet anhalten, sondern gleich durchfahren.

So, dann möchte ich auch zum Schluss kommen und Euch ganz im Sinne von Willi L. (Urgestein des RWE) zurufen:

Ich danke Sie!


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