Pauli als Student
 auf
Wohnungssuche
- Satire -

Vorgeschichte:

Ich entsinne mich noch gut an meine Studentenzeit, als ich voller frommen Mutes, in einer Zeit großer Wohnungsnot, einmal eine preiswerte Studentenklause für mich suchte.

Es war damals schier unmöglich etwas zu finden.

Schon am späten Freitagabend standen Hunderte von Wohnungssuchenden vor dem Druckhaus der Lokalpresse und warteten auf die nur dort erhältliche Frühausgabe des Wohn- und Immobilienmarktes der kommenden Samstagszeitung.

Sobald freitags abends, vor den Toren des Druckhauses, die ersten Samstagszeitungen zum Verkauf bereitgestellt wurden, gab es regelmäßig ein hektisches Gerangel um die Zeitung.

Wer eine Zeitung erobert hatte, rannte sofort, in dieser noch handylosen Zeit, zur nächsten Telefonzelle, hoffte auf den Weg dorthin, dass bloß nicht der Telefonhörer mal wieder abgerissen worden war und machte die ersten Anrufe bei den Inserenten, also den Vermietern der Wohnungen, welche annonciert hatten.

Vor der dem Druckhaus am nächsten gelegenen öffentlichen Telefonzelle bildete sich immer eine meterlange Menschenschlange. Wehe dem, wer zu lange in dieser telefonierte. Ständig wurde die Tür aufgerissen und hinein gebrüllt, oder gegen die Glasscheiben der Zelle ungeduldig und manchmal auch jähzornig getrommelt. Vereinzelt wurde einem auch Prügel angedroht, wenn "man jetzt nicht endlich auflege."

Ganz Raffinierte riefen erst einen Vermieter an, machten mit diesem einen kurzfristigen Besichtigungstermin aus und telefonierten direkt danach mit einem Bekannten, welcher daraufhin sofort diesen Vermieter noch einmal anrief, ohne mit diesem jedoch zu sprechen. Der angerufene Vermieter fragte dann jedes Mal "Hallo! .......Hallo! Wer ist denn da?....." und legte dann kurze Zeit später den Hörer auf die Gabel, da sich niemand meldete. Der Bekannte hielt die Telefonverbindung aufrecht, indem er selbst nicht auflegte, sondern seinen Hörer neben sein Telefon ablegte. Dadurch blockierte er die Leitung zum Vermieter für weitere Wohnungssuchende. Wenn diese anzurufen versuchten, erhielten diese dann immer das "Besetzt Zeichen".

Es wurde gnadenlos mit allen Tricks gekämpft.

Bei einem Besichtigungstermin waren zum Glück nur 35 Interessenten da.

Ich schubste mich so durch die Räume.

Vor dem Vermieter -
der war sehr dick und sehr klein, man konnte den fast gar nicht sehen, bei den ganzen Leuten, so klein war der
- eine dicke Menschentraube.

Trotz seiner geringen Körpergröße hielt er lautstark folgende Rede, die regelmäßig nur von einer "nicht wahr, nicht wahr" Floskel unterbrochen wurde:

Hunde, Katzen, Reptilien- und Vogelspinnenzucht, Insekten im Terrarium oder frei herumlaufend, Anarchisten, Rote Socken, Kleinkinder und Motorradfahrer könne er nicht dulden, nicht leiden und nicht einziehen lassen. Das gälte auch für deren Sympathisanten, nicht wahr, nicht wahr.

Männer- und Frauenbesuche nach 18 Uhr bei alleinstehenden Mietern, Trinkgelage, Kindergeschrei, laute Musik, Perversitäten, gewerbliche Nutzung, Swinger-Klubs und ähnliche unchristliche Fummelgemeinschaften, Gejohle, laszives Lustgestöhne aus dem privaten Wohnbereich heraus und laute Gespräche oder hysterisches Frauen Gelache im Treppenhaus, ebenso das Abstellen von Leergut, unbeaufsichtigten und desorientierten Behinderten, Kleinkindern, Kinderwagen oder Fahrrädern im Eingangsbereich seien absolut unerwünscht und würden von ihm in seinem Haus mit aller Härte bekämpft, nicht wahr, nicht wahr.

Nur vorsorglich weise er darauf hin, dass er zweifacher Schützenkönig war und sich jederzeit mit den entsprechenden technischen Hilfsmitteln durchzusetzen wisse. Die Hilfe der Polizei habe er in 30 Jahren Vermietertätigkeit noch nie benötigt. So manchen Augiasstall habe er selbst ausgemistet. Er wisse ohnehin manchmal nicht, welchen Sinn diese Ordnungshüter überhaupt erfüllten, nicht wahr, nicht wahr.

Vor dem Haupteingang des Hauses sei eine 2 Meter breite Fluchtgasse ständig für Rettungsfahrzeuge frei zu halten. Kraftfahrzeuge, die dort widerrechtlich geparkt würden, würde er notfalls kostenpflichtig ohne Vorwarnung abschleppen lassen. Sollte der Mieter Schwierigkeiten bei der Einforderung der Abschleppkosten machen, würde er die Kosten so mit der nächsten Nebenkostenabrechnung verrechnen, dass es der Mieter gar nicht merkt, nicht wahr, nicht wahr.

Auch am Tag des Einzuges eines neuen Mieters wäre das vom neuen Mieter zu beachten. Die vorübergehende Installation eines Außenaufzuges durch ein Umzugsunternehmen verböte sich dadurch logischerweise von selbst, nicht wahr, nicht wahr.

Gemäß Hausputzplan, von dessen Verpflichtungen nur seine Wohnung befreit sei, seien die um das Anwesen herumführenden 50 Meter langen Fuß- und Fahrwege von den Mietern wöchentlich, oder je nach Witterung und Jahreszeit auch öfter, zu fegen und vom Laub oder Schnee besenrein zu befreien. Hier würde er Stichproben durchführen, damit keine Ungerechtigkeiten entstehen, die den Hausfrieden gefährden könnten, nicht wahr, nicht wahr.

Das Treppenhaus sei über alle Etagen hinweg grundsätzlich in der Putzwoche zu "Glänzern". Dies sei nötig, um ein einheitliches Bild zu wahren, nicht wahr, nicht wahr.

Im Haus würde zur Zeit Wasser gespart.

Das bedeutet: Abgezogen wird in der fensterlosen Toilette, bei jedem dritten Mal "Klein" und bei jedem zweiten Mal "Groß". Die Spartaste am Wandspülkasten sei dabei zusätzlich zu verwenden. Unvermeidbar vorhandene Kinder seien darauf hinzuweisen, nicht wahr, nicht wahr.

Die Spartaste sei nicht zum Spaß und nicht zum Spielen für die Kinder angeschafft worden. Alles in der Wohnung hätte seinen Sinn, nicht wahr, nicht wahr.

Angeblich auftretende Geruchsbelästigungen, immer wieder höre er diesen Quatsch, seien durch ordentliches und regelmäßiges Lüften über die hinreichend dimensionierten Küchen- und Wohnzimmerfenster, schnell zu beseitigen und somit kein stichhaltiges Gegenargument, nicht wahr, nicht wahr. Auch das immer wieder vorgebrachte Argument mit den dadurch angeblich auftretenden Fliegenschwärmen wären reiner Blödsinn, da die Fliegen nur morgens in der Toilette wären und schon mittags alle in der Küche. Das wisse doch jedes Kind.

Zweimal im Jahr würde er eine Wohnungsbegehung ohne Voranmeldung, auch zur Nachtzeit, vornehmen. Sollte der Mieter nicht anwesend sein, würde er sich mit dem Zweitschlüssel Zugang verschaffen. Über die Besichtigungsergebnisse würde danach ein gemeinsam zu unterschreibender Bericht erstellt, der rechtlich automatisch als Nachtrag zum Mietvertrag gilt, nicht wahr, nicht wahr.

Das sei ortsüblich und hätte sich in der Vergangenheit immer wieder bewährt, nicht wahr, nicht wahr.

Wie schon angedeutet, ein Zweitwohnungsschlüssel jeder Mietwohnung würde er aufbewahren, für den Fall der Fälle. Wem das nicht gefiele, der könne ja wieder gehen, nicht wahr, nicht wahr.

Die fällige Miete sei monatlich am Fälligkeitstag, pünktlich zwischen 18:30 Uhr und 20:00 Uhr bar bei ihm in seiner Erdgeschosswohnung zu entrichten. Damit sei sichergestellt, dass er seine Mieter mindestens einmal im Monat persönlich sprechen kann, nicht wahr, nicht wahr, nicht wahr.

Der Miele-Gemeinschafts-Kondenstrockner im weiß gefliesten Kellerbereich sei von allen Mietern sorgsam und ausschließlich zu benutzen. Eine sommerlich bedingte Überlastung des Trockenraums würde er dementsprechend in Zukunft nicht mehr akzeptieren, nicht wahr, nicht wahr.

Die dafür notwendigen Strommünzen könne man einmal im Monat bei ihm käuflich erwerben. Sofern ein Mieter 100 Münzen auf einmal kaufen würde, gäbe es einen Rabatt von 3 Prozent, nicht wahr, nicht wahr, nicht wahr.

Nach Ablauf eines jeden Jahres würde die Münzart regelmäßig geändert um Manipulationen vorzubeugen. Nicht verbrauchte Altmünzen würden zum gleichen Zeitpunkt ihren Wert verlieren. Eine Rückerstattung oder Verrechnung wäre nicht möglich, nicht wahr, nicht wahr.

Das Kondenswasser des Kondenstrockners dürfe nach dem Trockenvorgang nicht achtlos weggeschüttet werden. Es müsste in die große bereitstehende Ökosammelflasche umgefüllt werden, damit das Wasser später für die Dampfbügeleisen der Mieter weiterverwendet werden könnte. Das empfindliche Flusensieb sei regelmäßig so zu reinigen, dass es mit eventl. ungepflegten Fingernägeln nicht beschädigt wird, nicht wahr, nicht wahr.

Folglich sei das Betreiben eines eigenen Trockners in den Mieträumen überflüssig und mietvertraglich auch untersagt, nicht wahr, nicht wahr.

Weiterhin sei es ja wohl selbstverständlich, dass der Innenbereich der Gemeinschaftswaschschleuder, nach Gebrauch mit dem davor hängenden rotem Samttuch von innen gründlich auszuwischen sei. Das Ansammeln von Haarrückständen, verknäuelten Tempotaschentüchern und ähnlichen Sauereien in der Edelstahltrommel würde somit vermieden. Ohnehin wäre es unglaublich, was er schon alles im Trockner oder der Trockenschleuder gefunden hätte. Manche Mieter sollten sich schämen, nicht wahr, nicht wahr.

Das gälte sinngemäß auch für die Aschentonnen.

Dort seien monatlich immer von demjenigen, der dann die Putzwoche für den Erdgeschossbereich hat, die Innenwände mit lauwarmer Spülflüssigkeit mittels eines Rauschwammes mit ausreichender Körnung auszuwischen, nicht wahr, nicht wahr.

Die Rede blieb nicht ohne Erfolg.

Eine Frau hat dann auch gleich vor ihm fast einen Kniefall gemacht und gebettelt, dass er sie nimmt. Die hatte aber keine Chance. War wohl nicht blond genug .

So ein Typ mit Designerklamotten, pfiffiges Kerlchen, drückte dem Vermieter gleich einen Barscheck mit der Kaution für 4 Monate in die Hand. Der musste dann aber plötzlich wieder weg, als er von der Staffelmiete hörte. Renovierung wollte er natürlich selbst übernehmen. Hätte da so ein paar Spezies bei der Hand, die sich zur Stütze gerne mal was dazuverdienen möchten. Gut, wenn man so Leute kennt, meinte der Hauswirt. Ob die auch Rollkommandos durchführen? Natürlich diskret, wollte er noch wissen. Er hätte da so einen, na, sie wissen schon, Asozialen in der dritten Etage, der dringend ausziehen wollte, aber den rechten Dreh noch nicht gefunden hätte. Er wollte dessen Willensbildung etwas unterstützen.

Dann war da noch so eine Schwarzhaarige mit Überbiss.
Die gefiel dem Hauswirt aber gar nicht.
Tja, hätte sich wohl besser einen kürzeren Rock angezogen. Die ging also auch leer aus.

Und dann der Student im Proletenlook.

Auch noch juristische Fakultät. Das gefiel dem Hauswirt ganz und gar nicht.
Erstens, war der Akademiker und das war schon schlecht. Mit denen hätte man ständig nur Ärger und außerdem seien die unsauber, gäben Widerworte und würden nichts von Nachtruhe halten. Zweitens, schimpfte der Vermieter lautstark, erst unterschreiben die die Formularmietverträge von "Haus-und Schlund" und danach geht es dann vor Gericht. Rechtsunwirksame Klauseln und solche Scherze.

Ach ja, der mit den buschigen Augenbrauen und dem Schnäuzer ist noch erwähnenswert.
Wie er den hieße, wollte der Hauswirt wissen.
Wie? Mustafa?! Ja das war schon schlecht. Dann brauche er nach dem Nachnamen ja schon gar nicht mehr zu fragen. Ob er denn Moslem wäre? Na klar meinte der. Fast seit der Geburt. Nun, als Hauswirt habe er ja nichts gegen Ausländer, aber Christen müssten es schon sein. Von wegen, Lämmer im Hausflur schächten und so Scherze. Ob er sich den zum Christentum umtaufen lassen würde, fragte der Vermieter. Er wäre bereit, die Wohnung eine Zeit lang dann auch freizuhalten, bis die Konversion erfolgreich war.
Mustafa schwieg.
Ja, da hatte sich auch diese Sache schnell erledigt.

Die Renogehilfin hätte ich fast vergessen.

So ein Mini-Cooper mit Igelschnitt und feuchter Aussprache.
Faselte dauernd was von "zentraler Lage mit guter Verkehrsanbindung" und spuckte dabei ins Publikum. Tja, die war dem Eigentümer zu kess. So einer hätte er schon mal ne`Garage vermietet. Hätte die dann auch gleich gewerblich zweckentfremdet. Für Tupperware und Ähnliches. Nein, so eine wollte er nicht mehr. Ohnehin, bei Aldi wären die Sachen billiger.

Tja, so lichteten sich die Reihen.

Dann stolperte noch der Giftzwerg rein.

Hätte gute Verbindung zu "Haus und Schlund", trompetete er durch die Räume. Er wisse Bescheid, wie schwer es sei, heute Vermieter sein zu müssen, bei all` dem Gesindel, was sich heute Mieter nennt. Das gefiel dem Hauswirt. Ob er denn auch Mitglied einer christlichen Partei sei, fragte er den Wichtel. "Na selbstverständlich", sagte dieser und zückte das Parteibuch. "Und Gewerkschaftsmitglied sei er auch nie gewesen!"

"Ja dann ist ja alles klar", rief der Hauswirt fast schon begeistert, "dann fahren wir eben noch mal gemeinsam zu Ihrer alten Wohnung, damit ich mal sehen kann, wie Sie die Wohnung so gepflegt haben, dort spreche ich dann kurz noch einmal mit ihrem bisherigen Vermieter, und wenn das alles okay ist, die positive Schufa-Auskunft vorliegt und in Ihrem tabellarischen Lebenslauf, den Sie ja sicherlich mitgebracht haben, keine unerklärlichen Leerzeiten auftauchen und die übliche Kopien der letzten drei Gehaltsabrechnungen inkl. der Bescheinigung des aktuellen Arbeitgebers vorliegen, dass Sie sich zurzeit in einem ungekündigten unbefristeten Arbeitsverhältnis befinden, ja, dann machen wir den Mietvertrag! 

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