Soest
(Deutschland)
- Reisebericht -
- alle Infos ohne Gewähr -

Als ich einst einer Bekannten erzählte, dass ich mich mal in SOEST einen Tag lang umschauen wollte, erhielt ich die erstaunte Antwort:

"Was willst Du denn da? Da ist doch nix los!".

Ich gebe zu, dass solche Äußerungen im Besuchsvorfeld nicht gerade aufbauend sind, aber wer mich kennt, weiß, dass ich auf fremde Meinungen nur bedingt etwas gebe und mir grundsätzlich vor Ort selber eine Meinung bilde.

Gleich an dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass ein Besuch der Stadt SOEST meiner Meinung nach lohnend ist, da dieses mittelalterlich wirkende Städtchen von den zuständigen Behörden und der engagierten Bevölkerung liebevoll gepflegt zu sein scheint.

SOEST hat ca. 49.000 (2022) Einwohner auf einer Fläche von ca. 86 km² und gehört zum Regierungsbezirk Arnsberg (NRW).

Eine gute Ausgangsposition zu einer Stadterkundung ist der gebühren-pflichtige Parkplatz "Am großen Teich" mit GPS-Position: Breite 51°34'23.22"N Länge 8° 6'34.69"E. Dort befindet sich auch das Tourist Informations Center (Teichsmühle; ab dem 13 Jahrhundert nC erstmalig urkundlich erwähnt), welches ein noch funktionierendes großes Wasser-Schaufelrad hat. Das Gebäude soll im Dreißigjährigen Krieg zerstört worden sein und wurde ab ca. 1654 nC wieder aufgebaut. Ungefähre GPS-Position: Breite 51°34'25.41"N Länge 8° 6'30.83"E.

Im "Großen Teich" hat man eine mittelalterliche Schand-Wippe nachgebaut, -

(zeitgenössisches Bild hierzu im Nequambuch vorhanden, was im 14ten bis 15ten Jahrhundert ein Soester Schwur- und Achtbuch war, welches die damalige Rechts- und Strafrealität dokumentiert, mit der sich angebliche "Nichtsnutze" und andere "Übeltäter" konfrontiert sahen. Diese wurden dort in chronologischer Reihenfolge namentlich aufgeführt. In unsere Zeit übertragen, ist das wohl so etwas ähnliches wie ein Internet "Rotten Neighbor" Verzeichnis gewesen.)

- mit der mittelalterliche Kleinsünder zur Strafe öffentlich in den Teich katapultiert wurden. In der Winterzeit konnte dies sehr unangenehm sein.

Vom Touristen-Center (TC) aus kann man eine Stadtführung buchen oder sich an den vielen Hinweis- und Wegstreckentafeln (historischer Altstadtrundgang mit ca. 40 Text- und Bildtafeln) orientieren, um die Stadt geführt zu erkunden oder man macht sich selbst "auf gut Glück" auf den Weg und lässt sich überraschen, wohin einen die Füße und der Zufall tragen. Genau so habe ich es dann gemacht.

Zunächst bewegte ich mich westlich ca. 600 Meter Luftlinie vom TC aus zu einer der Hauptattraktionen der Stadt. Dies ist sicherlich die historische Stadtmauer (ca. 3,8 km lang; Wallstraße; Stadsmuur) , welche man zum Glück so gut wie möglich erhalten hat. Die Stadtmauer ist gut begehbar und führt fast einmal (ca. 75 % sind noch erhalten) um das Stadtcentrum herum. Einer Radierung (Städtebuch Braun und Hogenberg 1588 nC) kann man entnehmen, dass die Stadtmauer von Soest im Mittelalter mindestens 20 Wachtürme hatte. Es soll zudem einmal zehn Stadttore (8 Haupttore und 2 Nebentore) gegeben haben, von denen nur noch das OSTHOFENTOR (heute Museum, Baujahr mindestens ab 1534 nC; GPS Breite 51°34'25.15"N Länge 8° 6'57.25"E ) erhalten ist. Dieses diente auch als Richtstätte derjenigen Personen, welche der Stadt in der damaligen Zeit nicht genehm waren. Anzumerken sei hier, dass man in vielen Städten des Sauerlands solche Richtstätten findet, die darauf hinweisen, dass der historisch streng gläubige Sauerländer mit Abweichlern und Andersdenkenden damals "nicht lange gefackelt" hat.

Es galt das warnende Motto:

DEN MANGELNDEN RESPEKT VORM HERRN,
BESTRAFT DES RITTERS MORGENSTERN!


Schon auf diesem Rundwanderweg über die Stadtmauer kann man große, hohe sakrale Kirchengebäude und Türme sehen, -

####################################################
(z.B.

- die St. Petri Kirche (Alde Kerke; St. Pauli; gotische Hallenkirche, welche ab ca. 1229 nC erstmalig urkundlich erwähnt wurde. GPS Breite 51°34'17.51"N Länge 8° 6'25.43"E),

- den St. Patrokli-Dom (Turm Westfalens), welcher schon ab ca. 1000 nC dort gebaut wurde. GPS Breite 51°34'17.64"N Länge 8° 6'29.95"E),
- die Nikolai-Kapelle aus dem 12ten Jahrhundert (GPS Breite 51°34'16.88"N Länge 8° 6'34.77"E),

- die Kirche St. Maria zur Wiese (Wiesenkirche; spätgotische Hallenkirche ab ca. 1313 nC GPS Breite 51°34'29.83"N Länge 8° 6'33.63"E),

- die Kirche St. Maria zur Höhe (Hohnekirche, gebaut ab ca. 1220 nC GPS Breite 51°34'27.02"N Länge 8° 6'40.59"E)

- die gotische Alt St. Thomä Kirche mit ihrem schiefen Turm (gebaut ab ca. 1270 nC ; GPS Breite 51°34'10.14"N Länge 8° 6'56.24"E; Grund des schiefen Turms soll faules Gebälk sein)

- den Kattenturm (Wehrturm ab ca. 1230 nC; GPS Breite 51°33'58.90"N Länge 8° 6'22.37"E)

- die St. Pauli (!!) Kirche (erbaut ab ca. 1350 nC; GPS Breite 51°34'7.98"N Länge 8° 6'25.52"E) mit ihren Glasmalereien und Plastiken)
##################################################

- welche ich in einer solchen Größe in einer Stadt wie SOEST nicht erwartet hätte. Die prunkvollen Kirchbauten sind ein eindeutiges historisches Zeichen dafür, dass SOEST lange Zeit eine wohlhabende Stadt (Hansestadt; Pilgerstadt-Jakobsweg) gewesen sein muss. Das städtischer Wohlstand nicht gleichbedeutend mit Wohlstand aller Bürger ist, konnte man hier an ein paar Bettlern erkennen, die in der Einkaufsstraße in einer für sauerländische Städte ungewöhnlichen Weise ihrer Tätigkeit nachgingen bzw. ihre SITZUNGEN abhielten.
Die Stadt hat viele Gässchen und Wasserläufe, welche den dortigen Fachwerkhäusern, von denen sehr viele zum Glück heute unter Denkmalschutz stehen, eine zusätzliche romantische Note bzw. einen besonderen Altstadt-Flair geben. Es soll ca. 80 Skulpturen geben, die einem bei der Stadtbegehung "über den Weg laufen". Im Internet ist ein Skulpturenverzeichnis abrufbar, welches den Namen und die Position des jeweiligen städtischen Kunstwerks enthält. Die Kunstwerke haben vielversprechende Namen, wie z.B.:

- The first Step
- speak free
- Der große Sitzende (Theodor-Heuss-Park)
- Platonischer Garten
- Landschaft mit Fremdkörper
- Galgenvögel
- Angst ist ein schlechter Ratgeber
- Kwadratur des Kreises

Erwähnenswert sind auch ca. 36 Stolpersteine, welche in Soest an die Opfer des NS-Terrors erinnern. Auch deren jeweilige Position in Soest kann man im Internet heutzutage genauso abrufen wie den Sitzungs-aufruf an die damaligen Stadtverordneten plus Magistrat vom 15.04.1933, welcher als Tagesordnungspunkt der "öffentlichen Sitzung" vom 20.04.1933 um 19 Uhr im "Blauen Saal des Rathauses" die Ernennung eines Massenmörders zum Ehrenbürger der Stadt dokumentiert.

Insoweit betreibt SOEST eine dringend angebrachte Aufarbeitung der eigenen unrühmlichen Vergangenheit.

Natürlich darf im Jahr 2022 auch eine obligatorische SoesTour-App nicht fehlen, welche man kostenlos herunterladen kann. Ohne diese Apps scheint touristisch im Sauerland nichts mehr zu funktionieren. Pech hat der- oder diejenige im Alter 70+, welche mit dem Internet und dem Smartphone nichts anfangen kann oder will. Denen entgeht die digitale Option "SOEST IN 60 MINUTEN" zu erkunden. Zielgruppe hierfür sind wohl eher asiatische Touristen, die auch mit "EUROPA IN DREI TAGEN" kein Problem haben. Diese können nach drei Tagen mit tausenden von Digitalfotos nach Hause zurückfliegen und dort zufrieden ihren Angehörigen verkünden:

"Ich habe sehr viel gesehen, aber nichts richtig!",

oder frustriert erklären:

"Da gab`s eine tolle App, aber ich hatte kein Netz!"

SOEST und Umgebung haben Ursprünge, welche sich bis in die Steinzeit zurückverfolgen lassen.

Gerne hätte ich das Galeriegrab/Megalithgrab/Steinkammergrab in Hiddingsen (Soest-Süd; GPS Position wahrscheinlich Breite 51°31'58.19"N Länge 8° 6'46.83"E) besichtigt. Leider konnte ich die Steinkiste von Hiddingsen aus der Zeit 3000 vC nicht finden. Immerhin hat man hier fast 100 Skelette aus der Trichterbecherkultur/ Wartbergkultur ausgegraben. Stattdessen landete ich auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz.

Fazit:
Soest ist sehenswert! Soest macht viel fürs kulturelle Leben. U.a. erwähnenswert ist der Wettbewerb zum Wilhelm-Morgner-Stipendium (alle drei Jahre gibt es einen Hauptgewinn in Höhe von 15.000 Euro zu ergattern). Dann gibt es da noch den Simplizissimus-Förderpreis für regionale Künstler ......und....und...und.
Erstellen Sie Ihre Webseite gratis! Diese Website wurde mit Webnode erstellt. Erstellen Sie Ihre eigene Seite noch heute kostenfrei! Los geht´s