OP ruft Dr. Felix Schluckspecht

©Jutta Murks, Freifrau von Bornheim-Eschweiler-Kappeln©

- Satire -


Prolog zu dieser schwarzen bösartigen und makaberen Satire, welche für Kinder nicht geeignet ist!:

Die Personen, Namen und Geschehnisse in dieser satirischen Geschichte sind völlig frei erfunden! 

Zufällige Ähnlichkeiten mit lebenden oder bereits gestorbenen Personen in der BRD oder im Rest unserer Welt sind absolut nicht beabsichtigt und eigentlich auch unmöglich, obwohl der historische TV-Beitrag in AKTE 98/32 (SAT 1 am 04.08.98 um 22:10) anderes vermuten lassen könnte.
4 % der GÖTTER IN WEIß könnten (wahrscheinlich oder vielleicht eine reine Vermutung im Jahr 1998!?) damals demnach Schluckspechte gewesen sein.
Aber mindestens 96 % der deutschen Ärzteschaft leisteten bzw. leisten in diesen und sicherlich auch in den aktuellen Jahren jederzeit sehr gute und vorbildliche Arbeit.

Im Jahr 1998 konnte man in der Presse lesen, dass eine sechzigjährige Italienerin nach monatelanger Qual starb, weil Ärzte bei einer Operation eine Mullbinde in ihrem Bauch vergessen hatten. Im selben Jahr wurde berichtet, dass man einer schwangeren Spanierin, infolge einer Personenverwechslung mit einer anderen Patientin, aus Versehen in einer Klinik die Gebärmutter und die Eierstöcke entfernt hätte. Ein makabrer Höhepunkt bildete im Jahr 2000 aber eine Pressemitteilung über einen gewissen DR. ZORRO (New York), welcher einer Patientin nach dem Kaiserschnitt seine Initialen in deren Bauch geritzt haben soll.

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1. Kapitel
"Das war Mord Dr. Metzler!"
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Freitag 23:30 Uhr:

Dr. Schluckspecht hatte sich gerade in sein, am OP angrenzendes, Privatzimmer zurückgezogen, um in aller Stille den Ausklang des schweren Arbeitstages mit einem kräftigen Schluck aus dem, hinter einer Bücherreihe versteckten, Flachmann zu begießen, als er auch schon wieder durch die, über die Lautsprecheranlage quäkende Näsel-Stimme der übergewichtigen Oberschwester Berta Grusel, gestört wurde.

"OP ruft Dr. Schluckspecht! Notfall im OP! Notoperation erforderlich!"
`
Schluckspecht nahm noch hastig einen letzten Schluck aus dem Bottle, um die Hand vor der Operation ruhig zu stellen, dann eilte er aus seinem Zimmer durch den langen weißen Verbindungsgang, am obligatorischen Spalier von applaudierenden Assistenzärzten vorbei, in Richtung OP.

Im OP angekommen, erblickte er mit Argwohn den schleimigen und Solarium gebräunten Assistenzarzt Dr. Metzler, der sich mal wieder an die Narkoseschwester Rita Schnarchenberg ranmachen wollte.

"Metzler, wo bleibt der Krankenrapport?", schnarrte Schluckspecht.

Dr. Metzler, ein Mann, der schon ganze Krankenstationen leer operiert hatte, legte gleich los.

"Also dies hier", auf den schon in Vollnarkose auf dem OP-Tisch liegenden Patienten zeigend, "ist der Rest eines Mannes, der als stark alkoholisierter Polier nach einer wilden Karnevalsfeier auf einer Baustelle aus dem 3ten Stockwerk eines Rohbaus gefallen ist. Der Blutdruck ist mäßig und die Überlebenschance gleich null. An sich, reine Zeitverschwendung für uns. In der Warteschlange zu den OPs haben wir noch genug andere Patienten, die weitaus höhere Überlebenschancen haben".

"Ersparen Sie sich ihre pietätlosen und flegelhaften Bemerkungen! Ihnen fehlt es an jeglicher Empathie!
Die Ehre des Menschen ist unantastbar, auch wenn dieser in mehreren Einzelteilen vor seinem Arzt erscheint. Und damit das für die Zukunft klar ist. Über eine Triage entscheide nur ich! Alles andere wäre mangelnde Subordination. Wenn Sie so weiter machen Metzler bringe ich Sie irgendwann vors Kriegsgeri...äh...vor die Ärztekammer", fauchte Dr. Schluckspecht DR. Metzler an und begann sogleich mit einer fachmännischen Körperuntersuchung, um das Ausmaß des Schadens feststellen zu können.

Aus den Augenwinkeln beobachtete Schluckspecht dabei, dass Metzler in Richtung Besteckschrank ging, um das Operationswerkzeug zu holen.

"Hoffentlich findet der den Dimple, 30 yrs old, nicht, den ich hinter den Mullbinden für Notfälle versteckt habe", schoss es Schluckspecht durch den Kopf.
Zum Glück fand Metzler die Nervennahrung nicht und kehrte mit Hammer und Meißel zum OP-Tisch zurück.

"Es wird höchste Zeit, dass wir das Herz freilegen", hörte sich Schluckspecht, die erste wohltuende Wirkung des Flachmanns spürend, zu Metzler sagen.
Als Metzler gerade damit beginnen wollte, die erste Rippe zu brechen, fing der Patient an laut zu seufzen.

"Was hat der denn?", fragte Metzler, sich an die Narkoseschwester wendend, "haben Sie den nicht richtig betäubt?"

Rita Schnarchenberg, die stets bemüht war, den Anforderungen gerecht zu werden und stets einen guten Eindruck bei Dr. Metzler zu hinterlassen, lief rot im Gesicht an, als sie bemerkte, dass irgendetwas mit der Farbe des Narkose-mittels nicht stimmte.
Dr. Schluckspecht hatte ihre Reaktion sofort bemerkt und führte sogleich eine außerplanmäßige OP-Inspektion durch. Dabei stellte er fest, dass Scharchenberg das Narkosemittel mit dem Inhalt seiner Dimple-Flasche vertauscht hatte.

Schluckspecht rastete aus.
Schließlich hatte die Flasche 30 EURO gekostet.

Während der Patient ein letztes Mal auf dem OP-Tisch laut aufstöhnte, schrie Dr. Schluckspecht Dr. Metzler an:
"Sie hatten die Aufsicht über den OP und die Operationsvorbereitungen. Sehen sie, was sie angerichtet haben, Sie Versager? Wissen Sie eigentlich, wie teuer die Flasche war?"

Seine weiteren Ausführungen wurden durch das letzte Auf-bäumen des Patienten unterbrochen.
Nachdem drei Wiederbelebungsversuche vergebens waren, sagte Dr. Schluckspecht die historischen Sätze zu Dr. Metzler:

"Das war Mord, Dr. Metzler! Schämen Sie sich! Und die Flasche, die ziehe ich ihnen vom Gehalt ab, darauf können Sie sich verlassen.

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2. KAPITEL
"Gut Nacht Johanna!"
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Ein paar Tage später.

Dr. Schluckspecht hatte es sich gerade, nach einer 36-Stunden-Schicht in seinem Ohrensessel, mit einem rand-vollen Halbliter Glas Rémy Martinique (Anm.: Richtiger Name der Red. bekannt) in der linken und einem erstklassigen Gefälligkeitsgutachten seines alten Studienkollegen Prof. Dr. Liar (Anm.der Red: Geburtsort neue Bundesländer. Dort behördlich registriert als IM Pinocchio) in der rechten Hand, gemütlich gemacht, als die näselnde, aus der Lautsprecheranlage quäkende, Stimme der Oberschwester, ihn jäh mal wieder in seiner Ruhe störte.

"OP ruft Dr. Schluckspecht! Dr. Schluckspecht und Frau Dr. Schnarchenberg bitte dringend in den OP!"

Schluckspecht kippte noch schnell den letzten Rest des edlen Tropfens die immer durstige Kehle hinunter, drückte seine Zigarette aus, schwang sich leicht schwankend aus dem Ohrensessel und versteckte die edle Flasche noch schnell im Bücherregal hinter einem Dr. Sauerbruch-Roman bevor er in leichten Schlangenlinien an einem Spalier von applaudierenden Assistenzärzten vorbei, in Richtung OP los schlurfte.
Dort angekommen studierte er erst einmal gewohnheits-gemäß den Operationsplan, während er gedankenverloren eine Hand auf sein Ulcus ventriculi legte, das sich wieder einmal - wie nach durchzechter Nacht - schmerzhaft meldete.

Leise las er wie üblich im Selbstgespräch vor:

"OP Nr.1: Patient 42 Jahre - Anu(s)-praeter-naturalis (APN)
OP Nr.2: Patient 18 Jahre - Appendizitis
OP Nr.3: Patient 82 Jahre - Pankreasabzeß
OP Nr.4: Patient unbekannten Alters, von der Polizei als HILO gestern abgeliefert - auch Ulcus ventriculi."

"Na dann gut Nacht Johanna", brummelte Schluckspecht in sich hinein, "da habe ich ja mal wieder den Joker gezogen. Das wäre eigentlich das richtige Betätigungsfeld für unseren Stations-Schleimer Dr. Metzler! Aber dieser Kerl hat natürlich heute einen Gleittag genommen."

"Wo ist die Schnarchenberg?",raunzte er sogleich die asiatische OP-Schwester an, "hat die im OP 1 die Narkose vorbereitet?"

"Frau Dr. Schnarchenberg ist gerade in der 4 und macht die Vor-Untersuchung", säuselte die stets gut gelaunte Ordensschwester Sabine Fidelio Sung Yung Schluckspecht fröhlich als Antwort ins Ohr.

"Was macht die Anästhesistin in der 4, wenn ich sie in der 1 brauche?", brüllte Schluckspecht mit typisch cholerischem Tonfall und glühend roter Nase Schwester Sung Yung an. Diese kannte seine Jähzorns Ausbrüche nur zur Genüge und war deswegen über den typischen Tonfall weder verärgert noch verwundert, sondern sogar froh, dass diesmal keine Spritzen, in ihre Richtung gezielt, durch die Gegend flogen, als wäre sie eine lebende DARTscheibe.

"Frau Dr. Schnarchenberg hat die Narkose schon im OP 1,2 und 3 vorbereitet, obwohl es in der 2 zu Komplikationen gekommen ist", antwortete Fidelio brav.

"Was für Komplikationen? Ich hatte doch Komplikationen für dieses Jahr ausdrücklich untersagt!", schrie Schluckspecht unbeherrscht, "aber was soll man anders von einer Narkoseärztin erwarten, die das Gehirn und den Körperbau eines Strongyloides stercoralis hat? Die hat sofort im OP 1 zu erscheinen, diese wandelnde Molluscum contagiosum, dort wartet ein Appendix!"

"Wartet dort nicht ein Anu(s)-praeter naturalis?", wagte Schwester Fidelio noch zu entgegnen, "die Appendizitis liegt doch in der 2".

"Wenn ich sage, dass der Anu(s) in der 4 liegt, dann liegt er in der 4 und nicht in der 1, lesen kann ich noch, denn in der 1 wartet ein Pankreas Abszess, merken Sie sich das für die Zukunft oder ihre Tage sind hier gezählt", schimpfte Schluckspecht und stampfte wutschnaubend aus Versehen in den OP 2, obwohl er eigentlich in die 1 wollte.
Schwester Fidelio wusste, wann es Zeit war den Mund zu halten und zum hundertsten Mal schwor sie sich, niemals selbst im Krankheitsfalle, sich in dieses Krankenhaus einliefern zu lassen, da man nie genau vorher sagen konnte, was man nachher dort im OP herausgeschnitten bekommt.
Sie rannte zum Mikrofon der OP-Sprechanlage und rief "Frau Dr. Schnarchenberg bitte in den OP 2! Dringend! Ein Anu(s) praeter naturalis wartet. Dr.Schluckspecht erwartet ihr sofortiges Erscheinen!"

Schnarchenberg ließ sich nicht 2 Mal bitten und rannte aus dem OP 4 direkt in den OP 1, nämlich dorthin, wo der APN lag. Verwundert schaute sie sich um, denn Schluckspecht war nirgends zu sehen. Aber kein Problem, sie nahm kurz mit ihrer feinen Nase Witterung auf und fand Schluckspecht, immer der Alkoholfahne nachgehend im OP 2 vor.
Schluckspecht war außer sich vor Zorn.

"Wo sind sie so lange gewesen? Soll der Patient hier ewig warten? Die Beruhigungsspritze verliert schon langsam ihre Wirkung", fauchte er die Anästhesistin fast hasserfüllt an.
Diese lief rot im Gesicht an und verabreichte dem Patienten in Rekordzeit die Narkose.
Nach ca 30 Minuten war Schluckspecht mit dem Ulcus ventriculi fertig.
Zufrieden vernähte er die Wunde, wandte sich vom OP-Tisch ab und erstarrte.
Über der Ausgangstür hing das Hinweisschild:

SIE BEFINDEN SICH IM OP 2!.

"Welcher Vollidiot hat das falsche Schild in den OP 1 gehängt?", schrie Schluckspecht unbeherrscht.

"Niemand!", wagte Schnarchenberg zu antworten und sah dabei die Fidelio bezeichnend an, "Sie sind hier in OP 2, wussten sie das nicht?"

Schluckspecht lief nur kurze Zeit ein eiskalter Schauer über den Rücken, als er seinen Irrtum erkannte.

"Nun", sagte er selbstsicher, "so etwas kommt nun mal vor in der allgemeinen Hektik. Wie gut das wir für solche Fälle Prof. Dr. Liar haben. Ich werde ihn gleich mal anrufen. Der ist mir noch ein Gutachten schuldig.

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3. KAPITEL
"Z wie Zorro!"
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Dr.Schluckspecht hatte es sich gerade, nach einer 48-Stunden-Schicht, in seinem vom Nikotin vergilbten Ohrensessel, mit einem randvollen Literglas "Winzer-schoppen" gemütlich gemacht, als die näselnde, aus der Lautsprecheranlage quäkende, Stimme der Oberschwester Berta Grusel, ihn jäh mal wieder in seiner Ruhe störte.

"OP ruft Dr.Schluckspecht! OP ruft Dr.Schluckspecht!
Dr.Schluckspecht und Dr.Metzler bitte dringend in den OP
!"

Schluckspecht kippte wie üblich noch schnell den letzten Rest des edlen Tropfens die täglich immer durstiger werdende Kehle hinunter, bevor er im Seemanns Schritt - Gleichgewichts suchend - am üblichen Spalier von applaudierenden Assistenzärzten vorbei, in Richtung OP los torkelte.
Dort angekommen traf er vor der weißen Schwingtür Dr.Metzler, der ihn gleich unverschämt angrinste.

"Na, Schlucki? Bisse fit?", wagte dieser Dr.Schluckspecht burschikos zu begrüßen.

"Ich bin immer fit, das sollten Sie sich merken Dr.Metzler! Und außerdem, seit wann duzen wir uns eigentlich?", entgegnete Schluckspecht, stieß mit der linken Hand die Schwingtür weit auf, schlüpfte blitzschnell durch den Türspalt und registrierte genussvoll, wie die Tür beim Zurückschwingen die Nase von Metzler fast platt schlug.

"Wo bleibt der Krankenrapport?", schnauzte Schluckspecht die bereits im OP anwesende und stets gut gelaunte Ordensschwester Sabine Fidelio Sung Yung an.

"Der Patient ist 18 Jahre alt. Diagnose Appendizitis", flötete Sung Yung Schluckspecht entgegen und zeigte mit dem Finger auf den, von Frau Dr.Schnarchenberg schon betäubten Patienten, auf dem OP-Tisch.

"War der nicht schon mal hier? Dem habe ich doch damals wegen Ulcus ventriculi behandelt. Was will der denn hier wieder?", fragte Schluckspecht ungehalten in den Raum hinein.

"Der will sich bestimmt beschweren", versuchte der inzwischen ebenfalls im OP angelangte Dr. Metzler laut zu witzeln.

"Unterlassen sie die blöden Scherze, Metzler! Stillen Sie erst mal Ihr Nasenbluten, oder soll der Patient sich bei ihnen anstecken?", entgegnete Schluckspecht voller Zorn.

Am OP-Tisch sah sich Schluckspecht erst einmal den Patienten genauer an.

Das dieser tatsächlich schon einmal hier gewesen war, erkannte Schluckspecht sofort an der großen Oberkörper Narbe, die die Form seines üblichen OP-Zeichens hatte. Eines Zeichens, das ihm in den Studienzeiten den Spitznamen ZORRO verschafft hatte.
Wie üblich ergötzte er sich erst einmal ein paar Sekunden an seiner damaligen kühnen, schlecht verheilten Schnittführung, die der Arbeit eines Degen schwingenden Musketiers jeder-zeit würdig gewesen wäre.

"Wer führt die Operation durch?", fragte Schluckspecht lauernd in Richtung Metzler, den er insgeheim für den größten Stations Loser aller Zeiten hielt.

"Na sie, Herr Chefarzt, schließlich steht auf dem Krankenblatt, dass der Patient privat liquidiert", antwortete Metzler und stopfte sich ein weiteres Stück Tempo in den von der Schwingtür beschädigten Nasenflügel, um die Blutung endlich zu stillen.

"Okay! Wo ist die Schnarchenberg?", raunzte Schluckspecht sogleich die asiatische OP-Schwester Sung Yung an.

"Frau Dr. Schnarchenberg ist soeben plötzlich unpässlich geworden. Sie lässt sich wegen eines schweren Migräneanfalls entschuldigen", säuselte Schwester Fidelio Schluckspecht fröhlich als Antwort ins Ohr.

"Ich glaube, ich spinne! Was soll ich hier ohne Anästhesistin machen? Ist die von Sinnen? Metzler übernehmen sie die Narkose Überwachung. Wir werden dieser Schnarche mal zeigen, wie sehr wir sie brauchen", brüllte Schluckspecht mit typisch cholerischem Tonfall und glühend roter Ader-Nase Metzler an.

"Was soll ich dem Patienten verabreichen?", fragte Metzler während ihm ein eiskalter Schauer der Angst und Panik über den Rücken lief, da er sich in diesem Bereich der Medizin absolut nicht auskannte.

"Na, eine volle Ladung! Oder soll der was von der Operation spüren? Sie haben doch selbst gesagt, dass der Privatpatient ist und nicht über die Ortskrankenkasse abrechnet. Notfalls singen sie den eben in den Schlaf!", entgegnete Schluckspecht giftig, während im glühend heiß einfiel, dass in seinen Privaträumlichkeiten noch eine gut gekühlte 2 Liter Flasche ROSE` auf ihn wartete, die warmzuwerden drohte, wenn er sich jetzt nicht langsam beeilte.

Nachdem Metzler die Narkose noch einmal verstärkt hatte, schritt Schluckspecht zur Tat.

Mit selbstsicherer Schnitttechnik öffnete er die Körperoberfläche und entfernte blitzschnell alles aus dem Körperinnern, was seiner Meinung nach, dort nicht hineingehörte.
Die Wunde vernähte er so schnell es ging, da seine rechte Hand langsam wieder zu zittern anfing.

"Verdammt", dachte Schluckspecht, "ich brauche so schnell es geht, was zum Trinken, sonst gibt es gleich ein Unglück".

"Schweiß Tuch! Und Besteck abzählen, aber zackig!", brüllte Schluckspecht die OP-Schwester an.

Sung Young tupfte ihm befehlsgemäß die Stirn ab.

Gerade als Schluckspecht im Eilschritt schon aus dem OP rennen wollte, um seine Nervennahrung nicht noch länger warten zu lassen, hörte er die OP-Schwester rufen: "Oh! Ich glaube, da ist etwas zu viel!"

Schluckspecht erstarrte zur Salzsäule.
Eiskalt lief es ihm den Rücken runter.

"Was ist zu viel?", fragte er zitternd in Richtung OP-Schwester.

"Na, ein Messer ist zu viel vorhanden", stammelte Sung Young verwirrt.

"Das hatten wir doch noch nie Mädchen, sonst haben wir doch ständig nach den Operationen eins zu wenig", brüllte Schluckspecht in höchster Erregung.
Nachdenklich kratzte er sich an seinem Hinterkopf und sah dabei zufällig auf die Bauchdecke des noch im Tiefschlaf liegenden Patienten.

"Hatte der Typ nicht immer unter Bauchschmerzen geklagt?", fragte Schluckspecht den gehässig grinsenden Dr.Metzler.

"Ja, laut Krankenbericht klagte der Patient seit seiner letzten Operation unter ständigen Bauchschmerzen", zitierte Metzler aus der Krankenakte.

"Und welcher Idiot hat den damals operiert?", fragte Schluckspecht, während er Dr. Metzler die Original-Krankenakte aus der Hand riss, wohl wissend, dass er es selbst damals gewesen war.

"Das steht alles in der Akte", rief Metzler dem mit der Akte aus dem OP stürmenden Schluckspecht hinterher.
Schluckspecht rannte zum Aufzug und wählte die 2.te Etage.
"Dort muss irgendwo der Reißwolf stehen", dachte er im Selbstgespräch, "wäre doch gelacht, wenn ich das nicht wieder gerade bügeln könnte."

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<<< Hoch auf dem gelben Wagen,
sitzt Schluckspecht beim Kutscher vorn.

Während die Rosse noch traben,
leeren Sie die Flasche Korn >>>
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Liebe Leser und Leserinnen,

bevor ich es vergesse, will ich schnell noch nachträglich auf die VITA von Dr. Schluckspecht hinweisen.

Wie hatte damals eigentlich alles begonnen?

Dr. Schluckspecht wäre in seinen frühen Jahren lieber Pianist als Chirurg geworden.
Das Problem war, er konnte kein Klavier spielen.

Immerhin hatte er es in seiner Jugend dann immerhin doch noch bis zum Schifferklavier und zur Blockflöte gebracht.
Leider wurden seine historisch jugendlichen musikalischen Aktivitäten regelmäßig dadurch sabotiert, dass, wenn er wehmütig in die Tasten des Akkordeons griff, Nachbarn die Polizei riefen, weil diese das akustische Gejammer nicht ertrugen. 
Irgendwann hatte er sich dann nach der Matura für das Medizinstudium entschieden.
Sicherlich war der übermäßige Genuss von TV-Serien ala "Schwarzwald Klinik" und Romane wie "Der Arzt von Stalingrad" mit entscheidend dabei gewesen. Einen Entschluss, den er oft im Laufe seines Lebens insgeheim bereut hatte, da der damit verbundene Arbeitsaufwand und permanente Stress doch erheblich war.

Schon früh hatte er Entspannung durch den Genuss geistiger Getränke gesucht und irgendwann war der regelmäßige Konsum derselben ein fester Bestandteil seines entbehrungsreichen Chirurgen Lebens geworden.

In jungen Jahren verschaffte er sich mit seiner kühnen Schnittführung den Ruf als OP-Musketier, als d'Artagnan der Chirurgie, wobei ihm seine langjährige Mitgliedschaft in einer schlagenden und trinkfesten Studentenverbindung sicherlich hilfreich war. So manchen durch die Mensur lädierten Kommilitonen hatte er mit Nadel und Zwirnsfaden die blutende Schmisse gerichtet, ohne dass die Behörden etwas davon mitbekamen.
Das sprach sich natürlich im ALTEN HERREN, HOHEN DAMEN bzw. PHILISTER KREISEN der Burschenschaften herum und so dauerte es nicht lange, bis er eine Festanstellung in einer Klinik als Chirurg angeboten bekam.

Ja so war das damals!

Es entscheidet im akademischen Leben vielleicht manchmal die Qualität der Seilschaften darüber, wie schnell man eine Vertrauensstellung angeboten bekommt. Für manche Karriere war damals die regelmäßige Teilnahme am SALAMANDER REIBEN entscheidender als ein guter Abschluss im Staatsexamen.

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4. Kapitel
Die Denunziation
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4 Tage später

Dr. Schluckspecht war in dieser Nacht nicht gut drauf und das hatte seinen Grund. 
 
Er hatte stundenlang im "Club der einsamen Herzen" darauf gewartet, dass sein Tischtelefon auch nur ein einziges Mal klingelt, da auch er, der kühle Denker, die Sehnsucht nach menschlicher Zweisamkeit nicht ständig unterdrücken konnte, doch es hatte niemand angerufen.

Die holde Weiblichkeit hatte ihn mal wieder einfach ignoriert.
Gedemütigt von dieser wiederholten Missachtung seiner Person, hatte er sich daraufhin zu RESI`S TAVERNE begeben, um den Frust mit ein bis zwei Litern "Plötzwitzer Flachjodlerbrunnen" (14 % alc.) hinunterzuspülen.
Kurz nachdem der süffige Most seine erste wohlwollende Wirkung getan hatte, beschloss er mit seinem Dienst-PKW nach Hause zu fahren, da auch dort noch ein paar Flaschen "Reisgauer Krötensaft Spätauslese" gut gekühlt auf ihn warteten.

Draußen war es bereits sehr dunkel.

Schluckspecht hatte gerade die Zündung des Wagens betätigt, als es an der Fensterscheibe der Fahrerseite laut klopfte.

"Fahrzeugpapiere und Führerschein, bitte einmal", rief ihm von draußen ein Polizist zu.

Schluckspecht gefror sogleich das Blut zu Eis.
Das konnte kein Zufall sein.
Bestimmt hatte ihn wieder einmal einer seiner unzähligen Neider, der Metzler oder die Grusel, anonym angezeigt.
"Verdammtes Denunzianten Volk" knurrte Schluckspecht hasserfüllt in sich hinein, ignorierte den Polizeibeamten, welcher gerade die Tür von außen öffnen wollte, gab Vollgas und raste davon.
Im Rückspiegel erkannte er, wie der Polizist in seinen Wagen sprang, das Blaulicht betätigte und mit quietschenden Reifen hinter ihm her raste.
Schluckspecht sah die Straßenführung vor sich Umstände bedingt nur leicht verschwommen, erkannte aber so viel, dass rechts gleich die Hospitalstraße kommen musste.
Er riss das Lenkrad herum, hörte sogleich das Scheppern einer davonfliegenden Radkappe und jagte mit dem Dienstwagen die Rampe der Notaufnahme - "ANFAHRT PATIENT LIEGEND" - hoch.
Dort brachte er den Wagen mit einer Vollbremsung zum Stehen, sprang aus dem Auto und rannte in dem gleichen Zeitpunkt in die Wartehalle, in dem der ihn verfolgende Polizeiwagen ebenfalls auf der Rampe zum Stehen kam.
"Hier kriegst du mich nicht. Hier ist mein Revier", dachte Schluckspecht, während er in den Personalumkleideraum hechtete und sich dort einen an der Wand hängenden weißen Arztkittel schnappte. Er zog diesen blitzschnell an, sprühte sich eine Ladung 4711 in den Rachen und spazierte mit Unschuldsmiene wieder auf den Gang hinaus.

Dort stand schon der sich hektisch um blickende Polizeibeamte.

"Haben Sie hier soeben einen Mann hereinlaufen gesehen", fragte dieser Schluckspecht.

"Hier laufen ständig Leute rein und raus, Herr Wachtmeister. Das ist ja das Problem. Erst lassen die sich behandeln und dann verschwinden die einfach wieder, ohne Angaben zur Krankenkasse gemacht zu haben", entgegnete Schluckspecht.

"Darum geht es nicht, es geht hier um eine polizeiliche Ermittlung in Sachen Trunkenheitsfahrt § 316 StGB und Widerstand gegen die Staatsgewalt nach § 113 StGB", schnaubte der Wachtmeister.

"Tja, da kann ich Ihnen leider auch nicht weiter helfen, aber vielleicht schauen Sie mal in der Pathologie im Keller nach, da liegen öfters mal welche und schlafen ihren Rausch aus", antwortete Schluckspecht, drehte dem Polizisten den Rücken zu und stieg in den sich gerade öffnenden Aufzug ein.

Schluckspecht drückte auf ETAGE 7 und lächelte dem Beamten noch einmal freundlich zu, bevor sich die Aufzugstür vor der Nase des Ordnungshüters schloss.

In Etage 7 angekommen, begab er sich sogleich in sein Arbeitszimmer, verschloss die Tür von innen und steuerte auf sein Bücherregal zu, da hinter dem dicken Wälzer "Suchtprävention im Spiegel der Zeit" schließlich noch ein Flachmann versteckt war, den er sogleich auch mit zitternden Händen auf EX herunterzog.
Dann legte er sich auf seiner Liege zur wohlverdienten Ruhe nieder. 

"Morgen wird ein sehr harter Tag, der Tag der Abrechnung mit den Denunzianten. Und den Metzler, den nehme ich morgen endgültig persönlich vor. Morgen wird abgerechnet, Freundchen. Das Lachen wird dir für immer vergehen und danach ist die Grusel dran", dachte er noch, bevor ihn der Erschöpfungsschlaf endgültig übermannte. 

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5. Kapitel
Die stumpfe Klinge, gut und recht
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Am anderen Morgen.

Das unbarmherzige Schrillen des Weckers trieb Schluckspecht wie gewohnt pünktlich um 04:30 Uhr aus dem Schlaf. Missmutig rollte er sich von seiner Liege, auf der er die ganze Nacht in voller Montur gelegen hatte.
Er schlurfte zum Spiegel und sah, dass sein weißer Kittel total zerknittert war.
"Metzler, auch dafür wirst du büßen", schwor er sich, griff in die Schublade des Waschschranks und steckte sich das bereitliegende Mobbing-OP-Set in die rechte Tasche seines Kittels.
Vorsichtig öffnete er die Tür seines Zimmers und horchte auf den Gang hinaus.
Alles war noch still.
Schluckspecht schlich zum Aufzug, der auch sogleich seine Türen öffnete und fuhr zur OP-Etage.
Die Tür öffnete sich und es waren nur wenige Schritte zum OP 1, dem ersehnten Ort der Vergeltung.
Dort angekommen öffnete er gleich die Schublade mit dem OP-Besteck und nahm die rasierklingenscharfen Stilette heraus, steckte sich diese vorsichtig in die linke Tasche seines Arztkittels und fischte aus der rechten Tasche das stumpfe Mobbing-Stilett-Set heraus, um es in der OP Schublade zu weiteren Verwendung zu deponieren.

"So mein Freund, so ein stumpfes OP-Messer führt automatisch dazu, dass der Chirurg stärker auf die Schnittstelle am Körper drücken muss und das führt dann in der Regel zu gefährlichen Komplikationen, die du dir wirklich verdient hast", sprach Schluckspecht halblaut mit sich selbst, während er zu einem Tisch mit dem darauf liegendem OP-Plan ging.
Eigentlich sollte laut diesem Plan Metzler im OP 2 um 09:00 eine Niereninsuffizienz weiter behandeln.
Schluckspecht schrieb Metzler schnell auf OP 1 um, wo um 09:00 Uhr parallel der Blinddarm eines Führungsmitglieds eines stadtbekannten renitenten und schwer motorisierten Motorradclubs entfernt werden sollte. Der 25-jährige Patient war lt. Krankenblatt und Lokalpresse ca. 145 kg schwer und seit seinem 2. Lebensjahr regelmäßig polizeilich Aktenkundlich in Erscheinung getreten.
Nach vollendeter Arbeit war es für Schluckspecht an der Zeit das Frühstück einzunehmen.

Zurückgekehrt in die Geborgenheit seines Chefzimmers setzte Schluckspecht erst einmal einen starken Morgenkaffe mit einem kräftigen Schuss Stroh-Rum an, den er genüsslich und voller Vorfreude auf die Dinge, welche bald kommen werden, hinunterschlürfte.

Pünktlich um 08:45 Uhr spuckte die Lautsprecheranlage die quäkende Stimme von Oberschwester Grusel aus:

"OP ruft Dr. Schluckspecht! Dr. Schluckspecht bitte in OP 2, die Niereninsuffizienz wartet. Dr. Metzler bitte in OP 1 zum Blinddarm".

Schluckspecht nahm noch einen kräftigen Schluck aus der Rumflasche, kippte den Rest des Kaffees weg und marschierte am obligatorischen Spalier von applaudierenden Assistenzärzten vorbei, in Richtung OP 2.

09:15 Uhr

Aus OP 1 drang plötzlich deutlich lautes und verzweifeltes Fluchen in das Ohr von Schluckspecht. "Verdammt, wo kommt nur das ganze Blut her? Wie bekomme ich das jetzt wieder gestoppt?", hörte er Metzler verzweifelt schreien.

"Fühlen Sie sich ihrer Aufgabe mal wieder nicht gewachsen?", brüllte Schluckspecht in Richtung OP 1, "soll ich die Drecksarbeit mal wieder für Sie übernehmen, Herr Dr. Metzler?"

"Verdammt, das OP-Besteck ist zu stumpf gewesen", brüllte Metzler mit Panik in der Stimme zurück.

"Ja, haben Sie das denn vor der OP nicht noch einmal kontrolliert, Herr Dr. Metzler? .......Das steht doch klar und deutlich in den von ihnen selbst mit verfassten OP-Richtlinien drin, Herr Dr. Metzler!", schrie Schluckspecht zurück.

"Jetzt sinkt auch noch rapide die Sauerstoffsättigung", brüllte Metzler anscheinend in völliger Panik in Richtung OP 2.

"Ja, dann machen Sie doch am besten das Fenster auf, dann kommt wieder frische Luft rein", rief Schluckspecht voller zynischer und hämischer Schadenfreude zurück, "oder rufen Sie einen qualifizierten Chirurgen zur Hilfe, der nicht gleich in Hektik verfällt, wenn mal ein paar Liter Blut aus einer Wunde spritzt."

Plötzlich wurde es ruhig in OP 1.

"Zeitpunkt des Todes, 09:35 Uhr? Was Herr Dr. Metzler!?", brüllte Schluckspecht Metzler zu, "und vergessen Sie nicht, das genau zu notieren! Wer weiß, wem ihr Patient seine HARLEY vermacht hat!? Nicht das Sie mit seinen voll tätowierten Kumpels noch Scherereien bekommen. 10 von denen stehen nämlich seit 09:00 Uhr unten schon im Warteraum und warten auf ihren Rapport. Und für Ihre körperliche Gesundheit wünsche ich Ihnen für die Zukunft alles Gute, Herr Dr. Metzler!"


War das wirklich das vorzeitige Ende
von Dr. Metzlers 
Karriere?
Hatte Dr. Schluckspechts niederträchtige,
kriminelle und skrupellose Racheaktion tatsächlich ein Menschenleben gekostet?
Die Antworten zu diesen Fragen erhalten
Sie im 
nächsten Kapitel!


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6. Kapitel
Alles nur geträumt
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03:30 Uhr morgens

Dr. Schluckspecht saß plötzlich, jäh herausgerissen aus seinem Erschöpfungsschlaf, schweiß überströmt wie eine EINS rechtwinklig auf seiner Liege.

Ihm wurde schnell klar, dass er soeben einen üblen Rache-Albtraum durchlitten hatte. Es war unglaublich, aber in seinem Traum hatte er anscheinend einen widerlichen und standeswidrigen Rachefeldzug gegen Dr. Metzler erfolgreich eingefädelt und bei diesem einen hinterhältigen ärztlichen Kunstfehler heimtückisch installiert.
Nicht nur, dass Dr. Metzler dadurch im Traum Schaden genommen hatte, nein, auch ein führendes Mitglied einer Fantasie-HARLEY-Truppe hatte dadurch tödlichen Schaden genommen.

Nun wurde es selbst Dr. Schluckspecht zu krass.

Verständlich war, wenn im Rahmen des normalen klinischen kollegialen Karriere-Wettkampfs mal hin und wieder etwas zu Bruch ging. Unakzeptabel war es jedoch, wenn dadurch Unbeteiligte zu schweren Schaden kamen. Und das auch, wenn man alles nur geträumt hatte.

"Wie geht man in einem solchen Fall nur vor?", fragte sich Schluckspecht und kam ins Grübeln.

Eins wusste er genau.
So, konnte es nicht weiter gehen!

Er entsann sich eines alten Studienkollegen, welcher im Fachgebiet der Psychiatrie erfolgreich promoviert hatte und zurzeit als Lehrkraft an der lokalen Universität tätig war. Es war Prof. Dr. Rudi B.Orderline, den er in seiner eigenen Sache zu konsultieren entschied.

Für den außenstehenden Betrachter mit nur kassenärztlichen Hintergrund, bekam der privat liquidierende Schluckspecht nachvollziehbar schnell auch einen Behandlungstermin bei diesem.
Innerhalb der ärztlichen Hierarchie lässt man seinesgleichen eben nicht lange vor dem Wartezimmer warten, sondern schiebt diesen immer schnell irgendwo zwischen zwei Terminen flexibel dazwischen. Bei einem normalen Kassenpatienten kann die Wartezeit da schon mal zwei Monate dauern.

Das Gespräch zwischen Patient Dr. Schluckspecht und Prof. Dr. Rudi B.Orderline verlief nicht sehr angenehm für Schluckspecht, da der Professor schon nach wenigen Minuten, wie es zu befürchten war, auf das Thema Alkoholismus zu sprechen kam.
Rudi B.Orderline signalisierte Schluckspecht deutlich, dass nur eine gewaltsame Zwangsentwöhnung vom "köstlichen Most" für die Zukunft weitere Hate-Nightmares verhindern würde und auch zur Wiederherstellung einer nicht mehr zitternden Operationshand anzuraten wäre.

Nach langem Hin und Her einigte man sich darauf, dass Schluckspecht unverzüglich im Rahmen seines Jahres-resturlaubs an einem LIWP (Leuchtturm-Isolations-Entwöhnungsprogramm) Teil nehmen sollte, welches sich über einen Zeitraum von vier Wochen erstreckte.
Bei dieser Urlaubstherapie wird man von einem Fischerboot als einziger Tourist auf eine einsame Insel gefahren, wo man vier Wochen lang mutterseelenallein in einem Leuchtturm ausharren muss, um den eigenen Körper dort physisch und psychisch von Suchtstoffen wie Alkohol zu entwöhnen.
Natürlich bekäme man ausreichend Nahrungsmittel und Lesestoff ausgehändigt, um diese Phase zu überstehen. Einmal in der Woche käme auch ein Festlandarzt zum Blutdruck messen vorbeigefahren.
Weiterhin gäbe es eine Notklingel per Funk zum Festland und man hätte auch 24 Stunden rund um die Uhr Satelliten-fernsehen im Leuchtturm zur Verfügung. Eine Festnetz-Telefonverbindung zum Festland hätte man aber dort nicht und das Mitführen von Telefonie fähigen Kommunikationsgeräten, worunter auch Smartphones fielen, wäre nicht gestattet, da dies andernfalls die Gefahr mit sich führen würde, dass einfallsreiche zahlungskräftige Trunkenbolde sich alkoholischen Nachschub per Charterschiff oder durch ein Logistikunternehmen heimlich dort per Quadrocopter anliefern lassen würden.
Tja, man wäre dort eben vier Wochen lang völlig allein im Leuchtturm untergebracht und an Alkohol käme man nicht dran. Um diesen zu bekommen, müsste man schon 6 km über das offene Meer zum Festland zurückschwimmen, was bei einem permanenten Wellengang von ca. 4 Meter Höhe und in einem Hai verseuchten Meeresgebiet dringend nicht anzuraten sei.
Man dürfe auch dabei nicht verschweigen, dass diese Hardcore-Entwöhnungstherapie mit ca. 20.000 Euro zu Buche schlagen würde, aber, darüber waren sich Dr. Schluckspecht und Prof. Dr. Rudi B.Orderline schnell einig, für die eigene Gesundheit sollte einem nichts zu teuer sein.

Gesagt, getan!

Auf ging es zum FASTNET ROCK LIGHTHOUSE nach Irland.


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7. Kapitel
"15 Mann auf des toten Mannes Kiste,
ho ho ho und 'ne Buddel voll Selters"
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Schon an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass Dr. Schluckspecht anscheinend nicht klar war, worauf er sich da eingelassen hatte.

Die Insel FASTNET ROCK (C(h)arraig Aonair: einsamer Fels) bildet wahrscheinlich den südlichsten Zipfel von Irland und erfreut sich der eigenen Teilhaftigkeit an der unzähmbaren KELTISCHEN SEE bzw. des ATLANTIKS. Der dortige Granit-Marmor-Leuchtturm ist über 50 Meter hoch und erfreut sich großer Brutbeliebtheit bei Seemöwen und Basstölpel, welche dort freudig jeden Besucher mit ihren Exkrementen aus bewölktem Himmel von oben begrüßen.
Diese Lebewesen sind wahrscheinlich auch das Einzige, was hier längerfristig überleben kann und will.

So um den 13.08.1979 herum kamen dort 19 routinierte Regatta-Segler bei einem Orkan ums Leben. Erfahrene Weltumsegler berichteten als Augenzeugen damals von Wellen, die eine Höhe hatten, wie diese von den Skippern noch nie vorher erlebt wurden. Also sogenannte Monster-wellen ala Praia do Norte im portugiesischen Nazaré.

Zunächst verlief die Anreise zur Therapiestätte ganz nach den Vorstellungen von Dr. Schluckspecht. Nach stunden-langer kombinierter Flug-, Fähren- und Autoanreise erreichte er North Harbour Cape Clear, wo schon ein waschechter irischer Fischer mit langen Haaren und Rauschebart auf ihn im Hafen mit seinem Schiff an einer Mole wartete.
Dieser verstaute Schluckspechts überschaubares Gepäck geschickt in der Kombüse und lud den Doktor gleich auf einen Grog ähnlichen HOT WHISKY zu einem Umtrunk ein.
Auf Schluckspechts Rückfrage, ob diese Art von gast-freundlicher Bewirtung nicht kontraproduktiv zum gesetzten Therapieziel sei, entgegnete der Kapitän, dass es sich hier für die nächsten vier Wochen um den letzten HANG MAN's DRUNK handeln würde und sich Schluckspecht noch einmal letztmalig "die Kante geben" sollte, da der Spaß spätestens beim Erreichen des Leuchtturms endgültig zu Ende sei.
Dann startete er den Schiffsdiesel und steuerte seinen Kutter geschickt aus dem Hafenbereich heraus, während Schluck-specht gierig sich einen Whiskey nach dem anderen genehmigte.

Kaum war das Taxischiff aus dem Hafen raus, fing es auch schon erheblich zu schaukeln, rollen und zu schlingern an. Gischt sprühte meterhoch über den Bug und die Scheiben-wischer des Steuerstandes liefen anscheinend auf Hoch-touren. Trotz der Scheibenwischer, waren die Scheiben so verschmiert, dass es schon an ein Wunder grenzte, dass der Schiffsführer am Steuerrad überhaupt sehen konnte, was draußen so vor sich ging.

Schluckspecht wurde schlecht.

"Ist die See hier immer so rauh?", fragte er den Kapitän mit dem käseweißen Gesicht eines typischen Seekranken.

"Rauh?", fragte der Schiffsführer leicht spöttisch zurück, "das ist heute tolles Wetter! Warten Sie erst mal übermorgen ab, da geht hier wirklich laut Wetterdienst die Post ab!"

Zu einem weiteren tiefsinnigen Gespräch mit dem Seebären kam es nicht, da Schluckspecht dringend die Bordtoilette aufsuchen musste, um den Whiskey auf oralem Weg explosionsartig wieder entsorgen zu können.
Dem Kapitän schien das alles nicht zu interessieren. Dieser steuerte nach einer gefühlten Ewigkeit einen kleinen Landungssteg an der Leuchtturminsel an, warf Schluck-spechts Reisekrempel im hohen Bogen auf das kleine nasse Pier und half diesem ebenfalls aus dem Kutter heraus auf den Landungssteg zu kriechen. Hätte Schluckspecht versucht, im würdigen aufrechten Gang wie ein Konquistador den Felsen zu betreten, wäre er unweigerlich ins Meer gefallen, da das Schiff durch den Hub des Wellengangs permanent vertikal 1 Meter hoch stieg und danach direkt wieder 1 Meter runterfiel.
Wenn Schluckspecht gedacht hatte, der Kapitän würde ihm persönlich den Leuchtturm noch von innen zeigen, hatte er sich getäuscht.

"Machen Sie es gut!", schrie der Seebär vom Schiff aus gegen den Wind an. "In einer Woche bin ich wieder mit unserem Doktor zum Blutdruck messen da. Zum Leuchtturm geht's da links herum und dann immer die Treppen rauf. Der Schlüssel zur Turm-Tür liegt unter der Fußmatte. In der Lighthouse kitchen liegt die Hotelbeschreibung. Der Rest ist im Turm selbsterklärend für einen Akademiker."

Der Skipper winkte Dr.Schluckspecht noch einmal zu und legte dann mit seinem Schiff von der Mole ab, um mit Vollgas den Rückweg anzutreten.
Schluckspecht ahnte in diesem Moment, dass er irgendetwas in Kürze sehr bereuen würde.
Er nahm seine Habseligkeiten unter den Arm und stieg zur Eingangstür des Leuchtturms hinauf.

Tatsächlich lag der Buntbartschlüssel unter der Fußmatte und Schluckspecht öffnete die knarrende stählerne Turmtür.
Als Erstes schlug ihm ein feuchter, modriger Gestank ent-gegen. Eine schmale Wendeltreppe führte nach oben in Richtung Leuchtfeuer. Oben fast angekommen, suchte er zunächst die Küche mit dem Lagerraum auf. Eins musste man dem Veranstalter lassen. Für Getränke hatte dieser reichlich gesorgt. Im Lager waren mindestens 30 Hektoliter Mineral-wasser und Trinkwasser gebunkert.
Auch nach zehnminütiger verzweifelter Suche konnte er nichts Hochprozentigeres finden. Noch nicht mal eine einzige Flasche Bier oder Wein. Und dafür hatte er 20.000 Euro gezahlt.

Dr. Schluckspecht war damit klar, dass es hart.....sehr hart... in den nächsten vier Wochen für ihn werden würde.

VORLÄUFIGES ENDE 

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